Babel 2 - Dämonenfieber
zu sagen, dass die Sache mit Sam noch nicht abgeschlossen ist.«
»Die Sache ist abgeschlossen.«
Tamy zog eine Augenbraue hoch.
»Wirklich.«
Tamy zog auch noch die andere Braue nach oben.
»Also … quasi … Er meldet sich ja auch gar nicht mehr …«
Tamy legte den Kopf schief.
»Schon gut, du musst nichts sagen.« Babel trocknete sich die Hände ab. »Lass uns lieber ins Wohnzimmer gehen.«
»Versuchst du gerade, das Thema zu wechseln?«
»Ja, aber offenbar nicht sehr erfolgreich.« Sie warf Tamy einen Blick zu, bevor sie sich an ihr vorbeidrängte und die Küche verließ.
Im Wohnzimmer räumten sie Tisch und Stühle ein Stück zur Seite und ließen sich im Schneidersitz auf dem Teppich nieder.
Vor zwei Wochen hatte Tamy damit begonnen, ihr verschiedene Konzentrationsübungen zu zeigen, die Babel helfen sollten, die Kontrolle über ihre Magie zu behalten. Während der nächsten halben Stunde gab sie leise Anweisungen, und Babel versuchte sich mit geschlossenen Augen auf die Stimme und ihren eigenen Herzschlag zu konzentrieren.
Als sich allerdings der Teppich eine Handbreit in die Luft erhob und Tamy vor Schreck nach hinten fiel, schnaufte Babel erschöpft: »Tut mir leid, mir fehlt einfach die Geduld, um wie ein indischer Guru zu atmen. Meine Magie verselbstständigt sich immer noch.« Sie reichte Tamy, die wie ein Käfer auf dem Rücken lag und sie finster anstarrte, die Hand.
Nachdem sich die Türsteherin wieder aufgerappelt hatte, brummte sie: »Ist völlig egal, wie schnell du atmest, wir sind hier nicht beim Yoga. Es geht nur darum, dass du es bewusst tust. Konzentrier dich auf dich selbst, mach dich zum Zentrum deiner Welt.« Sie schnippte ihr mit dem Finger an die Stirn. »Du bist der einzige Anker, den du je haben wirst, Babel, also halt dich daran fest. Wenn alles andere wegbricht, musst da immer noch du sein.«
Und was werde ich dort finden, wenn da nur noch ich bin?
Sie atmete tief durch. »Hast du dir wehgetan?«
»Nein. Ich bin nur noch nie rückwärts von einem fliegenden Teppich gekippt.« Ihr schien es beinahe peinlich zu sein.
»Wenns dich beruhigt, ich hab mir als Kind mal den Arm gebrochen, als ich mit Judith Verstecken gespielt habe. Ich hab mich in einer Kiste versteckt.«
»Wieso hast du dir dabei den Arm gebrochen?«
»Judith wollte die Kiste auf einen Baum schweben lassen. Leider ist ihr ungefähr zwei Meter über dem Boden und vier Meter vom Baum entfernt die Puste ausgegangen …«
»Ist nicht dein Ernst.« Tamy brach in schallendes Gelächter aus, und Babel hob grinsend die Hände.
»Was soll ich sagen, Hexenkinder sind die Pest.«
Ungläubig schüttelte Tamy den Kopf, und es dauerte eine Weile, bis sie sich beide wieder beruhigt hatten.
»Wo hast du diese Übungen eigentlich gelernt?«, fragte Babel nun ernster und streckte die Beine aus, und auch Tamy setzte sich bequemer hin.
Sie deutete auf eines der breiten Armbänder, die sie immer trug und die dünne, helle Narben verbargen. »Nach dieser Geschichte war ich eine Zeit lang bei einer Therapeutin. Aggressionsabbau.« Sie schnaufte. »Ich musste lernen, mich zu beherrschen. Eine Zeit lang habe ich geglaubt, ich müsste mich immerzu beweisen. Die Leute in ihre Schranken weisen. Als wäre es eine Schwäche, wenn ich auch nur einen Schritt zurückginge.« Sie winkte ab. »Jeder Schläger wird dir dasselbe sagen. Jedes Mal, wenn du dich überwindest und zuhaust, hast du für einen kurzen Moment das Gefühl, dein Leben unter Kontrolle zu haben. Und irgendwann musst du dich dann überhaupt nicht mehr überwinden. Wenn ich nicht gelernt hätte, mich zu beherrschen, säße ich jetzt schon wegen Körperverletzung im Knast.«
Kein Wunder, dass sie sich bei AA kennengelernt hatten.
Die harte Schale, die Tamy umgab, war nichts, was man sich mal eben aus einer Laune heraus zulegte, weil sie schick war oder cool. Sie war ein Panzer – und jedes Stück davon schwer verdient.
Sehnsüchtig dachte Babel an das Bier im Kühlschrank, aber Tamy zuliebe verzichtete sie darauf. Stattdessen machten sie es sich mit zwei Tassen Tee auf dem Sofa bequem. Aus der Anlage drang leise Jimmy Witherspoon, und Babels Füße steckten mittlerweile in den selbst gestrickten roten Socken ihrer Großtante. Das Haar hatte sie mit einem Bleistift hochgesteckt, weil auf die Schnelle nichts anderes zur Hand gewesen war.
»Was geht dir durch den Kopf?«, fragte Tamy nach einer Weile.
»Wie ich morgen in der Gerichtsmedizin nach einer
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