BACCARA EXKLUSIV Band 47
Blut von ihrer Wange wischte. Hastig zog sie die Hand zurück.
„Sie waren gar nicht überrascht, als ich dachte, jemand hätte auf uns geschossen. Wieso nicht?“, fragte sie und lehnte sich zurück. Bevor sie eine Erklärung erhalten hatte, wollte sie den Raum nicht verlassen. Außerdem hätte sie im Moment wahrscheinlich nicht aufrecht stehen können.
„Das geht Sie nichts an.“
„Es geht mich schon etwas an“, widersprach sie. „Sie nahmen sogar an, ich hätte jemanden gesehen. Wenn ich schon auf der Hut sein muss, möchte ich wenigstens den Grund kennen. So etwas nehme ich nicht leicht. Und Sie vermutlich auch nicht“, fügte sie hinzu.
Flint setzte sich hinter den Schreibtisch. An Jennas Stelle hätte er mit der Faust auf den Tisch geschlagen und eine Erklärung verlangt. Ihre Ruhe irritierte ihn und machte ihn misstrauisch. Wusste Jenna vielleicht etwas? Hatte sie mit den Viehdiebstählen zu tun? Wieso war sie nicht hysterisch geworden, als sie dachte, jemand würde auf sie schießen? Nicole wäre ausgerastet. Seine Exfrau hatte sogar schon einen Anfall bekommen, wenn sie sich nur einen Fingernagel abbrach.
„Wir hatten Probleme mit Viehdieben“, gestand er.
„Ranches von der Größe der Rocking-M-Ranch werden immer Ziel von Viehdieben sein“, erwiderte Jenna. „Diebe halten sich normalerweise von den Wohngebäuden fern. Aber Sie dachten, es hätte sich jemand ans Haus herangeschlichen. Ein tätlicher Angriff ist etwas anderes als ein simpler Diebstahl.“
„In den letzten zwei Tagen hat sich die Lage verschlimmert“, berichtete Flint. Als Jenna nichts erwiderte, fuhr er fort: „Letzte Nacht wurde mein Zuchtbulle, der gut und gern seine fünfundzwanzigtausend Dollar wert ist, kastriert.“
Sie beugte sich ruckartig vor. „Wieso befand sich ein so wertvolles Tier nicht nahe beim Haus?“
„Das war er. Er schaffte es durch zwei verschlossene Gatter hindurch und über eine Weide von sechshundert Morgen.“
„Dann hat jemand nachgeholfen“, stellte sie fest. „Haben andere Rancher hier in der Gegend ähnliche Probleme?“
„Bisher nicht.“
„Dann handelt es sich nicht nur um Viehdiebstahl. Sieht so aus, als wollte sich jemand an Ihnen rächen.“
„Ich habe aber nicht die geringste Ahnung, wer das sein könnte und warum er das macht.“ Flint war nicht daran gewöhnt, über solche Probleme mit einer Frau zu sprechen. Nicole hatte sich nie dafür interessiert, was sich auf der Ranch tat, solange nur genug Geld hereinkam.
„Haben Sie sich mit den Brandzeichen-Inspektoren in Verbindung gesetzt?“, fragte Jenna. „Die müssten doch wissen, wer Vieh zum Schlachthof brachte. Vielleicht finden Sie die Diebe auf diesem Weg.“
Flint überlegte. Jenna kannte sich im Viehhandel aus, aber das traf auf die meisten Leute zu, die auf Ranches arbeiteten. Und sie hatte aufrichtig geschockt gewirkt, weil sein Stier kastriert worden war.
Jenna Adams war entweder eine sehr gute Schauspielerin oder völlig unschuldig. Er würde Bescheid wissen, sobald er die angeforderten Auskünfte über sie erhielt.
„Natürlich habe ich die Behörden bereits informiert“, antwortete er. „Bisher ist in den Schlachthöfen aber nur Vieh mit meinem Brandzeichen aufgetaucht, das ich selbst hingeschickt habe.“
„Und wo ist dann Ihr Vieh? Das hat sich sicher nicht in Luft aufgelöst.“
„Der Sheriff fand Häute mit unserem Brandzeichen in einer einsamen Gegend ungefähr hundert Kilometer von hier entfernt. Die Diebe schlachten das Vieh offenbar und laden das Fleisch in einen Tiefkühltransporter. Wenn sie es verkaufen, sieht man ihm die Herkunft nicht mehr an.“
„Keine Häute, kein Brandzeichen.“ Jenna nickte. „Wieso haben die Behörden aber dieses unkontrollierte Rindfleisch nicht entdeckt?“
„Wer weiß? Vielleicht arbeitet einer der Inspektoren mit ihnen zusammen.“ Flint stand auf. „Das ist nicht mehr so wichtig. Nach den Ereignissen der letzten Nacht würde ich sagen, dass diese kriminellen Kerle ungeduldig werden. Es ist nur noch eine Frage der Zeit, bis sie einen Fehler begehen. Und dann erwische ich sie“, fügte er kalt lächelnd hinzu.
Jenna stand fröstelnd auf. Sie wollte nicht an der Stelle der Viehdiebe sein, wenn Flint sie in die Finger bekam. Ein Blick in seine braunen Augen verriet, dass Flint McCray gefährlich werden konnte.
Sie fühlte, dass er sie beobachtete, als sie die Treppe hochging. Für ihn war jeder verdächtig, sogar sie. Das war ihr klar. Doch das
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