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Backstage

Backstage

Titel: Backstage Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marion Schwarzwälder
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liegt.»
    Braun kochte. Wieder dieser Zeigefinger in Bewegung, mit diesem enervierenden tata, tatata, tata, tatata. Das Gesicht rot angelaufen, der Atemrhythmus beschleunigt. Er schwieg, warf keinen Blick auf die Notenblätter.
    Schließlich: «Ist das derselbe Mist, den du nach Amsterdam gemailt hast? Panitz und ich haben nur abgelacht.»
    Die Männer verbissen sich mit Blicken ineinander.
    Tata, tatata, tata, tatata ...
    «Scharfer Groove», sagte Melissa.
    Braun stutzte, sah auf den Finger, hörte abrupt auf.
    «Sieh an, die Leibwächterin, Miss Schlaumeier. Heutzutage versteht wohl jeder was von meinem Job.»
    Dieser arrogante Mistkerl, dieses verwöhnte Balg. Trauer hin oder her, der Kerl verdiente eine Lektion. Melissa schnappte sich eines der Blätter.
    Sie sang die erste Strophe. Vom Blatt.
    Perfekt.
    Mit voller Stimme.
    Einen Moment herrschte Schweigen.
    «Schmeiß sie raus», schrie Braun, mit überschnappender Stimme. «Schmeiß sie raus. Sie hat den Job hier gar nicht nötig, Miss Superstar. Raus.»
    «Mit Vergnügen. Die Rechnung lass ich zustellen.»
    Melissa ging, betont langsam, zur Treppe, um nicht noch den Butler im Lift ertragen müssen.
    Auf dem ersten Absatz holte sie Reimann ein.
    «Warte, Melissa. Bitte.»
    Melissa blieb stehen.
    «Was für eine Vorstellung.»
    Melissa drehte sich um.
    «Du hast es ihm gegeben. Gratuliere. Ich kann dich verstehen. Aber Tom ist doch nicht der erste schwierige Künstler, mit dem du es zu tun hast. Dieser Todesfall hat uns alle aus dem Gleichgewicht gebracht. Nein, nein, ich will dir keine Gardinenpredigt halten. Gib Tom einen Tag, er beruhigt sich.»
    «Laut Lilli Braun wollte mich ihr Mann schon in Amsterdam abschießen, per E-Mail.»
    «Lilli erzählt vieles. Ich mach dir einen Vorschlag. Du arbeitest weiter. Ich meine damit, Ermittlungen anstellen. Das ist doch auch eine der Aufgaben deines Büros. Ich fürchte, die Polizei konzentriert sich zu sehr auf den Aspekt des Freundes des Stars, du verstehst. Es ist eine komplizierte Zeit in Toms Karriere. Nicht verkehrt, wenn wir dafür sorgen, dass er entlastet wird.»
    «Wenn du auf meine Verschwiegenheit anspielst, kann ich dich beruhigen», antwortete Melissa kühl. «Dein Klient bezahlt dafür, bis zu dieser Minute.»
    «Nein, nein, das sollte keine ehrenrührige Bemerkung sein. Aber ich muss meinen Mann schützen, flexibel reagieren können. Dazu brauche ich Informationen, die von der Polizei nicht zu erwarten sind. Also, was sagst du? Machst du weiter? In meinem Auftrag?»
    «Ich werde mich mit meiner Partnerin besprechen.»
    Und das war dringend nötig. Melissa hatte noch nie einen Job vermasselt, sich so reizen lassen, dass sie die professionelle Distanz verlor.
    Die Taxifahrerin war geladen, schimpfte bei jedem Anlass vor sich hin, und wenn niemand fuhr wie «det letzte Aas», meckerte sie über «die Kerle ausm Osten, die uns det Brot wegnehmen, sollen sie doch die Mauer wieder hochziehn, aber diesmal so richtig hoch. Wir werden sehn, wer wen braucht, ich die nich, diese Jammerlappen, ich nich.»
    Friedenau, ein Teil von Schöneberg, war vor allem in den sechziger und siebziger Jahren durch seine dort wohnenden Schriftsteller wie Grass und Enzensberger bekannter geworden. Ein Kiez, der verschlafen seine Villen und Bürgerhäuser behütete, Vorgärten pflegte, in ruhigen, baumbestandenen Seitenstraßen. In einem dieser zweistöckigen Backsteinhäuser hatten Teichert und Panitz Immobilien ihr Büro, auf das ein schlichtes Schild wies, rechts und links, an angrenzenden Gartenpforten, die Hinweise auf Ärzte und Zahnärzte.
    Sträucher in grell leuchtendem Frühlingsgrün, erste Frühlingsblumen im Vorgarten, in dem ein Mann stand und, rauchend, sich mit einem anderen im Nachbargarten unterhielt.
    Der Mann trug einen Anzug in modernem Schnitt, der den Bauchansatz und die Fettpolster an den Hüften geschickt kaschierte. Zurückhaltend die Farben und Muster von Oberhemd und Krawatte, das Haar nach hinten frisiert, bartlos, die Augen hinter einer Sonnenbrille verborgen.
    Während Paula sich von der Taxifahrerin eine Quittung ausschreiben ließ und ihr den Fahrpreis, abgezählt auf den Cent, bezahlte, verabschiedete sich der Mann und kam zur Gartenpforte. «Frau Oshinski?»
    «Ja. Herr Teichert, nehme ich an. Mein Beileid zum Tod Ihres Geschäftspartners.»
    «Danke. Kommen Sie herein.»
    Teichert nahm die Sonnenbrille ab. Jetzt sah man die Tränensäcke unter den Augen und tiefe Stirnfalten über den Brauen. Er

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