BAD BLOOD - Gesamtausgabe: Die Saga vom Ende der Zeiten (über 3000 Buchseiten!) (German Edition)
erzählt. Du hast mir von Firan erzählt, dem Jungen, der nach der Taufe, die du versucht hast, aus der Welt herausgefallen ist. Genügt dir das immer noch nicht, um endgültig zu begreifen, dass dieses Artefakt verloren ist?«
Anum schmälte die Augen, und für einen quälend langen Moment rechnete Heaven damit, dass seine klassisch schönen Züge entgleisen könnten und er sich der selbstauferlegten Zügel entledigen würde.
Um sich auf sie zu stürzen. Weil sie auch sein Feind war – nicht nur umgekehrt!
Aber soweit ließ er sich nicht gehen. Er fauchte nur: »Es muss nicht verloren sein!«
»Und woher kommt dieser Sinneswandel?«
»Ich hatte Zeit, nachzudenken.«
»Wir sollten unsere Zeit besser nutzen, um uns über die Zukunft einig zu werden. Über ein gemeinsames Ziel, das in unser beider Sinn liegt!«
»Im Kelch
liegt
die Zukunft.«
»Was das angeht, bist du nicht objektiv.«
»Und du weißt zu wenig, um das beurteilen zu können.«
Heaven schüttelte den Kopf. »Warum mussten wir uns in diese Kammer quetschen? Das ganze Haus steht zu unserer Verfügung.«
»Aber das Haus hat Fenster. Dieser Raum nicht. Und wenn ich den Kelch aktiviere, soll sein Glanz nicht bis nach draußen auf die Straße getragen werden.«
»Du willst ihn aktivieren? Du willst die Taufe
hier
vollziehen?«
»Vor dem Akt der Taufe wollte ich dich mitnehmen auf eine Reise.«
»Eine Reise, die
hier
startet?«
»Sie ginge dorthin, wo ich allein schon einmal war. Und wo ich erst zu der Überzeugung kam, dass der Kelch noch nicht verloren sein muss.«
»Wo liegt das?«
Anum verzog keine Miene. »
Im
Kelch. Mit dir will ich noch einmal in ihn tauchen. Als nacktes Bewusstsein. Lass dich darauf ein, und du wirst verstehen, was ich dir die ganze Zeit klarzumachen versuche. Dass diese Kinder
unsere
Kinder sein könnten. Der Grundstein einer neuen großen Familie, mit der wir diesen Planeten beherrschen!«
Heaven forschte in Anums Gesicht nach Anzeichen, dass er sie – aus welchen Gründen auch immer – auf eine Probe stellen wollte. Dass er nur herausfinden wollte,
ob
sie zu einem solch weitreichenden Schritt und völliger Selbstaufgabe bereit wäre.
Aber es schien ihm völlig ernst zu sein mit seinem Angebot.
»Du willst...?«, Sie schüttelte den Kopf.
Der Lilienkelch in Anums Händen begann zart aufzuglühen. Purpur war sein Licht Lockend und verführerisch.
Ȇberleg es dir.
Bitte
.«
»Dir liegt so viel daran?«
»Alles!«
Die Antwort kam schnell. Und diese Schnelligkeit jenseits aller Zweifel schmeichelte Heaven.
»Ich –«
Das Geräusch, das sie unterbrach, war kaum hörbar. Dennoch begriffen sie beide seine Bedeutung und Ursache im selben Moment.
Grell flammte der Kelch auf.
Im ersten Augenblick wusste Heaven nicht sicher, ob sie bereits in ihn hineingesogen wurde – oder ob sich die Energie, die in ihm schlummerte, lediglich nach außen entlud.
Der Purpur ertränkte alles.
Und sprengte die Tür, die von draußen, von der Stube aus, verschlossen worden war.
Dann –
David Chaim fieberte mit seiner kleinen Schwester. Weil er ihre Nöte mitbekam. Ihre Verzweiflung. Und ihren Sieg über die Angst, die in ihr fressen musste!
Selbst wenn er die Möglichkeit gehabt hätte, sich ihr verständlich zu machen, hätte er nicht versucht, sie von ihrem Vorhaben abzubringen. Rahel tat, was getan werden musste. Sie packte die vielleicht einzige Chance beim Schopf, die ihnen noch blieb!
Als die Tür der Abstellkammer aufflog, entlud sich Davids ganze Anspannung in einem Schrei.
Ein Schrei, der ihm zunächst gar nicht selbst bewusst wurde, bis er die Gewalt über seine Muskeln wiedererlangte. Bis er Rahel zubrüllte: »Pass auf!«, Und sich auf allen Vieren schützend zwischen sie und die beiden Fremden brachte!
Er fragte nicht, warum er sich auf einmal wieder bewegen konnte. Er ballte die Fäuste und reckte sie in Richtung der beiden Gestalten, die aus dem blendenden Purpur heraus auf ihn und Rahel zustürmten.
»Nein! Wagt es nicht, sie –«
Das schreckliche Licht erlosch.
Der Mann und die Frau standen wie fremdartige Erscheinungen vor ihnen, und die Frau sagte: »Ihr macht es mir nicht leicht, für euch einzutreten! Ihr müsst bleiben, bis wir gegangen sind, dürft nicht wegrennen. Seid froh, dass er euch geschont hat. Er hätte euch ebenso gut...«
»Die Schonzeit ist vorbei!«, fällte der Mann neben ihr unerbittlich sein Urteil. »Du siehst nun selbst, dass sie keine Schonung verdienen. Sie haben
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