Babel 3 - Geisterliebe
Babel.
Judith lehnte sich zurück und verschränkte die Arme. „Was denn bitte schön?“
„Na das.“ Babel deutete abwechselnd auf Judith und Tamy, die interessiert die letzte Olive in der Schale betrachtete und murmelte: „Ich möchte eigentlich nicht darüber reden.“
Doch Babel ließ nicht locker. „Ich bin mir nicht sicher, an wen ich jetzt meine Warnung richten soll.“
„Was meinst du damit?“
Judith schüttelte ungehalten den Kopf. „Sie meint die übliche Wenn-du-ihr-weh-tust-dann-Rede.“
„Oh.“ Skeptisch musterte Tamy sie, als würde sie erwarten, dass Babel jeden Moment über den Tisch sprang und ihr an die Gurgel ging. „Wirklich, Babel, das wird nicht nötig sein.“
„Warten wir’s ab.“
Mit einem ungeduldigen Zungenschnalzen erhob sich Judith und sie folgten ihr auf die Straße. Seit Judith wieder aus dem Krankenhaus war, wohnte sie mit Tamy zusammen in Karls Wohnung, der immer noch nicht wieder aufgewacht war, wo ihnen Mo Gesellschaft leistete, der so brav wie nie zuvor zur Schule ging. Offenbar hatte er vom Abenteuerleben erst einmal genug. Maria würde in wenigen Tagen entlassen werden, leider hatte Babels Vater vor zwei Tagen herausgefunden, dass sie in einem Krankenhaus lag und nicht, wie behauptet, mit ihren Töchtern eine schöne Zeit verbrachte. Nun würde er nicht nur seine Ehefrau abholen, sondern auch noch ihnen allen eine gehörige Standpauke halten, warum sie ihm nicht gesagt hatten, was wirklich los gewesen war. Und das war nichts, worauf sich Babel oder Judith besonders freuten.
Von Clarissa hatten sie nichts mehr gehört, aber als Babel ein einfaches Ortungsritual durchgeführt hatte, war von Clarissas Familie auf der Karte nichts mehr zu sehen. Sam war einmal an dem Haus vorbeigefahren und hatte das Verkaufsschild gesehen.
Er, Tom und Babel versuchten gerade, ihre neu begonnene Dreiecksbeziehung irgendwie zum Laufen zu bringen, allerdings war Sam wieder in seine eigene Wohnung gezogen. Was ihn nicht davon abhielt, mitten in der Nacht aufzutauchen und sich zu ihnen ins Bett zu legen. Inzwischen zuckte selbst Tom kaum noch mit der Wimper. Nur die Sache mit dem Sex war noch ein bisschen kompliziert …
Als sie das Auto fast erreicht hatten, unterbrach Tamy plötzlich Babels Gedanken, indem sie sie am Arm packte und stehen blieb, während Judith weiterlief, ohne es zu bemerken.
„Hast du wirklich ein Problem damit?“, fragte sie und sah beinahe verschüchtert aus.
Seufzend hob Babel die Hände. „Du musst das verstehen, wenn Judith den Männern abschwört, ist das ungefähr so, als würde der Papst verkünden, er wird Atheist. Ich will nicht, dass du eines Tages feststellst, dass sie ihre Verärgerung ihnen gegenüber überwunden hat und wieder zu dem zurückkehrt, was wir von ihr kennen.“
„Ich bin kein kleines Mädchen mehr, Babel, und Judith ist es auch nicht. Für Experimente sind wir beide zu alt.“
„Du sagst das, als wärt ihr hundert. In meinen Augen wird sie immer meine kleine Schwester bleiben.“
„Vielleicht ist es Zeit, dass du sie erwachsen werden lässt.“
„Pff …“
Wo kam die Welt denn hin, wenn sie jetzt alle Dinge auf einmal auf den Kopf stellte? Irgendjemand hier sollte doch wenigstens das tun, was die Leute von ihm erwarteten, oder etwa nicht?
„Na schön, aber beschwer dich nicht, wenn’s schiefgeht.“
Tamy schenkte ihr ein vorsichtiges Lächeln und Babel fragte sich trotzdem, wieso sie diese Sache nicht hatte kommen sehen.
Gerade als sie ins Auto steigen wollte, klingelte ihr Handy. Es war eine Nummer, die sie nicht kannte, trotzdem ging sie ran. Erstaunt stellte sie fest, dass es die Hutmacherin Yolanda war, die als einzige Mitbewohnerin des Hauses, in dem Babel und Karl ihr Büro hatten, unter Dolly Partons Lautstärke zu leiden hatte.
„Woher hast du meine Nummer?“, fragte sie überrascht und bekam als Antwort: „Von Karl.“
Eine weitere Überraschung.
„Ich bin bei ihm im Krankenhaus, er ist aufgewacht.“
Für einen Lidschlag war sich Babel sicher, dass ihr Herz ebenfalls einen Moment stehengeblieben war, aber dann schlug es doppelt so schnell weiter. „Was?“
„Er ist aufgewacht, vor einer Stunde. Es geht ihm gut, er hat nach dir gefragt. Ich hab ihm gesagt, dass es dir gut geht und dass ihr jeden Tag bei ihm wart, war das in Ordnung?“
„Aber ja, ja. Es geht uns prima. Also, jetzt. Jetzt geht’s uns wieder gut.“ Sie spürte, wie ihr die Tränen vor Erleichterung in die Augen stiegen und
Weitere Kostenlose Bücher