BACCARA MAGISCHE MOMENTE Band 01
Kleidung in Fetzen gerissen und sie untersucht hatte. Wenn sie nur mit ihm zusammengearbeitet hätte … aber das hatte sie nicht, und er konnte es ihr nicht zum Vorwurf machen. Nichts, was er letzte Nacht getan hatte, konnte sie dazu gebracht haben, ihm zu vertrauen. Er konnte sich nicht einmal vormachen, dass er ihr nie Leid hatte zufügen wollen. Wenn das blaue halbmondförmige Muttermal der Ansara auf ihrem Rücken gewesen wäre – dann hätte man ihre Leiche nie gefunden.
Es überraschte ihn, wie erleichtert er war, dass er nichts gefunden hatte, und er hätte nichts lieber getan, als sie in die Arme zu schließen und zu trösten. Aber sie hätte ihm wahrscheinlich die Augen ausgekratzt, von anderen Körperteilen ganz zu schweigen. Alles, was sie zu diesem Zeitpunkt wollte, war, dass er verschwand.
Sie hätte darin ausgebildet werden sollen, ihre Gaben zu kontrollieren und sich zu beschützen. Einen so großen Vorrat an roher Energie hatte er noch nie bei einem Streuner vorgefunden, und die Gefahr, dass sie dieses Potenzial missbrauchte oder es missbraucht wurde, lag auf der Hand.
Ihre Gabe war wahrscheinlich nicht wirklich Präkognition, sondern eher Hellseherei. Sie hatte keine Visionen, wie seine Cousine Echo, es war eher so, als „wüsste“ sie Dinge. Ihre Gabe schien bei Zahlen besonders ausgeprägt zu sein.
Vor allem anderen stachen zwei Wahrheiten hervor: Sie nervte ihn über alle Maßen.
Und er wollte sie.
Sogar wenn sie ihn nervte, was oft vorkam, brachte sie ihn zum Lachen. Und er wollte sie nicht nur körperlich, er wollte, dass sie ihre eigene Einzigartigkeit akzeptierte, dass sie all seine Widersprüche annahm, seinen Schutz und seine Führung, wenn er ihr beibrachte, wie sie ihre Gabe formen und kontrollieren konnte – und all das lehnte sie ab, was den Kreis schloss, indem es ihn furchtbar nervte.
Es klingelte an der Tür. Lornas Schuhe wurden geliefert. Er ließ sie vor Wut kochend zurück und ging zur Tür, wo ein Angestellter seines Hotels mit einem Karton in der Hand wartete.
„Danke fürs Bringen.“ Da er seinen Angestellten weiterhin ihren Lohn zahlte, konnten sie sich genauso gut nützlich machen, wenn er sie brauchte.
Er trug den Schuhkarton in die Küche, wo Lorna immer noch wie angewurzelt stand. „Bitte sehr, probier sie an“, sagte er und reichte ihr den Karton, doch sie starrte ihn nur wütend an.
Er nahm die Schuhe aus der Schachtel und kniete sich hin. Er hatte erwartet, dass sie sich weigern würde, aber sie ließ es zu, dass er mit der Hand über ihre Fußsohle fuhr und ihr den butterweichen Halbschuh anzog. Er wiederholte den Vorgang mit dem anderen Fuß und blieb dann auf einem Knie. „Passen sie? Drücken sie irgendwo?“
Die Schuhe waren ihren alten sehr ähnlich: einfache schwarze Halbschuhe. Aber da endeten die Ähnlichkeiten auch. Dieses Paar war aus teurem Leder und hochwertig geschustert. Ihr anderes Paar hatte Sohlen dünn wie Papier und ausgefranste Nähte gehabt. Sie hatte über siebentausend Dollar in der Tasche und trug ein Paar Schuhe für fünfzehn. Wofür sie das Geld auch ausgab, Kleidung war es nicht.
„Sie fühlen sich gut an. Aber nicht gut genug für einhundertachtundzwanzig Dollar.“
Er lachte leise, als er wieder aufstand, von Neuem bezaubert von ihrer Sturheit. Sie war eine von diesen Frauen, deren Persönlichkeit sie hübscher machte, als sie eigentlich waren. Nicht, dass sie nicht hübsch war, denn das war sie. Aber es waren ihr Wesen, ihre Art, ihr sarkastischer, aufmüpfiger Mund, ihre blitzenden Augen, die einen zur Hölle und wieder zurückschicken konnten.
Er sollte sie aus dem Zwang entlassen, aber wenn er das tat, würde sie gehen – nicht nur ihn verlassen, sondern Reno. Er wusste es mit einer Sicherheit, die ihn erschaudern ließ.
Er war jetzt seit siebzehn Jahren Dranir der Raintree, seit seinem zwanzigsten Geburtstag, aber schon davor hatte er kein gewöhnliches Leben geführt. Er gehörte der königlichen Familie an. Er war Prinz gewesen, Thronfolger und dann Dranir. „Nein“ war kein Wort, das er sehr oft hörte, und auch von Lorna wollte er es nicht hören.
„Du kannst innerhalb des Hauses überall hingehen, wo du willst.“ Er fügte stumm hinzu, dass der Zwang endete, falls sie sich in Gefahr befanden.
„Warum kann ich nicht gehen?“ Ihre grünbraunen Augen flackerten vor Zorn, aber wenigstens schlug sie ihn nicht.
„Weil du dann wegläufst.“
„Und? Ich werde nicht wegen irgendwelcher Verbrechen
Weitere Kostenlose Bücher