BAD BLOOD - Gesamtausgabe: Die Saga vom Ende der Zeiten (über 3000 Buchseiten!) (German Edition)
die Abmachung nicht eingehalten!«
»Abmachung?«, David würgte das Wort förmlich heraus. »Wir haben keine Abmachung –«
Ein Blick ließ ihn verstummen.
Der Blick war die schrecklichste Drohung, der er sich jemals ausgesetzt gefühlt hatte.
»Nein! Ich bin immer noch dagegen!«, rief die Frau, deren Schönheit David ebenso misstraute wie ihrer angeblichen Fürsprache für ihn und seine Schwester. Seit er seine Eltern tot hatte daliegen sehen, war sein Glaube an alles und jeden abhanden gekommen.
Er zitterte. Seine Arme und Beine, auf die er sich stützte und über die er so lange keine Gewalt mehr gehabt hatte, wollten nachgeben. Die Schwäche drohte ihn an den Fußboden zu nageln.
Hinter ihm schluchzte seine Schwester. »Hört auf! Geht! Geht doch endlich!«, wimmerte sie.
Es zerriss ihm das Herz. Das Herz des Mannes, der mit versteinerter, götzenhafter Miene vor ihnen stand, erweichte es nicht.
Wenn
er überhaupt ein Herz hatte.
Anum hob den Arm und richtete ihn wie eine Lanze auf Rahel. »Sie widersteht meinem Willen! Begreifst du nicht, dass ich das nicht dulden kann? Ihr Bruder ist
normal
, aber sie... Als wir noch über das Reich Sumer regierten, hätten wir solchen Widerstand auch nicht geduldet! Sie widersteht meinem Willen, aber ihm hier...« Er hob die andere Hand, in der er einen Trinkpokal hielt, wie David noch keinen gesehen hatte. »... ihm wird sie nicht widerstehen! Er wird das Geheimnis, das sie verbirgt, aufdecken!«
»Du würdest es auch gegen meinen Willen tun?«
Sie stritten sich. David begriff erst nach einer Weile, wie aggressiv der Ton der beiden Fremden war. Wie uneins sie sich offenbar über das Schicksal ihrer Gefangenen waren!
»Willst du mir dorthin folgen, wo die Antwort liegt?«
»Nein.«
»Dein letztes Wort?«
»In dieser Sache – ja!«
»Dann«, sagte er, »werde ich alleine gehen. Und wenn ich zurückkomme, werde ich dich meine Entscheidung wissen lassen!«
Der Blick der Frau wirkte verhangen, als sie fragte: »Du bist nicht davon abzubringen?«
»Nein!«
Es schien, als akzeptierte sie es.
Auch wenn David nicht annähernd verstand, worüber genau sie sprachen, so kam das abrupte Ende des Streits ihm doch wie eine letzte Bestätigung seiner schrecklichsten Befürchtungen vor.
Wie das endgültig gefällte Todesurteil über ihn und Rahel...
Anum hatte sich wieder in die Kammer zurückgezogen und die Tür hinter sich geschlossen. Er ließ Heaven mit den beiden Kindern allein, über deren Schicksal er nach seiner »Rückkehr« entscheiden wollte.
Rahel Chaims Gesicht war verkniffen, als Heaven näher auf sie zu trat. Sie hatte eine Hand in einer aufgenähten Tasche ihres Kleidchens vergraben und spielte nervös mit etwas, das klimperte.
»Was hast du da?«
Rahel sah widerstrebend zu ihr auf. Der Blick des Mädchens war voller Angst. »Nichts.«
»Du kannst es mir ruhig zeigen. Ich würde mich auch gern mit dir und deinem Bruder unterhalten...«
»Worüber?«, Es war David, der die Frage in feindseligem Ton stellte.
Seine Gefühle waren verständlich. Er machte keinen Unterschied zwischen Heaven und Anum. Sie beide hatten ihn und seine Schwester gezwungen, sie in ihr verlassenes Elternhaus und die Wohnung über dem Gemüseladen zu begleiten. Sie beide mussten der Inbegriff des Bösen für die Kinder sein, zumal die wahren Mörder ihrer Eltern nicht für sie greifbar waren.
Vampire.
Angehörige der örtlichen Sippe hatten Rebecca und Gershom Chaim auf dem Gewissen!
Gewissen.
In Heaven krampfte sich etwas zusammen. Sie erinnerte sich nicht, jemals so scheinbar unmotiviert ins Schwitzen gekommen zu sein wie jetzt – während sie zwei Kindern in die Augen sah, die ahnten, dass ihnen Furchtbares bevorstand, aber nicht annähernd die wahre Dimension des Schreckens kannten, der über sie hereinbrechen würde, wenn Anum seine Ankündigung in die Tat umsetzte.
Tyrannisch, ohne Rücksicht auf Heavens Bedenken.
»Ihr habt Schlimmes durchgemacht«, sagte sie. »Ich versichere euch, dass es mir leid tut. Aber weder er –«, sie deutete zur Tür der Kammer, in der Anum verschwunden war und wo jetzt wieder ein schwacher purpurner Schein durch die Ritzen drang, »– noch ich sind schuld an dem Leid, das ihr vor der Begegnung mit uns erfahren habt! Die Schuldigen wurden bestraft. Sie existieren nicht mehr.«
»Auge um Auge«, sagte David verächtlich. »Ihr seid nicht besser als sie. Lasst uns gehen. Gebt Rahel und mir endlich Gelegenheit, mit unserer
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