Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Backstage

Backstage

Titel: Backstage Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marion Schwarzwälder
Vom Netzwerk:
führte Paula in einen hellen Wintergarten, sparsam möbliert. Ein Schreibtisch mit luxuriöser Briefgarnitur, Telefon, Agenda, davor zwei Stühle modernen Stils. Der Teppich aufgerollt, eine Deckenlampe, abgeschraubt, auf dem Boden, ein Schrank, von der Wand abgerückt und in Plastikfolie verpackt.
    «Vorsicht, bitte. Wir renovieren ... ich renoviere. Ich kann mich noch nicht an dieses gewöhnen.»
    «Waren Sie lange Zeit Partner?»
    «Setzen Sie sich doch. Möchten Sie etwas trinken? Nein? Tja, Fred und ich. Er hatte die Kontakte zu potenten Käufern, ich kannte interessante Objekte, vor allem kurz nach der Wende im Ostteil der Stadt.»
    «Sind Sie ...»
    «Schuldig, ja. Ich bin gelernter DDR-Bürger.»
    «Ich schätze, es braucht noch mindestens eine Generation, bis diese Frage nicht mehr gestellt wird. Sie haben einen Unterton, eine Färbung ...»
    «Der bei Sachsen nicht zu vertuschen ist. Meine Heimatstadt ist Dresden.»
    «Ich wüsste nicht, warum Sie den heimatlichen Dialekt verbergen sollten. Denken Sie mal an die Bayern, die reden so ungeniert in ihrem Dialekt, dass es oft Untertitel bräuchte. Herr Teichert, ich danke Ihnen, dass Sie mir Ihre Zeit opfern. Wie ich Ihnen am Telefon sagte, wissen wir noch sehr wenig über Fred Panitz. Was war er für ein Mensch? Wie lebte er?»
    «Für diese Fragen bin ich der Falsche. Sie sollten mit seinen Freunden sprechen. Ich war sein Geschäftspartner. Und wir haben gut zusammengearbeitet.»
    «Aber er wollte doch aufhören mit dem Immobiliengeschäft.»
    «Aufhören? Fred? Wer hat Ihnen das gesagt? Er war doch mit Leib und Seele im Geschäft, ist deshalb nach Amsterdam geflogen, den alten Jugendfreund treffen, der eines unserer Penthäuser kaufen wollte. Ein großartiger Neubau, am Osthafen, dort entsteht ein neues Medienviertel, Sie werden die Gegend nicht wieder erkennen. Panitz war ein guter Verkäufer.»
    «Wann haben Sie Ihren Partner zuletzt gesprochen?»
    «Nu, gestern. Als ich ihn in Tegel abholte.»
    «Sie haben Panitz vom Flughafen abgeholt?»
    «Ich war spät dran. Braun war schon weg, und Fred stand da mit den Koffern und einem Reporter am Hals, der ihn ausfragte. Ich hab ihn und Frau Braun zum Olympiastadion gefahren, aber dann änderte sich das Ziel, und wir wurden zum Haus der Kulturen verwiesen. Ich muss gestehen, ich war noch nie drin, obwohl ich schon seit den Achtzigern in Berlin wohne. Berlin Ost. Na ja, damals wäre es sowieso nicht gegangen.»
    «Und während der Fahrt unterhielten Sie sich?»
    «Ich nicht. Ich bin kaum zu Wort gekommen, diese Frau Braun redete und redete, und manchmal wurde es laut.»
    «Ich nehme an, Sie verstanden, worüber die beiden sprachen?»
    «Sie müssen wissen, die saßen auf dem Rücksitz. Fred, höflich, setzte sich nach hinten, und Frau Braun einfach dazu. Irgendwann hab ich das Radio angestellt.»
    «Herr Teichert.»
    «Ich mach so was nicht gern.»
    «Ich nehme an, die Kripo hat Sie auch schon dazu befragt.» Teichert nickte.
    «Die waren gestern Abend da, holten sich den Schlüssel zu Freds Wohnung ab, den er hier deponiert hat; der Schreibtisch aus seinem Büro soll in seine Wohnung geschafft werden, wenn schon mal starke Männer, die Handwerker, hier sind. Freds Büro haben die Beamten auch untersucht, ein schönes Chaos, die meisten Möbel schon unter Abdeckfolie, heute kommen die Maler. Die sollten übrigens schon längst hier sein. Vor einer Stunde hieß es schon: Gleich. Soweit ich das verstehen konnte.»
    «Polen?»
    «Ukrainer.»
    «Die sind wohl noch billiger.»
    «Sie müssen das verstehen. Die deutsche Handwerkerstunde ist doch gar nicht mehr zu bezahlen. Die gehen lieber in die Arbeitslosigkeit und arbeiten schwarz, als mit dem offiziellen Lohn runterzugehen. Oder beschäftigen selbst Polen, die wiederum Weißrussen, die wiederum Sibirier beschäftigen, jeder ein kleiner Subunternehmer. Ist ja auch zu verstehen. Oder wollen Sie die Renten von diesen Politikern bezahlen? Eine seltsame Zeit.
    Wir sind aufgewachsen und haben damit gelebt, welche Übel dem bösen, kapitalistischen Westen anhaften: Arbeitslosigkeit, Kriminalität, Rauschgift. Es ist alles wahr, keine Propaganda», sagte er. «Jetzt haben wir alle teil an diesen Segnungen.»
    «Könnten wir auf die Autofahrt zurückkommen?»
    Zum ersten Mal lächelte Teichert. Andeutungsweise.
    «Schade, ich dachte, mein Ablenkungsmanöver würde nachhaltiger funktionieren.»
    «Wir können ein anderes Mal gern über Politik reden. Heute bin ich hier,

Weitere Kostenlose Bücher