BAD BLOOD - Gesamtausgabe: Die Saga vom Ende der Zeiten (über 3000 Buchseiten!) (German Edition)
kamen heraus.
Kamen, um die beiden Kinder zu holen...?
Minuten zuvor
»Nein!«, sagte sie.
»Nein...?«
»Es wäre unverantwortlich und sinnloser Wahnsinn!«
»Wie kommst du zu dieser Überzeugung?«
»Durch das, was
du
mir erzählt hast.«
»Es stimmt, auch mein Versuch, ihn seiner Bestimmung zuzuführen, ist gescheitert. Der Junge starb vermutlich – oder erlitt Schlimmeres. Er glitt einfach aus unserer Realität.«
»Das hast du zugelassen?«
»Ich hätte es nicht verhindern können.«
»Hättest du es verhindern
wollen
?«
Er schwieg.
Er war unglaublich – unglaublich in seiner Anziehungskraft, die Gefühle in Heaven schürten, die ihr ebenso viel Sorge wie Glück bereiteten.
Da stand sie also mit der Liebe ihres Lebens. In einer winzigen Kammer, die vollgestopft war mit dem Gerümpel der Familie, die hier einmal gewohnt hatte.
In dem Moment, den Heaven sich geduldete und auf Anums Antwort wartete, versuchte sie sich vorzustellen, was dieser Mann in seinem Leben schon alles gesehen hatte.
Er war von derselben Art wie Sardon gewesen war.
Ein Hüter. Einer der allerersten Vampire – nicht aus einem magischen Kelch geboren, sondern vom Schoß einer Frau, die sich mit ihren Taten den Zorn Gottes zugezogen hatte.
Und die ebenfalls Heaven geheißen hatte – die Lilith, Adams erstes Weib.
Anum war ihr Liebling gewesen – das liebste und bevorzugte ihrer Kinder.
Ich weiß nicht einmal,
dachte Heaven,
ob ich sie selbst kennengelernt habe. Ob ich den weiten Weg zurück in der Zeit gegangen bin, wie es meine Bestimmung war.
Diese Information hatte sie aus der EWIGEN CHRONIK. Sie selbst besaß keine eigene Erinnerung mehr an die Zeit, bevor sie im italienischen Kloster Monte Cargano erwacht war. In der Obhut eines Mannes namens Salvat, der behauptet hatte, ein Engel zu sein – und vielleicht sogar einer gewesen war.
Verrückt.
Ihr ganzes Leben war verrückt, nicht mit normalen Maßstäben zu messen. Sie war auch kein Mensch wie andere Menschen. Sie aß nicht, und der einzige Trunk, der ihr mundete, der sie am Leben erhielt, war...
»Blut«, unterbrach Anum ihren Gedankenflug, ohne ihre Frage zu beantworten, »ist nicht gleich Blut. Das Elixier, das wir trinken, unterscheidet sich von Opfer zu Opfer im Bouquet. Aber noch unterschiedlicher ist das Blut, das in meinen und in deinen Adern strömt. Stimmst du darin mit mir überein?«
Sie sah keinen Grund, es nicht zu tun. Aber es waren Phrasen, die der letzte Hüter der Vampire drosch, keine neuen und wunderbaren Thesen.
Der
allerletzte
Hüter, seit Sardon durch ihre Hand gestorben war!
»Es ist dennoch sinnlos – und ich weigere mich, mein Einverständnis zu geben für das, was du verlangst. Ich sagte es schon einmal, und ich stehe dazu: Hände weg von den Kindern!«
Anum schürzte die Lippen. Er hatte Augen von wechselnder Tönung. Je nach Lichteinfall schimmerten sie mal aschgrau, mal tintenschwarz. Im Moment und hier, umgeben von einer Dunkelheit, die nicht so vollkommen war, dass sie vampirischen Sinnen nicht genügt hätte, glommen sie sogar rötlich, als hätte Magie ein Licht im Schädel des Mächtigen entzündet.
Heaven wusste, dass er sie ebenso leidenschaftlich taxierte wie sie ihn. Sie konnte nicht verbergen, was sie für ihn empfand – und wahrscheinlich würde sie dies einmal geradewegs in den Untergang führen.
Sie stand einem Feind gegenüber, einem Erzfeind, aber das war nur die eine Seite der Medaille! Wie es hatte geschehen könne, wusste sie bis heute nicht. Aber es war passiert. Sie konnte – und wollte – sich ein Leben ohne ihn nicht mehr vorstellen. Und sie sehnte den Tag herbei, da sie die Gefühle, die Anum in ihr wachrief, ins innere Gleichgewicht bringen würde. Dass sie nicht länger hin und her gerissen und zerrieben wurde zwischen besserem Wissen und tiefstem Wollen.
Die EWIGE CHRONIK hatte ihr verraten,
warum
sie als Tochter einer Vampirin und eines Menschen zur Welt gekommen war.
Wer
diese einmalige Verbindung gefügt hatte. Und sie hatte weiter erfahren, dass es ihre Bestimmung gewesen war, das Ende vampirischer Herrschaft auf Erden einzuläuten. Sämtliche Blutsauger zu hassen und zu vernichten, wo immer sie ihnen begegnete.
Die CHRONIK ersetzte nicht die Erinnerung, die sie offenbar auf Satans Wirken hin verloren hatte. Aber sie hatte geholfen, den völligen Identitätsverlust zu lindern, den sie erlitten hatte.
Und seit kurzem gab es noch eine zweite Quelle, aus der Heaven schöpfen konnte:
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