Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Back to Blood

Back to Blood

Titel: Back to Blood Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tom Wolfe
Vom Netzwerk:
der niedrigen Lautstärke maßlos über die Lachkonserven. Warum glaubte ein so guter Komiker wie Loboloco, Gelächter vom Band nötig zu haben? Es machte die Show nicht besser, es machte sie nur billig und —
    Das Herz sprang ihr fast aus dem Brustkorb. Das Schloss in der Wohnungstür drehte sich, dann wurde die Tür auf gestoßen. Magdalena sprang auf. Ihr neues iPhone lag im Schlafzimmer — zu spät! — kein Notruf! — kein Nestor! Sie fuhr herum — und Amélia stand vor ihr … mit einer großen Ein-Liter-Nalgene-Wasserflasche in der Hand. Sie setzte sie an den Mund, legte den Kopf zurück und trank gierig. Ihre Haut glänzte nach Schweiß. Sie trug schwarze Lycra-Leggings, die ihr bis kurz unters Knie reichten, und ein schwarzes Racerback-Top. Sie war nicht geschminkt und hatte ihr Haar zu einem Pferdeschwanz zusammengebunden. Das alles bedeutete: Spinning, der neueste Trend. Jeder im Trainingskurs — kaum einer aus dieser Generation-X-Truppe war älter als fünfunddreißig — saß auf einem stationären Fahrrad, das in Reih und Glied und Reih und Glied und Reih und Glied mit vielen anderen stand, und ließ sich von einem Trainer, männlich oder weiblich, wie von einem sadistischen Rekrutenschinder Kommandos und Schmähungen ins Gesicht brüllen, bis er sich am äußersten Rand seiner Lungenkapazität, Beinmuskelkraft und Ausdauer abstrampelte. Drei von vier dieser masochistischen Freiwilligen waren Frauen, die so scharf darauf waren — bis zur Verzweiflung — sich in Form zu bringen , dass sie sich sogar dieser Tortur unterwarfen. Nun ja … auch Magdalena hätte sich dieser Tortur unterworfen, nur dass diese Kurse fünfunddreißig Dollar pro Nase kosteten, und sie hatte kaum das Geld, um eine Woche lang satt — geschweige denn fit — zu werden, und selbst bei dieser Ration würde das bisschen Geld, das sie noch auf dem Konto hatte, schon in einem Monat aufgebraucht sein … und was machte sie dann?
    Zwischen ihren Schlucken aus der Nalgene-Flasche — sie stand immer noch in der Wohnungstür — sah Amélia, dass Magdalena vor dem Lehnstuhl stand, stocksteif, auf den Fußballen, mit leicht gebeugten Knien, als wollte sie jede Sekunde springen oder fliehen.
    Amélia nahm die Flasche herunter und sagte, »Magdalena, was schaust du so komisch?«
    »Tja, ich … ähh … na ja, schätze, ich bin ein bisschen überrascht. Ich dachte, du schläfst noch. Ich hab gehört, wie du letzte Nacht nach Hause gekommen bist, ziemlich spät.«
    Amélia trank wieder ein paar Schlucke aus der Flasche, die aussah, als hätte sie dasselbe Volumen wie ihr Kopf.
    »Seit wann machst du Spinning?«, fragte Magdalena.
    »Woher weißt du, dass ich Spinning mache?«
    »Ist nicht schwer zu erraten … dein Outfit, die riesige Wasserflasche, das rote Gesicht — und ich meine nicht rot wie krank, sondern rot wie Training , wie knallhartes Training.«
    »Ehrlich gesagt, das war heute das erste Mal«, sagte Amélia.
    »Und?«, sagte Magdalena. »Wie ist es?«
    »Oh, fantastisch … glaube ich … ich meine, wenn man es überstanden hat! Ich habe freiwillig in meinem ganzen Leben noch nie so hart geschuftet! Ich … bin … völlig fertig.«
    »Warum setzt du dich dann nicht hin?«, sagte Magdalena.
    »Nein, ich fühle mich so … ich brauche jetzt unbedingt eine Dusche.«
    »Na los, setz dich einen Augenblick hin.«
    Also lümmelte Amélia sich in den Sessel und legte stöhnend den Kopf so weit nach hinten, dass sie senkrecht zur Decke schaute.
    Magdalena lächelte. Ihr fiel auf, dass sie tatsächlich das aller erste Mal in den vergangenen achtundvierzig Stunden lächelte. »Dieses neue Interesse an Training, ich meine, an wirklich hart em Training«, sagte sie, »das hat nicht zufällig was mit Neurochirurgie zu tun?«
    Amélia kicherte leise, hob den Kopf und richtete sich auf. Erst jetzt bemerkte sie, dass der Fernseher eingeschaltet war. Die Loboloco-Show lief noch, und das Gestikulieren und Grinsen, die Lippenbewegungen und kieferorthopädisch einwandfreien weißen Zähne … sahen nach krampfartigen Lachanfällen aus, die aber kaum zu hören waren, da Magdalena die Lautstärke fast auf stumm gestellt hatte …
    »Was schaust du da?«, fragte Amélia.
    »Ach … nichts«, sagte Magdalena.
    »Ist das nicht Loboloco?«, fragte Amélia.
    Magdalena fühlte sich sofort ertappt und sagte, »Ich habe gar nicht richtig hingeschaut. Außerdem hatte ich den Ton runtergedreht, weil ich dachte, du schläfst noch. Ich weiß, dass Loboloco

Weitere Kostenlose Bücher