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Babel und Bibel

Babel und Bibel

Titel: Babel und Bibel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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– – – in seinem Auge ich!
    Hākawāti
(fortfahrend):
    Doch stets am Abende vor großen Tagen
    Hört man im Turm die Harfen der Psalmisten – – –
    Scheik
(einfallend):
    Ich hörte sie noch nie!
    Schēfakā:
    Doch aber ich!
    Hākawāti
(spricht unbeirrt weiter):
    Denn vor dem allergrößten dieser Tage
    Wird sich die Bibel wieder heimwärts finden,
    Geleitet von der Hand der Menschheitsseele – – –
    Scheik
(schnell):
    Doch hoffentlich die echte Menschheitsseele, Und nicht ihr Zerrbild, Mārah Dūrimēh, Die morgen kommt, mir Trotz und Schach zu bieten!
    Hākawāti:
    Zu gleicher Zeit erscheint an unserm Turme
    Der längst ersehnte, erste Edelmensch, Um mit der scharfen Klinge des Kismēt

    Kitāl, den Kampf, den Drachen, zu besiegen,
    Den wahren Geist der Bibel zu befreien
    Und ihn auf
     
    (zum Scheik, auf den Thron deutend)
     
    diesen deinen Thron zu setzen.
    Scheik:
    Ein Wahnsinn sondergleichen, dieses Märchen!
    Der erste Edelmensch der Weltgeschichte,
    Sargāni, Herr und König von Akkād,
    Hat vor sechstausend Jahren hier gesessen,
    Hier, auf demselben Throne! Man bedenke!
    Und der soll noch nicht dagewesen sein!
    Hākawāti
(ohne auf diesen Einwurf zu achten):
    Und dann geht heilger Friede von uns aus,
    Von uns, die wir den Kampf zum Herrscher haben.
    Denn dieser Kampf muß, ohne daß er will,
    Nur aus sich selbst heraus den Frieden zeugen. –
     
    (macht eine kurze Pause, dann weiter)
     
    Das Märchen sagt, was es zu sagen hat;
    Ob ihr es hört, das ist nur eure Sache.
    Wollt Ihr den Kampf, so kann ich es nicht ändern,
    Doch hier am Turm sei Friede, immer Friede,
    Damit, wenn einst die Harfen wieder klingen,
    Kein Menschenblut grad an der Stätte fließe, An der der Mensch zum Menschen werden soll.

     
    (steigt, von Schēfakā unterstützt, vom »Teppich der Rede« herab und wird von ihr bis an seinen Sitzt geführt)
     
    Scheik
(ironisch):
    An der – – – der Mensch – – – zum Menschen werden soll!
    Zum – – – Edelmenschen?
     
    (stark und drohend)
     
    Etwa zum Kirām?
    Denn die Kirām –
     
    (spuckt verächtlich aus)
     
    Allah ver
    (klatscht)
     
    damme sie! –
    Bezeichnen sich allein als Edelmenschen,
    Hingegen uns als Menschen der Gewalt,
    Die noch nicht sind, was sie zu werden haben.
     
    (drohend)
     
    Das, was wir sind, das wird sich morgen zeigen, Und was wir werden, wissen wir schon heut.

    Der Kādi hat zu sprechen – – – ohne Märchen!
     
    (Der Kādi steht wieder auf und geht nach dem »Teppich der Rede«)
     
    Kādi:
    Ich klage an die Stämme der Kirām,
    Die in Afdāla und Amāna hausen
    Und darum sich für bessre Menschen halten
    Als alle Andern, die auf Erden sind – – –
    Scheik:
    Die Hunde, die nach uns gebissen haben, Noch beißen und auch ewig beißen werden!
     
    (spuckt verächtlich aus, alle Andern ebenso, nur Schēfakā, Babel und den Hākawāti ausgenommen)
     
    Kādi
(fortfahrend):
    Sie trachten nach dem Turm der Ān’allāh,
    Nach allen Wundern und nach allen Schätzen,
    Die er, geheim, in seinem Innern birgt.
    Und weil sie sich zu schwach zum Kampfe fühlen – – –
    Scheik
(fällt, sich brüstend, ein):
    Kitāl, Kitāl, das Drachenungeheuer!
    Kādi
(fährt fort):
    So haben sie das Abendland gerufen
    Und sich mit Mārah Dūrimēh verbündet,
    Um uns den Turm zu nehmen und den Raub Dann unter sich – – – Scheik
(einfallend):

    Wie brüderlich!
    Kādi
(fortfahrend):
    zu teilen.
    Ihr neuer Scheik, der Bēn Tesālah heißt,
    Der »Sohn des Friedens« – – –
    Scheik
(einwerfend):
    Ich, »des Kampfes Vater!«
    Kādi
(fährt fort):
    Hat Krieger aus Europa kommen lassen,
    Um seine Beduinen einzuüben;
    Kanonen sind bereits schon unterwegs,
    Und kommen wir dem Streiche nicht zuvor,
    So wird der Krieg wie ein empörtes Meer
    Um unsern Turm und unsrer Schätze wogen
    Und Alles, Alles, selbst auch uns, verschlingen.
    Scheik
(grimmig):
    Und das darf sich den »Sohn des Friedens« heißen!
     
    (spuckt aus, die Andern ebenso, mit Ausnahme der schon Genannten)
     
    Ist noch ein Knabe, zwanzig Jahre alt!
     
    (spuckt aus, die Andern mit)
     
    Der keinen Vater, keine Mutter hat!
     
    (abermaliges Ausspucken)

     
    Er wurde schmutzig, wie ein Ungeziefer
    Im Dorngestrüpp der Wüste aufgefunden,
    Ein Wechselbalg, ein Bankert, ein Bastard,
    Der morgen auch mit kommt, mir Schach zu bieten!
     
    (nochmals Ausspucken Aller, außer den Drei)
     
    Kādi
(fährt fort):
    Ich klage an auch Mārah Dūrimēh,
    Die Herrin von Kulūb und

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