BACCARA EXKLUSIV, BAND 64
geöffnet war, sodass sich die Außentür darin spiegelte. Lyon konnte von der Dusche aus also genau sehen, wer den Bungalow betrat.
Plötzlich fühlte sie sich unbehaglich. Was wusste sie eigentlich über diesen Mann?
So gut wie nichts.
Wie konnte sie in einen Mann verliebt sein, über den sie fast nichts wusste?
Ihr Verstand sagte ihr, das sei nicht möglich. Ihr Herz sprach eine andere Sprache. Es erzählte von all den Dingen, die unter Lyons rauer Oberfläche verborgen waren. Von seiner Einsamkeit, dass er trotz allem aufrichtig war und von seinem Humor, der sich immer dann zeigte, wenn man ihn am wenigsten erwartete. Und außerdem war da noch dieses Gefühl, als sei er auf der Suche nach etwas, genau wie sie, und dass sie es gemeinsam vielleicht finden könnten.
Oh, Clancy, flüsterte sie innerlich, wann wirst du endlich erwachsen und reif für die Wirklichkeit?
Sie fuhren Richtung Norden. Lyon ließ sie fahren. Wenn das kein Vertrauensbeweis ist, dachte Jasmine.
„Es ist ein Umweg für dich“, bemerkte er. „Du hättest gleich den Highway Richtung Süden nehmen können.“
„Ich habe dir doch gesagt, dass ich dich zu deinem Wagen bringe, wo immer der auch steht.“
„Danke.“
Sie hätten ebenso gut zwei Fremde sein können und nicht ein Mann und eine Frau, die mehrere Tage gemeinsam in der Wildnis aufeinander angewiesen gewesen waren, zusammen geschlafen hatten, nein, sich geliebt hatten, und über Hoffnungen, Träume und frühe Kindheitserinnerungen geredet hatten.
Sie zumindest hatte geredet. Er hatte zugehört.
Dies hier war also die Rückkehr zur Wirklichkeit. Hätte sie die Wahl gehabt, sie wäre lieber wieder in diesem Sumpf gewesen, um Tarzan und Jane zu spielen.
„Man hat mir gesagt, wenn ich bis drei Uhr am Flughafen bin, könnte ich es heute noch nach L. A. schaffen, mit nur drei Zwischenlandungen und zweimal Umsteigen.“
Er gab ein höfliches Brummen von sich.
„Ich weiß nicht, was mit dem Wetter los ist. Immerhin ist es gut, dass die Kaltfront erst jetzt gekommen ist, wo ich wieder etwas zum Anziehen habe.“ Sie trug Jeans und Pullover.
Diesmal brummte er nicht einmal.
Ihr Magen knurrte vernehmlich.
„Hungrig?“
„Wieso? Überhaupt nicht. Ich hatte doch gestern Abend eine halbe Dose Chili.“
„Ich glaube, nicht weit von hier gibt es etwas, wo wir uns einen Hamburger holen können.“
Sie wollte erst weiterfahren, doch dann sagte sie sich, dass es ihm der kleine Zwischenstopp wohl tatsächlich nichts ausmachen würde. Also hielt sie vor dem nächsten Imbiss, der aussah, als ob er geöffnet hätte.
Drinnen war es fast leer. Es gab vier freistehende und drei abgeteilte Tische und eine Theke. Das Tagesangebot war auf einen verzierten Spiegel geschrieben, der aus einem Western Saloon zu stammen schien. Sie versuchte sich zwischen Grillplatte und Bohneneintopf zu entscheiden, als sich hinter ihnen die Tür öffnete und zwei Männer eintraten.
Dieselben Männer in Jagdkleidung, die sie im Motel gesehen hatte.
Lyon bewegte keinen einzigen Muskel, doch sie hätte schwören können, dass auch er sie gesehen hatte. Wahrscheinlich wusste er inzwischen schon, was für Unterwäsche sie trugen. Es gab kaum etwas, das seinem Blick entging.
Sie war gerade dabei, die Grillplatte für sich zu bestellen, da fiel er ihr ins Wort.
„Bitte zweimal Kaffee zum Mitnehmen und eine Tüte Kartoffelchips.“
Verblüfft sah sie ihn an. „Aber wieso …“
„Wir wollen doch unser Flugzeug nicht verpassen, oder?“
Etwas an seinem Ton hielt sie davon ab, weiter nachzufragen. Allerdings machte sie auch keinen Hehl daraus, dass ihr sein Verhalten – gelinde gesagt – unverständlich war. Der Mann hinter der Theke schob ihnen zwei Styroportassen zu. Wütend nahm sie sie entgegen. Der Mann warf eine Handvoll Zucker- und Milchpäckchen und den Beutel Chips in eine Tüte und nahm die Banknoten, die Lyon ihm reichte.
Ohne auf das Wechselgeld zu warten, nahm Lyon die Tüte, legte ihr die freie Hand in den Rücken und schob sie zur Tür. Kein einziges Mal hatte er zu den zwei Männern hingesehen, die sich an den hintersten der abgeteilten Tische gesetzt hatten.
Kaum war die Tür hinter ihnen ins Schloss gefallen, wandte sie sich entrüstet an ihn. „Lyon, was, um alles in der Welt, hat das zu bedeuten?“
Doch er packte sie so fest am Ellbogen, dass sie sich den heißen Kaffee über die Hände geschüttet hätte, wären die Becher nicht verschlossen gewesen. Sie wollte noch etwas sagen,
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