Baccara Exklusiv 56
sie stundenlang mit William in seinem Haus allein sein würde, wurde ihr innerlich ganz heiß. Sie war hin und her gerissen. Mal beschloss sie, nicht hinzugehen, dann wieder zählte sie die Stunden, bis sie endlich bei ihm sein würde. Der Mann trieb sie wirklich zum Wahnsinn.
„Na so was“, meinte Alice. „Was für ein verträumter Ausdruck das in Ihrem Gesicht ist, Miss Crandell.“
Bailey blinzelte. „Wie bitte?“
„Nichts. Ich habe bloß vor mich hingemurmelt. Zurück zum Thema. Du suchst also ein Einweihungsgeschenk. Wie wäre es mit so einem Buch, wie man es auf den Couchtisch legt? Du weißt schon, einen dieser riesigen Bildbände mit herrlichen Fotos von was auch immer.“
„Was für eine Art von was-auch-immer?“
Alice blickte für einen Moment mit zusammengekniffenen Augen an die Decke, dann schnippte sie mit den Fingern und sah Bailey wieder an.
„Vögel“, erklärte sie. „William ist schon seit seiner Kindheit von Vögeln fasziniert. Ganz besonders liebt er Kolibris. Er meint, es weckt geradezu Demut in ihm … ja, das ist das Wort, das er benutzt … zu sehen, wie ein so winziges, zierliches Wesen wie ein Kolibri in der Natur überlebt, und zwar mit solcher Würde und Klasse, wie er sich auszudrücken pflegt.“
„Wie schön, so etwas zu sagen.“ Bailey stellte erschreckt fest, dass ihr fast die Tränen kamen. „Dein Bruder hat viele verschiedene Seiten, Alice.“
„Allerdings. Die richtige Frau hätte sicher großes Vergnügen daran, jede einzelne an ihm zu entdecken. Es wäre so, als würde man langsam ein Geschenk auswickeln, einen Schatz, von dem Stück für Stück immer mehr zum Vorschein kommt.“
„Die richtige Frau? Der altmodische Typ, genau gesagt. Die perfekte Ehefrau, wie er sie nennt.“
„Hm …“ Alice verzog das Gesicht. „Das weckt schon wieder das Bedürfnis in mir, William den Hals umzudrehen. Aber jetzt muss ich mich beeilen. Ich wünsche dir einen herrlichen Tag, Bailey. Tschüss, bis bald.“
„Auf Wiedersehen“, antwortete Bailey leise, als Alice den Raum verließ.
Sie beugte sich vor, um in den Spiegel zu blicken, und war überzeugt davon, dass die dunkle Wolke, die sie über sich spürte, sichtbar sein musste.
Bei „Sweet Fantasy“ war viel zu tun, und Bailey war froh, dass Kris ihr half. Kris war eine der Collegestudentinnen, die im Laden arbeiteten.
Als es dann Zeit war zu schließen, wünschte Bailey ihr eine gute Nacht, verschloss die Vordertür hinter ihr, drehte das Schild um und wollte gerade in den Lagerraum gehen, als Deborah Crandell zur Hintertür hereinkam.
Bailey hob überrascht die Augenbrauen. Sie hatte ihre Mutter nicht erwartet. Deborah setzte sich an den Tisch, und Bailey nahm auf dem Stuhl ihr gegenüber Platz.
„Hallo.“ Bailey lächelte. „Seltsam, dich zu dieser Zeit hier zu treffen. Welchem Umstand verdanke ich diese Ehre, Mrs. Crandell?“
Deborah verschränkte die Hände auf dem Tisch und straffte die Schultern.
„Ich wollte mit dir reden, Bailey, und falls du keine Pläne für heute Abend hast, dachte ich, dies könnte eine gute Zeit sein.“
„Ich wollte eigentlich ein Geschenk kaufen gehen, aber das kann ich auch noch morgen Abend tun“, antwortete sie langsam. Wachsam betrachtete sie ihre Mutter. „Ist etwas nicht in Ordnung? Dies soll ja offensichtlich keine alltägliche Unterhaltung werden.“
„Alles ist in Ordnung, Darling.“ Deborah lächelte sanft. „Tatsächlich steht es sogar sehr gut.“ Sie hielt kurz inne, um ihre Gedanken zu ordnen. „Bailey, dir ist doch klar, dass ich eine äußerst schwierige Zeit durchlebt habe nach dem Tod deines Vaters. Ich war am Boden zerstört und fühlte mich völlig verloren. Mein Leben schien keinen Sinn mehr zu haben. Die Rolle, die ich jahrzehntelang ausgefüllt hatte, gab es nicht mehr, und ich wusste nicht, was ich tun sollte oder wo ich hingehörte.“
Bailey nickte, ohne Deborah aus den Augen zu lassen. „Ja, das weiß ich, Mutter. Du warst sehr unglücklich. All die Jahre hattest du dich ganz Dad, mir und unserem Heim gewidmet, und dann hat sich plötzlich alles für dich verändert.“
„Genauso war es, und ich werde dir ewig dankbar sein, dass du dich meiner angenommen und für Millie und mich hier in deinem Laden einen Platz geschaffen hast.“
„Ihr beide seid wundervolle Mitarbeiterinnen. Ich könnte mir keine besseren wünschen. ‚Sweet Fantasy‘ hat deine und Millies Bedürfnisse erfüllt genauso wie meine. Es freut mich sehr, dass
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