Babel 1 - Hexenwut
Bildern oder Sprüchen arbeiteten, griffen oft auf bekannte Bilder zurück, die im kollektiven Unbewussten eine Rolle spielten. Diese Bilder waren mythisch aufgeladen und leicht vorstellbar, sie lösten schnell etwas im Betrachter aus und waren Hilfsmittel für Hexen, denen es an intuitiver Kraft fehlte. Zu solchen Bildern gehörten auch Darstellungen von Tieren. Der Hahn, der in der alten Tiersymbolik eigentlich für den Schutz eines Hauses stand, war eng mit Blutritualen verbunden. Hexen bedienten sich seines umgekehrten Bildes oft bei Opferritualen, die sie in eine andere Magieebene bringen sollten.
Bei Dämonenbeschwörungen.
»Sie würde nie einen Dämon beschwören, Babel. Dazu hatte sie nicht genügend Kraft und Erfahrung, das wusste sie. Was zur Hölle geht hier vor?«
»Ist jemand bei dir?«
»Nein.«
»Du musst sofort verschwinden, hörst du? Wir kümmern uns später darum. Aber du musst unbedingt weg, falls er zurückkommt.«
»Babel!«
»Clarissas Enkel Mikhail ist der Täter. Er hat versucht, sein magisches Potenzial zu aktivieren.« In knappen Sätzen erzählte sie ihm, was sie herausgefunden hatten, während die anderen am Tisch sie unruhig beobachteten. »Es sieht ganz so aus, als hätte er dieses Mal Erfolg gehabt...«
Sie hätte es wissen müssen. Aber sie hatte nicht damit gerechnet, dass Mikhail so schnell wieder zuschlagen würde. Ohne Nikolais Hilfe. Die Gier nach der Magie musste ihm völlig den Verstand geraubt haben und ließ ihn alle Vorsicht vergessen.
»Er muss sie dazu gebracht haben, ihre Energie auf ihn zu übertragen.«
»Aber wie?«
»Sonja war zwar eine Hexe, aber sie hatte nicht viel Kraft. Ihre Schutzzauber waren ...«
»... lächerlich.« Daniel klang auf einmal erschöpft. Im Hintergrund war Straßenlärm zu hören, offenbar war er wieder im Freien. Kurz darauf hörte Babel eine Autotür klappen, und der Lärm verstummte. Daniels Stimme kam jetzt über Lautsprecher, doch nicht nur dadurch hörte er sich blechern und abgestumpft an, als er aussprach, was Babel dachte.
»Dieser Typ muss sie irgendwie bedroht haben. Genug, um ihr richtig Angst zu machen. Er hat sich die schwächste Hexe rausgesucht, bei der er den wenigsten Widerstand erwarten konnte. In ihrer Angst hat sie getan, was er von ihr verlangte, und hat die Verbindung zu ihm hergestellt. Und dann hat er sie umgebracht, und die Totenenergie ist auf ihn übergegangen.«
Babel konnte nicht fassen, dass Mikhail recht gehabt hatte. »Und dieses Mal ist es tatsächlich passiert - sein magisches Potenzial ist angesprungen. Danach hat er das Dämonenritual durchgeführt.«
Vom Tisch war entsetztes Luftschnappen zu hören.
»Der ist doch verrückt«, erwiderte Daniel, »einen Dämon zu beschwören, wenn er gerade erst magisch aktiv geworden ist.«
»Er hat es wahrscheinlich getan, weil er glaubt, sich so schützen zu können.«
»Vor wem?«
»Vor mir.«
Am anderen Ende trat eine Pause ein, und sie hörte ihn tief durchatmen, bevor er sagte: »Schaffst du den Kerl?«
»Täte es dir leid, wenn es nicht so wäre?«
»Möglich.«
Ein schiefes Grinsen stahl sich auf ihr Gesicht.
»Babel?«
»Mhm?«
»Ich werde tun, was du gesagt hast und eine Weile aus der Stadt verschwinden.«
»Und einen kurzen Moment lang habe ich tatsächlich geglaubt, du würdest bleiben und mir helfen.«
»Versteh mich nicht falsch, ich kann dich leiden. Das heißt aber nicht, dass ich meinen Arsch riskiere.«
»Schon klar.«
Daniel war eben, wie er war, daran änderten auch tote Ex-geliebte nichts. Manche Menschen waren einfach nicht zum Helden geboren.
»Viel Glück«, sagte er, bevor er auflegte.
Sie legte das Handy zur Seite und drehte sich den anderen zu. »Mikhail hat eine Hexe umgebracht und einen Dämon beschworen.«
Schockiert starrten die drei sie an, und selbst Sam, der mit Skrupeln im Allgemeinen wenig anfangen konnte, wurde blass. »Dieser Idiot«, murmelte er. »Wen hat er dazu benutzt?«
»Keine Ahnung, wer in der Nähe war. Vielleicht das Mädchen, das für Sonja gearbeitet hat.« Sie ließ sich auf ihren Stuhl fallen und legte die Hände auf den Tisch. »Jetzt ist alles anders. Mikhail ist magisch aktiv, und da draußen läuft ein Dämon rum ...« Sie konnte Sams Blick spüren, aber sie sah nicht auf. Mit einem Schlag hatten alle ihre Ängste Gestalt angenommen, und die Furcht schnürte ihr die Kehle zu. »Wir dürfen nicht länger warten. Wenn wir den Dämon nicht bannen, wird die arme Sau, in die er gefahren
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