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Back to Blood

Back to Blood

Titel: Back to Blood Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tom Wolfe
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jeden und alles bedrohendes Dementi erwähnt wird. Darum handelt es sich bei dem Wisch.«
    Ed verspürte den Drang, mit irgendeinem messerscharfen Kommentar seine Führungsstärke zu demonstrieren. Aber ihm fiel nichts ein, ob messerscharf oder sonst wie. Außerdem war der Brief an Adlai desPortes adressiert, oder? Er war gefordert, richtig? Ed schaute Adlai desPortes an. Der Mann sah aus, als hätte ihn eine Streitaxt an der Schädelbasis erwischt. Er war paralysiert, stehend k.o. Ed wusste, was er, der Herausgeber, dachte, weil er, Ed, genau das Gleiche dachte. Warum hatten sie diesen ehrgeizigen Frischling John Smith gewähren lassen? Er war ein Junge! Er sah aus, als müsste er sich nie rasieren! Seine Geschichte basierte vollständig auf dem plötzlichen »Wahrheitsanfall« eines heillosen Säufers — der jetzt tot war. Wenn Koroljows Anwalt Julius Gudder das Skalpell zückte, dann würde von Igor Drukowitschs Reputation und Glaubwürdigkeit nur ein Fleck auf einer Badematte übrig bleiben.
    DesPortes hatte sich inzwischen wieder gefangen und nahm Ed sozusagen die Worte aus dem Mund: »Aber Ira, verlassen wir uns da nicht allzu sehr auf das Zeugnis eines Mannes, der mit zwei schwerwiegenden Makeln behaftet ist? Erstens ist er jetzt sehr tot, zweitens war er zu Lebzeiten immer sehr voll.«
    Das zeitigte ein paar Lacher und Gott sei Dank Anzeichen von Leben unter den Untoten!
    Der Pitbull ließ das nicht gelten. Es verleitete ihn vielmehr zu einer noch erregteren Tirade mit noch schrillerer, noch schärferer Stimme. »Aber ganz und gar nicht! Ganz und gar nicht! Ob der Mann nüchtern war oder nicht, hat damit überhaupt nichts zu tun. Das ist eine Geschichte über einen Mann, der ein Doppelleben geführt hat, ein öffentliches Leben und eins im Verborgenen, und der unter mysteriösen Umständen — möglicherweise durch die Hand eines Mörders — gestorben ist. Und damit gewinnt alles eine immense Bedeutung, was er unmittelbar vor seinem rätselhaften Tod gesagt hat, auch wenn das einen Schatten auf andere wirft.«
    Guter Vortrag, Advocatus! Aber das verlangsamte immer noch nicht Eds Herzrasen. In diesem Augenblick betrat Stan Friedman mit dem sehr traurig dreinblickenden John Smith im Schlepptau den Raum. Ed hätte gute Lust gehabt, ihn vor versammelter Mannschaft zur Rede zu stellen: »Ah, Stan, haben Sie Ihren Top-Enthüllungsgrünschnabel überreden können, uns wieder zu beehren? Wie das? Wo er doch noch ein halbes Kind ist, das es nicht mal ertragen kann, sich auch nur anzuhören, in welche Lage er uns mit seinem kindischen Ehrgeiz gebracht hat. Hatte ja nicht mal den Mumm, hier im Raum zu bleiben, um sich anzuhören, wie sich die ganze Geschichte entwickelt hat. St. Paul’s, Yale — jaaaaaagggh! … Das kommt also heutzutage dabei raus, wenn man die Schulbank in mahagonigetäfeltem Ambiente drückt — ein Schwächling, der aber trotzdem glaubt, dass er qua Geburt ein Anrecht darauf hat, tun und lassen zu können, wie ihm beliebt, egal wie sehr er damit dem gemeinen Volk schadet. Kein Wunder, dass Sie hier mit hängendem Kopf einlaufen. Kein Wunder, dass Sie sich nicht trauen, uns in die Augen zu schauen.«
    Der kleine Dreckskerl, von Stan praktisch an der Hand geführt, ging schnurstracks auf Ira Cutler zu. Im Raum herrschte absolute Stille. Jeder, jedes aufgewühlte Wesen, wollte wissen, was dieser Auftritt zu bedeuten hatte. Sogar Ira Cutler machte einen verwirrten Eindruck, einen Eindruck, den er nach Möglichkeit vermied. Stan wich von John Smiths Seite und flüsterte dem Pitbull mit sehr leiser Stimme etwas ins Ohr, tatsächlich sogar sehr viel. Nach einer Weile schauten beide John Smith an, der den Kopf so tief gesenkt hielt, dass er die beiden wahrscheinlich gar nicht sehen konnte.
    »John —«, sagte Stan.
    John Smith, ganz Armesünderhaltung, trat auf die beiden zu. Er begrüßte Cutler mit einem kraftlosen Nicken und sagte dann etwas mit einer Stimme, die kaum mehr als ein Flüstern war. Er zog ein paar Blatt Papier aus einer Innentasche seines Blazers und gab sie Cutler. Sie waren anscheinend handgeschrieben. Cutler studierte sie vielleicht zehn Minuten lang — dann sagte Cutler in seiner jaulenden Schraubstockstimme, »Ich glaube, John möchte, dass ich mich in seinem Namen dafür entschuldige, dass er sich so oft rausgeschlichen hat. Er hatte sein Handy auf Vibration umgestellt und musste dauernd raus, um die Anrufe anzunehmen. Stans Sekretärin Gloria hatte seine Nummer, damit sie ihn

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