BAD BLOOD - Gesamtausgabe: Die Saga vom Ende der Zeiten (über 3000 Buchseiten!) (German Edition)
Nicht, um Widerspruch zu bekunden, sondern um dem eigenen Unverständnis Ausdruck zu verleihen. »Wir wissen nicht, was geschehen ist. Aber es ist furchtbar. Es hat den Anschein, als hätte nicht der Mond, sondern etwas anderes Macht über sie gewonnen...«
»Du hast einen Verdacht?«
»Nein... nein!«
Hidden Mond wandte den Blick vom Tal, aus dem sie geflohen waren, und widmete seine Aufmerksamkeit dem Aboriginal, dessen Lider zu flattern begonnen hatten.
Die Drehung des Kopfes erinnerte Hidden Moon schmerzhaft an Chiyodas Angriff. Die Wunde im Nacken, im
Flaum
, war noch nicht verheilt.
Seltsam genug. Denn normalerweise erholte sich sein vampirischer Körper bedeutend rascher von Verletzungen, gleich welcher Art. Normalerweise. Aber jetzt war ohnehin nichts mehr »normal«.
Aus der Traumzeitebene heraus hatte Esben Storm erst vor Stunden versucht, sich ein Bild von dem über Nacht schneeweiß ergrauten Gefiederflaum zu machen, der die Verbundenheit der Arapaho-Vampire mit ihren Totemtieren, den Adlern, dokumentierte. Das Mal, ein schmaler Streifen Gefieder, meist versteckt unter dem langen Haupthaar, hatte sich in Jahrhunderten auf ihrer Haut gebildet und war nicht mehr wegzudenken.
Kein Arapaho-Vampir hatte das auch je gewollt.
Bis heute,
dachte Hidden Moon. Denn er wünschte es weg. Es war nicht mehr, was es lange schien. Nicht mehr... harmlos, wie seine veränderte Farbe es vorgaukelte!
Und letztlich schien auch Chiyoda diese Erfahrung gemacht zu haben. In dem Moment nämlich, als sich seine wölfischen Klauen hineinbohrten, hatte ihn eine unsichtbare Titanenfaust getroffen und von Hidden Moon zurückgeschleudert!
Seither fragte sich der Arapaho, was der Werwolf
empfunden
haben mochte. Und empfand selbst Abscheu vor dem »Ding« in seinem Nacken. Es gehörte nicht mehr zu ihm. Wie eine bösartige Wucherung haftete es in seinem Nacken, und wenn Esben Storms Analyse stimmte, dann wuchs es weit in seinen Körper hinein – bis in sein Gehirn!
Um Fassung ringend, hörte er Makootemane sagen: »Sie wenden sich ab! Offenbar haben sie es sich anders überlegt. Wir sind ihnen doch nicht wichtig genug...«
Zweifellos meinte er die in Bestien verwandelten Schüler Chiyodas – und Chiyoda selbst.
Leise stöhnend erlangte Esben Storm sein Bewusstsein zurück. Beinahe schneller als die beiden Vampire streifte er seine Verwirrung ab.
»Habt
ihr
mich hier herauf geschleppt?«
Die beiden Arapaho bejahten. Wie Alt und Jung standen sie da, als läge eine Generation zwischen ihnen – dabei trennten sie real nur ein paar Jahre. Die Kämpfe und Entbehrungen, die Makootemane seit seiner Taufe auf sich genommen hatte, waren schuld an dessen Vergreisung, nichts anderes. Besonders der bislang letzte Kampf, den er gegen den Purpurdrachen, das Sinnbild der Seuche ausgefochten hatte, die für das weltweite Sterben der Vampirsippen verantwortlich war!
Auch die unsterblichen Arapaho hatte der »Atem Manitous« verschlingen wollen, obwohl sie doch vor langer Zeit schon dem Bösen entsagt hatten. Nur Makootemanes persönlichem Einsatz und Siegeswillen war es zu verdanken, dass die Seuche letztlich ihre verderbliche Kraft doch nicht über seinem Stamm hatte entladen können...
»Warum bist du nicht auf deine Traumpfade geflüchtet?«, befragte Hidden Moon den Aboriginal, der nicht ganz so alt wirkte wie Makootemane, aber ähnlich abgeklärt.
»Ich wurde überrascht von der Entwicklung. Ein Heulen hat mich aus dem Haus gelockt, und bevor mir klar wurde, was geschehen war, griff mich diese Werwölfin an. Ich verlor das Bewusstsein. Wie es weiterging...«
»Sie wollte dich töten.«
»Das habe ich mir gedacht.«
»Nichts zu danken, wir haben es gern getan.«
Die Ironie von Hidden Moons Worten perlte an Esben Storm ab wie Regen an einem Wachstuch. Der nur mit einem Lendenschurz bekleidete Aboriginal erhob sich und trat an den Rand der Hügelkuppe, auf die sie sich gerettet hatten. Die Augen von der flachen Hand gegen die bereits tieferstehende Sonne beschirmt, spähte er ins Tal.
»Sie verlassen das Kloster.«
Hidden Moon und Makootemane folgten seinem Blick.
»Der Fluch ist offenbar doch unabänderlich«, sagte der athletische Arapaho, der wie dreißig, nicht wie dreihundert aussah. Er benetzte seine Lippen mit der Zunge und machte ein Gesicht, als kommentierte er nicht nur eine Schlappe, die andere erlitten hatten, sondern auch eine persönliche Niederlage.
Makootemane deutete seine Haltung richtig. »Dass sie
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