Babel 3 - Geisterliebe
Weise.
In diesem Augenblick hörte sie jemanden die Treppe heraufkommen und spürte Toms Energienetz. Ihre Magie war durch den Kampf so weit geschwächt, dass sie nicht einmal mehr merkte, wenn jemand die magischen Barrieren um das Haus durchbrach. Als er in der Tür auftauchte, sah er blass und am Ende aus. Einen Moment zögerte er, dann kam er zu ihr und legte sich hinter sie auf das Bett. Mit seinem Arm umschloss er sie und legte die Lippen an ihren Nacken.
Sie konnte Schweiß und Blut an ihm riechen, aber was spielte das schon für eine Rolle, wenn sie sein Herz an ihrem Rücken schlagen spürte?
„Kann man sich irgendwie gegen Hexen versichern lassen?“, fragte er leise und sie musste müde lächeln.
„Nein, aber ich habe gehört, sie arbeiten an einem Gegenmittel.“
„Ist Feuer involviert?“
Sie hielt sich den Bauch. „Hör auf, mir tut alles weh, wenn ich lache …“
Er drückte sie fester und flüsterte: „Ich kann dich nicht verlieren, Babel.“
„Wirst du nicht.“ Sie schloss kurz die Augen und drückte seine Hand, die zwischen ihren Brüsten lag. „Wo ist Urd?“
„Irgendwo im Garten auf der Jagd nach … keine Ahnung, nach was.“
„Soll ich dir etwas verraten, so zwischen uns? Eigentlich mag ich deinen Hund.“
„Den Verdacht habe ich schon länger.“
„Dann ist ja gut.“
In dem Moment spürte sie, wie sich die Verbindung zu Sam aktivierte, weil er das Haus betreten hatte, aber zum ersten Mal wurde sie nicht panisch bei dem Gedanken daran, dass er und Tom aufeinander trafen. Auch dazu fehlte ihr die Kraft. Keine zehn Sekunden später stand er in der Tür.
Alles an ihm war ihr so vertraut, sogar der Anblick blauer Flecken.
Gehört er auch zu den Geistern, die du ziehen lassen willst?
Aber nein, ihn könnte man nie für einen Geist halten.
Was würde er jetzt tun?
Einen Schritt nach vorn.
Ich bin so müde.
Langsam kam er auf das Bett zu, sein Blick richtete sich hinter sie. Dann legte er sich vorsichtig vor sie, doch er berührte sie nicht. Das Bett war beinahe zu schmal für sie drei.
„Du hättest trotzdem im Krankenhaus bleiben sollen“, sagte sie leise, während sie ihm in die Augen sah.
„Schon okay, Babel.“ Mehr erwiderte er nicht, sah sie nur weiterhin ruhig an.
Sie waren wie zwei Hälften einer Medaille, man konnte nicht die eine ohne die andere Hälfte bekommen. Mit zitternden Fingern strich sie ihm über die Wange und über die Lippen, bevor sie ihn ganz sanft auf die Lippen küsste. Solche Küsse waren selten für sie beide, ihre Leidenschaft brach sich fast immer Bahn, aber im Moment war da kein Platz für dieses Feuer, nur für dieses sanfte Glühen, das nie verlöschen würde.
Nachdem sie sich von ihm gelöst hatte, drehte sie sich mühsam zu Tom um, dessen Arm noch immer auf ihrer Hüfte lag. Sein Gesichtsausdruck war ernst, aber nicht verärgert.
„Ist das okay für dich?“, fragte sie ihn und nach ein paar Herzschlägen nickte er.
Wahrscheinlich war ihnen allen drein nicht ganz klar, worauf sie sich gerade einließen, aber eines stand fest: Es gab keine andere Lösung für sie. Sie legte die Stirn an seine und war erstaunt darüber, dass dieser Plag ihr Herz in solch kurzer Zeit überrumpelt hatte. Aber vielleicht war es auch gar nicht erstaunlich – in Sam hatte sie sich damals auch auf den ersten Blick verliebt.
Die Erschöpfung forderte ihren Tribut, die Augen fielen ihr zu und sie spürte, wie sie in den Schlaf hinüberglitt. Das Letzte, das sie noch mitbekam, war Sam, der sich über sie beugte. Doch was er da tat, konnte sie nicht mehr sagen.
Epilog – drei Wochen später
Den ganzen Abend hatte die Kellnerin Tamy schöne Augen gemacht, es war weder subtil noch besonders einfallsreich, sondern einfach nur deutlich.
Als sie Tamy die Rechnung entgegenstreckte, konnte sich jeder am Tisch denken, dass darauf auch die Telefonnummer zu finden war. Doch Tamy sah nicht einmal die Vorwahl, denn Judith riss der Kellnerin die Rechnung förmlich aus der Hand, erwiderte barsch: „Danke, das wäre alles“, und auf einmal war Babel alles so klar, als hätte es jemand auf eine Plakatwand geschrieben.
„Oh mein Gott. Das glaube ich ja nicht.“ Sie schlug die Hände vors Gesicht.
„Du verhältst dich seltsam, Babel“, erwiderte Judith, die noch immer blass aussah, aber schon wieder mit Tamy auf Wohnungssuche ging.
„Ich?“
„Mh-mh.“
„Entschuldige, aber das ist doch wirklich das reinste Klischee“, erwiderte
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