Babel 1 - Hexenwut
zu gewinnen.
Es war nur eine Frage der Zeit, bis Mikhail versuchen würde, Hexen anzugreifen.
»Wie seid ihr vorgegangen?«, fragte sie, aber Nikolai schwieg beharrlich.
Wütend stieß sie sich von der Wand ab, doch Sam war schneller. Mit nur wenigen Schritten war er am Sofa, versetzte Nikolai einen Fausthieb, der ihn flach auf den Rücken streckte. Blut schoss aus seiner Nase, Tränen liefen ihm über die Wange, dieses Mal jedoch wegen des Schmerzes.
»Mach den Mund auf, Kumpel.« Drohend hob Sam den Arm, und Nikolai hob abwehrend die Hand.
»Nicht«, flüsterte er. Vorsichtig tastete er seine Nase ab und verzog das Gesicht. Vermutlich war sie gebrochen. Als er sprach, nuschelte er. »Durch die Interviews hat er sich die passenden Plags rausgesucht. Die mit einer möglichst reinen Albenlinie. Wenn er sie sich vorgenommen hat, habe ich ... habe ich ... ihr Nervennetz sichtbar gemacht...«
»Damit Mikhail wusste, wo der Nervenpunkt lag, den er treffen musste«, ergänzte Babel, und Nikolai schaute sie unglücklich an.
»Was wollte er noch einmal in Annabelles Wohnung?«
»Wir hatten einen der Ringe verloren, Mikhail hat ihn geholt.«
Die Polizei hatte dem Ring keine Bedeutung beigemessen, immerhin war es ein Damenring. Wenn Nikolai die in ihm verankerte Magie während des Rituals aufgebraucht hatte, war es nicht verwunderlich, dass Babel ihn nicht gespürt hatte.
»Er ist mein Bruder«, flüsterte Nikolai, als würde das alles erklären, und vielleicht tat es das auch, aber es entschuldigte ihn nicht.
»Ein Bruder, der abgehauen ist. Der dich allein gelassen hat. Schöner Bruder.«
Darauf antwortete er nicht, sank nur wieder in sich zusammen. Sam kam zu ihr herüber und stellte sich neben sie. Seine Stimme war zu einem Flüstern herabgesunken. »Was wirst du jetzt machen?«
Düster starrte sie vor sich hin. »Die Polizei wird diese Geschichte kaum glauben. Die Genprobe ist vermutlich von Mikhail, und für die Beamten gibt es kein glaubwürdiges Motiv. Er wäre schneller aus der U-Haft, als wir uns umsehen können.« »Dann überlass ihn den Plags. Wozu haben die ihre Hunde?«
»Das können wir nicht tun.«
»Warum nicht? Er hat ihre Leute mit auf dem Gewissen, also sollen sie auch entscheiden, was mit ihm passiert.«
»Dann würde Clarissa einen Krieg gegen die Plags beginnen.«
»Und das ist schlecht, ja?«
Trotz der Situation musste sie lächeln. »Ja.«
Sie ging zu Nikolai hinüber und forderte ihn auf, ihr sein Handy zu geben. Damit wählte sie Mikhails Nummer, aber es war keine Überraschung, dass er es ausgeschaltet hatte.
»Weißt du, wo er sich jetzt aufhalten könnte?«
»Nein. Wo er wohnt, weiß ich nicht.«
Sam ließ die Fingerknöchel knacken. »Ich kann die Wahrheit aus ihm rausprügeln«, bot er an.
Nikolai wich vor ihm zurück. »Ich schwöre, ich weiß nicht, wo er ist.«
»Schon gut, ich kann ihn im magischen Netz finden, dazu brauche ich ihn nicht«, erwiderte Babel. Ihre Magie war noch immer mit Nikolais Netz verbunden, und auf einmal formte sich in ihrem Kopf eine klare Vorstellung davon, wie sie ihn bestrafen könnte. Langsam tastete sie sich an seinen Energielinien entlang, übte Druck aus und erfasste die Knotenpunkte in seinem System.
Es dauerte nicht lange, bis er spürte, was sie tat. Panisch riss er die Augen auf und kam auf sie zugekrochen. Er heulte Rotz und Wasser. »Das ... das kannst du ... nicht machen!«
»Nein? Du meinst, weil ich dir damit Gewalt antue? Weil ich kein Recht habe, auf dein Leben einzuwirken? Komisch, diese Skrupel hattest du nicht, als es um die Plags ging. Aber das ist ja etwas anderes, nicht wahr?« Sie verstärkte den Druck und spürte, wie das magische Netz unter ihren Wellen nachgab und riss. Seine Schreie klangen ihr in den Ohren, aber sie ließ nicht von ihm ab.
Wie eine wild gewordene Katze zerfetzte sie sein magisches Netz, trennte Verbindungen und riss Löcher hinein, bis nur noch wenige Linien existierten, die das Grundgerüst seiner Magie waren und nicht zerstört werden konnten, ohne ihn umzubringen. Seine Energie übertrug sich auf sie, bis ihre Haarspitzen wie elektrisch aufgeladen nach oben wehten. Sie konnte Sams Blick auf sich spüren, und als sie aufsah, las sie von seinem Gesicht dieselbe Erregung ab, die auch durch ihren Körper floss. Durch ihre Verbindung fühlte er die Macht, die in ihr steckte. Für ein paar Sekunden stand sie regungslos im Raum und ließ die Wellen über sich hinwegrollen, gefangen in seinem
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