Babel 1 - Hexenwut
schließe einfach Möglichkeiten aus, um das Feld einzugrenzen.«
»Verstehe. Nun ja, das ist natürlich auch eine Methode.«
Eine Methode, wenn man keine Ahnung hat, wollte sie sagen und hätte damit nicht mal ganz unrecht gehabt, aber Babel war nun mal keine Kriminalhauptkommissarin, die nach Regeln vorging. Alles, was sie hatte, war ihr Gespür.
»Ich kann mich nicht an alles erinnern. Möchtest du, dass ich in meinem Kalender nachsehe?«, fragte Madame hochnäsig und warf ihr Haar über die Schulter.
»Wenns nicht zu viel verlangt ist.«
Unwirsch erhob sich Madame und verließ das Zimmer, während Babel wieder zu der Krähe auf dem Fensterbrett schaute, die mit ihren kleinen schwarzen Augen das Zimmerinnere betrachtete. Sie konnte sich selbst in dem burgunderfarbenen
Sessel sehen, das blonde Haar in scharfem Kontrast zu dem dunklen Bezug. Ihre Magie glühte nicht so deutlich wie in ihrem Magiezimmer, denn der Schmuck strahlte wie ein Leuchtfeuer und überdeckte ihre magischen Energien. Als sie sich bewegte, sah es aus wie ein Feuerschweif, der sich um ihren Hals wand.
Babel glitt zurück in ihre eigene Perspektive.
Es dauerte nicht lange, bis Madame Vendome zurückkam. In den Händen hielt sie einen in Leder gebundenen Kalender. Sie setzte sich und schlug die Beine übereinander. »Zwei der Daten sind bei mir ohne Eintrag, aber für das dritte Datum habe ich den Termin auf einer Schönheitsfarm verzeichnet.«
»Einer was?«
»Schönheitsfarm. Von nichts kommt nichts.« Sie zeigte Babel die Quittung. »Mein Aussehen ist schließlich mein Kapital. Wer will schon von einer hässlichen Hexe empfangen werden?«
Darüber hatte sich Babel nie Gedanken gemacht, aber vermutlich lag Madame mit dieser Einschätzung bei ihrer Klientel genau richtig. »Und ich habe immer gedacht, die Leute engagieren uns wegen unserer Talente, ts.«
Für einen der Morde schien Madame jedenfalls ein Alibi zu haben. Gemeinsam mit der Tatsache, dass sich an ihr und um sie herum keine Totenenergien finden ließen, kam Babel zu dem Schluss, dass sie diese Hexe wohl von der Liste der Verdächtigen streichen konnte. Auch wenn sie ihr Geschäft höchst albern fand.
Ha, das hätte eine Kommissarin auch nicht besser hingekriegt!
»Hast du vor, Clarissa dieselbe Frage zu stellen?«, fragte Madame, als Babel sich erhob.
Sie nickte.
»Interessant. Du weißt, dass sie das als Affront ansehen wird, ja?«
Es war wirklich wie bei Tieren - man durfte keine Schwäche zeigen, sonst fielen sie über einen her. Und wenn sie auch nur den geringsten Zweifel an Babel riechen würde, würde sie nicht zögern, Clarissa ihre Hilfe anzubieten. Einfach, um sicherzugehen, auf der Gewinnerseite zu stehen.
Babel sah ihr fest in die Augen. »Ich bin bereit, wenn Clarissa sich mit mir anlegen will.«
Abschätzend betrachtete sie Babel. »Du bist entweder sehr leichtsinnig oder sehr von deinen Fähigkeiten überzeugt.«
»Was soll ich sagen? Clarissa hat schon mal versucht, mich aus der Stadt zu vertreiben, aber sie hat es nicht geschafft.«
»Nun, ich schätze, in ein paar Wochen werden wir mehr wissen, nicht wahr?« Sie lächelte ein Haifischlächeln.
Es war doch immer wieder schön zu merken, wie sehr anderen Babels Gesundheit am Herzen lag.
An der Tür drehte sich Babel noch einmal um. »Vielleicht solltest du für eine Weile aus der Stadt verschwinden«, fügte sie an, die Hand schon auf der Klinke.
»Natürlich.«
»Ich mein's ernst.« Eindringlich sah sie die andere Hexe an, die in ihrem Sessel saß, als wäre sie einem alten Hollywood- Streifen entstiegen. »In nächster Zeit kann es hässlich werden. Auch für Hexen.«
»Dein Streit mit Clarissa geht mich nichts an.«
»Darum geht es nicht. Wie es aussieht, ist meine Auseinandersetzung mit Clarissa das kleinere Problem. Die Sache, wegen der ich hier bin, geht weit über unsere üblichen Streitereien hinaus.« Eindringlich hob Babel die Hand. »Glaub mir, Sonja, ich sage das nicht zum Spaß.«
Als Babel sie bei ihrem richtigen Namen nannte, zuckte die andere Hexe zusammen. Ihr Gesicht verschloss sich, ihre Haltung wurde starr. »War es das dann?«, fragte sie eisig, und Babel seufzte tonlos.
»Danke für deine Hilfsbereitschaft.« Sie war nicht für Sonja verantwortlich, mehr als diese Warnung war im Moment nicht drin.
Während Babel über den Flur ging, spürte sie Sonjas Blick im Rücken, und es kostete sie einige Überwindung, den Schutzwall unten zu lassen. Beim Hinausgehen machte das
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