Babel 3 - Geisterliebe
Gürtel. Sie sah aus, als wäre sie in eine handfeste Prügelei geraten, ihr Gesicht hatte mehrere Platzwunden und ihre Unterlippe war aufgeplatzt, als hätte sie sich selbst hineingebissen.
Neben ihr hockte Mo, der Urd am Halsband hatte, die noch immer auf die regungslosen Hexen am Boden herabknurrte. Selbst der Hund hatte Verletzungen davon getragen und hinkte.
„Hatte ich nicht gesagt, du sollst zuhause bleiben?“, sagte Babel in Mos Richtung, und wie auf Kommando wandten alle die Köpfe nach ihr um.
Zitternd nahm sie die letzten Stufen.
Einen Moment lang sagte niemand etwas, dann grinste Mo und erwiderte: „Du bist nicht meine Mutter.“ Sein Gesicht war bleich und verschwitzt.
„Und genau deswegen kann ich dir auch die Tracht Prügel deines Lebens verpassen.“
Aber diese Drohung schien Mo an seinem Plaghintern vorbeizugehen, denn er grinste sie so breit an wie schon seit Wochen nicht mehr.
Und aus irgendeinem Grund grinste Babel zurück.
Als sie am Fuß der Treppe angekommen war, hinkte Tom auf sie zu und legte ihr die Hand auf die Wange. In seinem Blick konnte sie all das lesen, was sie selbst fühlte, und auf einmal war da kein Zweifel mehr, nur noch das Gefühl, dass sie zu ihm gehörte.
Genauso wie zu Sam.
„Ich …“, begann sie, aber er schüttelte den Kopf.
„Ich will dich nicht verlieren“, war alles, was er sagte, bevor er sie vorsichtig auf die Lippen küsste, weil sie beide für Leidenschaft keine Kraft mehr hatten. Aber darum ging es in diesem Moment auch gar nicht. Dafür blieb später noch Zeit.
„Wir müssen dich versorgen, du verlierst zu viel Blut“, sagte sie, als sie sich voneinander lösten.
„Ich werde es überleben.“
Tamy erhob sich ächzend und kam in langsamen Schritten auf sie zu, Babel konnte sehen, dass ihr drei Finger der rechten Hand gebrochen worden waren. Vorsichtig nahm sie Tamys Arm und sandte Magie in ihren Körper. Sofort entspannte sich Tamys Miene ein bisschen, doch Babel spürte die Erschöpfung wie Bleigewichte. Dem High der fremden Magie folgte ein böser Sturz.
„Judith?“, fragte Tamy mit heißerer Stimme und Babel deutete mit dem Kopf nach oben.
„Wir brauchen einen Krankenwagen. Es geht ihr beschissen, aber sie atmet noch. Sie ist zäher, als sie aussieht.“
Tamy nickte und griff schon nach dem Treppengeländer, um sich nach oben zu ziehen. Babel hatte nichts anderes erwartet. Sie ging hinüber zu ihrer Mutter, die den Kopf an die Wand gelehnt und erschöpft die Augen geschlossen hatte.
„Bist du okay?“
„Ich werde langsam zu alt für solche Sachen, Kind. Du hättest das Problem gleich erledigen sollen.“
„Du meinst, weil es keine Herausforderung war und wir alle noch leben? Ja klar, das hätte ich sehen können.“
Wir haben Glück gehabt. Wir atmen alle noch, es ist mehr, als ich erwartet hatte.
Langsam öffnete ihre Mutter die Augen und schüttelte den Kopf. „Du hast deine Sache gut gemacht, Babel.“
Dieses Kompliment war selten und möglicherweise das einzige Zugeständnis, das sie je von ihrer Mutter zu ihrem Leben hören würde. Aber so war sie nun einmal und Babel im Grunde genommen ja auch.
„Ich werde Vater anrufen, dass er dich abholt.“
„Aber warte damit noch einen Tag. Gib mir die Chance, dass ich mich halbwegs präsentieren kann, sonst …“
„Lässt er dich auf der Couch schlafen, weil du ihm nicht erzählt hast, warum du wirklich herfährst?“
Maria lachte schwach und schon spuckte sie Blut. „Dein Vater kann bei solchen Sachen komisch sein.“
„Du hast innere Verletzungen.“
„Mach dir keine Sorgen, das wird schon wieder.“
„Du musst ins Krankenhaus, wie Judith.“
Ihre Mutter protestierte nicht. „Fahr den Wagen gegen irgendeinen Baum und sag, wir hatten einen Autounfall.“
Babel nickte.
In diesem Augenblick tauchten Sam und Tamy an der Treppe auf, die Judith zwischen sich genommen hatten, und Tom half Babel, Maria auf die Beine zu kriegen.
„Ruf einen Krankenwagen an“, forderte Babel Mo auf, der gerade den Arm ausstreckte, damit Xotl darauf landen konnte. Mit Urd am Halsband und dem Papagei auf der Schulter sah er irgendwie wie eine komische Variante des Beastlords aus. „Sag ihnen, es gab einen Einbruch mit Körperverletzung oder irgendwas in der Art.“ Sie deutete zur Tür. „Wir verschwinden jetzt besser von hier.“
Sie bezweifelte, dass Clarissa dasselbe für sie getan hätte, aber es war Babel wichtig, sich von ihr zu unterscheiden.
Weil du es im Grunde so
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