Baby, Liebe, Glück
wickelte es um die Handfläche. Es war bereits fast fünf, und in der Praxis ihres Hausarztes lief bestimmt schon der Anrufbeantworter. Aber sie war schon als Kind immer zu Onkel Eli gegangen. Er war ein guter Freund ihrer Eltern gewesen und würde sie bestimmt auch außerhalb der Sprechstunde behandeln.
Eine Viertelstunde später saß sie in seinem Untersuchungszimmer.
„Der Doktor kommt gleich“, versprach Irene.
Ashley nickte dankbar und war froh, dass sie nicht ins Krankenhaus gefahren war.
Das änderte sich schlagartig, als der Arzt hereinkam.
Cam war seit acht Uhr morgens in der Praxis.
Er wusste, dass man als Hausarzt stets mit unerwarteten Notfällen rechnen musste, aber er wünschte, Courtney würde die Termine nicht im Zehnminutentakt vergeben.
Um fünf Uhr nachmittags hatte die Zahl der Patienten im Wartezimmer so weit abgenommen, dass niemand mehr stehen musste. Und Cam hatte endlich Zeit gefunden, in das Sandwich zu beißen, das die Sprechstundenhilfe ihm aus der Mittagspause mitgebracht hatte.
Er griff gerade nach der Patientenakte vor Untersuchungsraum Nr. 2, als Dr. Alexanders Krankenschwester aus Nr. 4 kam. Ihre geröteten Wangen verrieten, dass sie noch einen Patienten ohne Termin angenommen hatte.
Er seufzte. „Ich dachte, Mrs. Kirkland ist die Nächste.“
„Mrs. Kirkland bildet sich ihre Krankheiten nur ein, aber diese Patientin blutet wirklich.“ Sie drückte ihm eine Akte in die Hand.
Cam ging hinein und stand Ashley Roarke gegenüber.
Er brachte kein Wort heraus, denn „Hallo, ich bin Dr. Turcotte“ wäre angesichts ihrer gemeinsamen Vergangenheit unpassend gewesen.
Aber er hatte Ashley nur ein Mal gesehen, seit er die Stadt vor zwölf Jahren verlassen hatte. Wenige Monate zuvor waren sie einander auf dem Klassentreffen begegnet, und Ashley hatte deutlich gemacht, dass sie nicht daran interessiert war, mit ihm zusammen nostalgisch zu werden.
Außerdem hatte sie ihm erzählt, dass sie bald heiraten würde. Aber jetzt fiel ihm auf, dass sie den Brillantring, den er auf dem Klassentreffen bemerkt hatte, nicht mehr trug.
Die rechte Hand war in ein blutiges Geschirrtuch gewickelt, und der Anblick holte ihn jäh in die Gegenwart zurück. Er durfte in ihr nicht die einzige Frau sehen, die er nie vergessen hatte. Sie war als Patientin hier, und es war sein Beruf, sie zu untersuchen und zu behandeln.
„Ich … wollte eigentlich zu Eli“, sagte sie.
„Er ist im Krankenhaus.“
„Oh.“ Sie räusperte sich. „Na gut, dann fahre ich hin.“
„Du blutest.“
Sie schaute auf ihre Hand.
„Ich denke, ich sollte mir die Hand ansehen, bevor du wieder gehst.“ Er zog ein Paar Latexhandschuhe aus der Schachtel.
„Es wäre mir lieber, wenn Eli mich behandelt.“
„Sei nicht so trotzig, Ash.“
„Ich bin nicht trotzig“, widersprach sie. „Eli ist seit Jahren mein Hausarzt.“
Trotzdem wusste sie offenbar nicht, dass Elijah Alexander nicht zur Visite in der Klinik war, sondern um seine Frau zu besuchen, die am Abend zuvor einen Herzinfarkt erlitten hatte.
„Wenn ich dich gehen lasse, könntest du am Steuer ohnmächtig werden und dich und andere gefährden.“
Sie wurde noch blasser. „Habe ich so viel Blut verloren?“
Lächelnd zog er den zweiten Handschuh an. „Wohl kaum.“
„Warum befürchtest du dann, dass ich in Ohnmacht falle?“
„Weil ich dabei war, als du dir im Eagle Point Park das Knie aufgeschlagen hast. Du hast gesagt, es geht dir gut, aber dann hast du das Blut gesehen. Dein Gesicht wurde weiß, und dann haben deine Beine nachgegeben.“
Er hätte den Vorfall besser nicht erwähnen sollen, denn es verriet, dass er sich auch nach so vielen Jahren noch daran erinnerte. Und nicht nur daran. Ashley verfolgte ihn bis in seine Träume.
„Ich war neun“, erwiderte sie empört.
„Und jetzt bist du so blass wie damals.“
„Na gut.“ Sie streckte ihm die verletzte Hand entgegen. „Sieh es dir an und lass es verbinden, damit ich nach Hause fahren kann.“
Vorsichtig wickelte Cam das Geschirrtuch ab. „Wie ist das passiert?“
„Glasscherben.“
Er war Arzt und hatte Schlimmeres gesehen als eine Schnittwunde an einer Hand. Aber dies war Ashleys Hand, und der Schnitt reichte fast bis zum Handgelenk und hatte die Pulsader nur knapp verfehlt. Sein Herz schlug schneller.
„Muss eine große Glasscherbe gewesen sein.“
„Zehn mal fünfzehn.“
Er brauchte nur eine Sekunde, um zu begreifen. „Ein Bilderrahmen.“
Sie nickte, ohne ihn
Weitere Kostenlose Bücher