Babel 3 - Geisterliebe
wenig tust?
Weil ich eben doch kein Tier bin, das nur sein Territorium verteidigt.
Mühsam schleppten sie sich zur Tür und nach draußen.
„Wir fahren rüber zum Park, dort gibt es eine Gasse, in der sich leicht ein Autounfall mit euren Wagen stellen lässt, dort rufen wir dann den Krankenwagen.“
„Ich gehe nicht ins Krankenhaus“, murmelte Sam, aber auch er war weiß wie ein Laken.
„Wir werden sehen.“
„Bluuutwurrrst … hackkk … hackkk …“
Xotl reckte seine bleiche federlose Brust, als erwarte er jeden Moment einen Orden.
„Döner für dich?“, fragte ihn Babel, hütete sich aber davor, die Hand nach ihm auszustrecken. Es wunderte sie, dass er nicht davonflog, jetzt, wo er seinem Käfig entkommen war.
Aber wer wusste schon, was in diesem seltsamen Vogelkopf vorging, der sich sein kleines Vogelhirn mit einem dämonischen Geist teilte.
„Jaaack …“
„Wer ist Jack?“, wollte Tamy wissen, die Judith das Haar hinters Ohr strich.
„Jack Daniels. Döner und Jack Daniels, Xotls Vorstellung einer Belohnung.“
Sam lachte heiser, hielt sich aber gleich darauf die Seite.
„Lasst uns gehen, die Sache hier ist erledigt.“ Babel warf einen letzten Blick zurück auf das Haus, das einer Hexenfamilie über mehrere Generationen gehört hatte – und das von nun an leer stehen würde. Sie hatte keine Zweifel daran, dass Clarissa sich tatsächlich zurückziehen würde. Sie hatte Babel herausgefordert und verloren. Einen zweiten Kampf würde es nicht geben.
Der Preis wäre zu hoch.
9
Noch vor ein paar Wochen hatte sich Babel nichts sehnlicher gewünscht, als endlich wieder ein ruhiges Haus zu haben. Doch jetzt, wo ihr dieser Wunsch erfüllt worden war, stellte sie fest, dass etwas dran war an der alten Redewendung: Pass auf, was du dir wünschst.
Das Haus war still – aber es gefiel ihr nicht.
Judith und Maria lagen noch im Krankenhaus, genauso wie Karl. Wie sich herausgestellt hatte, waren ihre Schwester und ihre Mutter schwerer verletzt, als Babel zuerst angenommen hatte. Judiths Herz war während des Kampfes für einen Moment zum Stillstand gekommen, und Marias gebrochene Rippen hatten die Lunge punktiert. Lediglich ihre Magie hatte beide am Leben gehalten, trotzdem würden sie noch Tage im Krankenhaus bleiben.
Die Polizei war hingegen kein Problem mehr gewesen, nachdem Tom den Beamten einmal tief in die Augen gesehen hatte. Seine hypnotischen Fähigkeiten ließen die Männer darüber hinwegsehen, dass nichts an ihrer erfundenen Geschichte über einen Autounfall einen Sinn ergab. Schon gar nicht, dass ein Reh auf die Straße gelaufen war. Mitten in der Stadt.
Mo war sofort zu Karl ins Krankenhaus gefahren, er wollte auf dem Weg noch Xotl in seinen Käfig im Büro zurückbringen. Und ihm einen Döner kaufen. Woher er als Minderjähriger den Jack Daniels bekommen wollte, verriet er ihnen nicht, und Babel drängte nicht auf eine Antwort.
Tamy war bei Judith geblieben und hatte Babel nach langen Stunden heim geschickt, da sie sich kaum noch auf den Beinen halten konnte, während Tom und Sam die letzten Angelegenheiten mit der Polizei regelten.
Und nun lag Babel erschöpft auf ihrem Bett und starrte mit brennenden Augen gegen die Wand. Sie hatte sich nicht die Mühe gemacht, ihre Sachen auszuziehen, dafür hatte sie einfach nicht mehr die Kraft. Alles an ihr fühlte sich bleischwer an und Hilmars Geisterhauch legte sich über sie wie eine Decke. Aber sie konnte spüren, dass er gekommen war, um sich zu verabschieden.
Geister können nicht für immer lieben, schien er zu sagen Weil wir es nicht mehr ertragen.
Einmal hatte er ihr noch beigestanden – und sie erkannte, dass es an ihr war, die Vergangenheit endlich hinter sich zu lassen. Es ging nicht darum, zu vergessen – wer könnte das jemals? –, aber endlich Ruhe zu finden und ihre Geister gehen zu lassen. Genauso wie ihre Schuld.
Sie verspürte keinen Triumph, nur große Erschöpfung und auch Erleichterung darüber, dass der Kampf nun vorüber war.
Weißt du nun endlich, wer du bist und wo du hingehörst?
Ja. Hier her. Mit einem Partner, der zu laut Dolly Parten hört; einem Punk, der seine Umgebung in den Wahnsinn treibt; dem hässlichsten Vogel der Welt; einer Schwester, die die Liebe als Hobby betreibt und einer Türsteherin, die die Männer das Fürchten lehrt.
Und einem Plag und einem Dämonenkind an deiner Seite?
Wer sagt, dass man immer alles so machen muss, wie es alle tun? Wir machen es eben auf unsere
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