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Babel 1 - Hexenwut

Babel 1 - Hexenwut

Titel: Babel 1 - Hexenwut Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Cay Winter
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brennender Zorn schwemmte über ihr hinweg. Für den Bruchteil einer Sekunde existierte in ihrem Kopf und ihrem Bauch nichts anderes als dieser glühende Schmerz, der nur noch ein Ziel kannte: Neumanns Vernichtung.
    Unter ihren Fingern schmolz das Plastik des Armaturenbretts und hinterließ fünf tiefe Abdrücke darin. Die Magie ließ ihre Hände zittern.
    »Babel!« Gedämpft drang Sams Stimme durch den Zorn, und als sie zwinkerte, zog sich die Wut so weit zusammen, dass neben ihr wieder Gedanken Platz hatten. Irritiert blickte sie auf den Schaden, den sie im Auto angerichtet hatte, und stellte sich vor, wie sie mit den Fingern Neumanns Kopf berührte.
    Ich werde dich zur Strecke bringen, du sollst an deiner Grausamkeit ersticken.
    Aber damit ist die Geschichte nicht beendet, nicht wahr, Babel?
    Das Puzzle ergab noch immer kein vollständiges Bild.
    »Wieso ist der Mörder ein Mensch? Das ergibt einfach keinen Sinn. Es muss mehr dahinterstecken.« Eindringlich sah sie Sam an. »Am Tatort war eine Hexe. Die Totenenergie hätte sich nie so vollständig auf ihn übertragen. Nicht bei einem Menschen.
    Wenn man jemanden umbringt, ist man nicht automatisch so eingewoben in Totenenergie. Du warst nicht in dieser Wohnung, Sam. Da war rein gar nichts mehr zu spüren. Die Hexe muss die Totenenergie vollständig auf Neumann übertragen haben. Er hat nicht nur das aufgenommen, was sowieso durch den Mord an ihm hängen geblieben wäre, sondern alle Energie.« Irritiert beugte sie sich nach vom und rieb sich die Schläfen. Der Gestank des verbrannten Plastiks drang ihr in die Nase. »Warum sollte eine Hexe Energien auf einen magisch passiven Menschen übertragen? Wozu diese Verschwendung? Er kann doch damit gar nichts anfangen. Die Energien sind jetzt zu nichts mehr nütze ...« Sie schlug mit der Faust gegen das Armaturenbrett. »Verdammt. Ich hab nicht die leiseste Ahnung, was hier vorgeht.«
    Skeptisch beobachtete Sam weiterhin die Gruppe, die offenbar ihre Entscheidung getroffen hatte und das Restaurant betrat.
    »Wir könnten ihn jetzt schnappen«, sagte er.
    »Und dann? Haben wir zwar das Werkzeug, aber nicht den Kopf hinter dem Ganzen.«
    »Ich denke, er ist der Mörder? Oder kann es auch die Hexe gewesen sein, die ihm nur die Energie übertragen hat?«
    »Nein, so wie er aussieht, war er es. Aber die Hexe muss irgendetwas damit bezwecken, warum sollte sie ihm sonst die Totenenergie übertragen? Sie trägt genauso Verantwortung für die vier Opfer wie er.«
    »Haben die Plags dich dafür engagiert, dass du diesem Kopf hinter dem Ganzen nachjagst?«
    Sie blickte zur Seite. Wie immer ließ er nicht zu, dass sie sich selbst belog. Natürlich ging es ihr darum, den Mörder zu fassen, und dieser Mann war ganz offenbar der Täter. Aber das Rätsel stellte sich als komplizierter heraus, als sie angenommen hatte. Es blieben Fragen unbeantwortet, deren Antworten irgendwo da draußen in der Stadt zu finden waren.
    Welchen Plan die Hexe auch hatte, Babel würde ihr einen Strich durch die Rechnung machen.
    Ist das die Sühne, die du den Toten versprochen hast?
    Aber ja! Es kann doch nicht reichen zu erfahren, wer sie umgebracht hat, aber nie zu wissen, warum all das geschehen ist?
    Und es ist dein Revier, nicht wahr? Darum geht es doch, wenn du ehrlich bist. Niemand wildert auf deinem Grund.
    Genau.
    Wer hat dich nur zum Sheriff gemacht?
    Es ist ja sonst niemand da.
    Grimmig schloss sich Babels Hand um den Ring mit der Eisenspitze. »Wir warten ab. Über kurz oder lang wird er uns zu der Hexe fuhren.«
    20
    Es war eine der schlimmsten Prüfungen, die Babel je durchgemacht hatte. Das Warten kannte sie von anderen Aufträgen, das war nichts Neues. Ein Großteil ihrer Arbeit bestand darin, die Zielobjekte zu beobachten. Aber noch nie war es ihr so schwergefallen. Stundenlang saß sie mit Sam im Auto und wartete darauf, dass Neumann seinen Arbeitsplatz verließ und eventuell die Hexe aufsuchte, der er als Mörder zur Seite stand. Und mit jeder Stunde, die verging, fragte sich Babel mehr, ob es richtig war, was sie hier tat.
    Während sie untätig blieb, ging Neumann seinen Geschäften nach, als wäre nichts geschehen. Er hatte zu Mittag gegessen, auf dem Rückweg zur Zeitung noch eine Packung Zigaretten gekauft und war mit seinen Kolleginnen zurückgeschlendert wie jeder andere auch.
    Doch Babel wusste es besser.
    Nachdem sie sein Energienetz gesehen hatte, kam es ihr vor, als würde dieser blasse Geist den wirklichen Mann überdecken.

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