BACCARA EXKLUSIV, BAND 64
doch der grimmig entschlossene Ausdruck in seinem Gesicht, bewog sie, den Mund zu halten.
Diesmal fuhr er. Kein einziges Wort fiel, aber es war nur allzu klar, dass sich etwas verändert hatte. Und zwar etwas, womit sie nicht das Geringste zu tun hatte, bis auf die Tatsache, dass sie zufällig anwesend war. Ihr Pech, und sie konnte absolut nichts dafür.
Es waren nicht viele Autos auf der Straße, und so konnte ihr der blaue Jeep, der kurz nach ihnen den Parkplatz des Imbisses verließ, nicht entgehen. Merkwürdigerweise fuhr Lyon jetzt in eine ganz andere Richtung, nämlich nach Westen.
„Ich dachte, wir bringen dich zu deinem Wagen?“
„Hab’s mir anders überlegt.“
„Bitte, Lyon, was soll das alles? Es hat was mit diesen beiden Jägern zu tun, nicht wahr?“
Er ließ sich sehr lange Zeit mit der Antwort. Ihre Wut verebbte, um einem Gefühl der Angst Platz zu machen, als sie bemerkte, dass sein Blick zwischen der Straße vor ihnen und dem Rückspiegel hin- und herwanderte.
„Schon mal Jäger mit goldenem Ohrring gesehen?“
„Was?“
„Schon mal gesehen, dass jemand bei der Jagd eine Uhr anhat, die mindestens zwei Riesen kostet?“ Der scharfe Blick, mit dem er sie bei diesen Worten bedachte, verschloss ihr die Lippen.
Er streckte die Hand aus und legte sie ihr auf den Schenkel. Damit wollte er sie wohl beruhigen. Jedenfalls glaubte sie das. Ach, sie wusste überhaupt nicht mehr, was sie glauben sollte.
Sie wusste nur eines, sie wurde gerade entführt.
Nein, das stimmte nicht. Auch wenn sie praktisch nichts über Lyon wusste, sie wusste, dass er ihr niemals wehtun würde. Nicht absichtlich.
„Es sind gar keine Jäger, nicht wahr?“, flüsterte sie.
„Erraten.“
„Und warum sind sie dann so angezogen?“
„Tarnung. Jäger fallen in dieser Gegend nicht gerade auf.“
„Aber dir sind die beiden aufgefallen?“
Er hob nur die Schultern. Aber sie hatte inzwischen verstanden. Man lernte dazu. „Die Sachen waren zu neu, nicht wahr? Und dann die Uhren und die Ohrringe. Du hast schon recht. Wer würde riskieren, ein teures Renommierstück zu verlieren, wenn man doch an jeder Ecke für zehn Dollar eine Immitation bekommen kann?“
„Gut beobachtet.“
„War das alles? Oder ist dir an den beiden noch mehr aufgefallen?“
Diesmal ließ er sich so viel Zeit mit der Antwort, dass sie es fast nicht mehr aushielt. Äußerlich wirkte er zwar entspannt, doch er fuhr über hundert. Seine Fingerknöchel traten nicht weiß hervor, doch seine zusammengepressten Lippen und die angespannten Kiefermuskeln verrieten nichts Gutes.
„Vielleicht die Tatsache, dass sie unser Nummernschild gelesen haben, bevor sie in den Imbiss kamen. Vielleicht die Tatsache, dass sie uns im Imbiss im Spiegel beobachtet haben. Vielleicht die Tatsache, dass sie im Motel aufgetaucht sind, als wir dort waren, und kurze Zeit später dann im Imbiss. Vielleicht die Tatsache, dass sie die ganze Zeit mit dem gleichen Abstand hinter uns her fahren.“
Diesmal kam es ihr gar nicht in den Sinn, sich Notizen zu machen. Alles wirkte so unwirklich. Es war ein schöner, sonniger Tag. Überall sah man gelbe Blüten. Auf einem Feld sah sie einen Mann arbeiten. Alles schien so normal zu sein.
Von wegen.
Kurz vor Plymouth nahm der Verkehr zu. Lyon drosselte die Geschwindigkeit auf ein nahezu legales Maß. Er fuhr an zwei Imbissrestaurants vorbei. Am dritten hielt er an und bestellte am Drive-in-Schalter zwei Hamburger mit Pommes frites und zwei Becher Kaffee. „Musst du zur Toilette?“
Sie schüttelte den Kopf. „Was ist mit … du weißt schon …“ Hektisch drehte sie sich um und sah durchs Rückfenster. Sie wagte nur zu flüstern.
„Sie haben am Restaurant gehalten. Sie werden uns auf den Fersen bleiben.“
„Oje!“, hauchte sie. „Was willst du tun? Können wir nicht zum nächsten Police Department fahren? Kannst du nicht jemanden anrufen?“
Er faltete die Straßenkarte auseinander, überflog sie kurz, faltete sie mit mathematischer Präzision wieder zusammen und fuhr zum nächsten Schalter, um zu bezahlen. All das ohne ein einziges Wort.
„Iss. Pack mein Essen aus und reich es mir beim Fahren herüber, sobald wir aus der Stadt sind, okay? Die Pommes mit Salz, aber mach den Kaffee noch nicht auf, ich hab’ keine Lust, mir die Finger zu verbrühen.“
Dann sah er sie an. „Bitte“, fügte er hinzu.
Erst als sie längst die Stadt und ein paar winzige Dörfer hinter sich gelassen hatten, sagte er wieder
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