BAD BLOOD - Gesamtausgabe: Die Saga vom Ende der Zeiten (über 3000 Buchseiten!) (German Edition)
das flimmernde Meer der Sterne war verschwunden und die Nacht dunkler als jede zuvor.
Nur dort drüben – die Entfernung war in der Lichtlosigkeit nicht mehr zu schätzen – glommen zwei blutrote Punkte. In Augenhöhe. Und sie erloschen immer dann für einen flüchtigen Moment, wenn der Fremde dort die Lider schloss.
Aber nicht er war es, der Leann den größten Schrecken einjagte...
»Hast du das gehört?«, stieß sie hervor.
Emerson schloss seine Arme um sie, aber die Geste vermochte Leann nicht im mindesten zu beruhigen. Sein Nicken spürte sie nur.
Als das Geräusch aus dem Dunkeln sich wiederholte, drängte sie sich noch fester an ihren Mann. Über die Schulter hinweg versuchte sie die Finsternis mit Blicken zu durchdringen. Erfolglos...
»Was ist das?«, flüsterte sie. Zitterte sie, oder war es Emerson, dessen Zittern sich auf sie übertrug?
»Ich weiß es nicht«, brachte er mühsam hervor. Seine Stimme klang fast so heiser wie dieses drohende Knurren aus dem Dunkel.
»Hört sich an wie... ein Tier«, meinte sie, und ihre Phantasie erschuf ein Schreckensbild –
– das im nächsten Moment schon von der Wirklichkeit weit übertroffen wurde!
Unten in der Stadt, etwa zur selben Zeit
»Soll ich...?« Yassir sog scharf die Luft ein. Sein Daumen schwebte über dem Knopf des Senders, den er mit schweißnasser Hand umklammert hielt und der nicht größer als eine Zigarettenschachtel war.
»Nein, warte!«, Omar, der mit in dem Versteck auf der gegenüberliegenden Straßenseite kauerte, war selbst ruhig und gefasst, spürte aber deutlich die Nervosität seines Komplizen. »Noch ist nichts verloren. Die Parkgenehmigung an der Windschutzscheibe ist mit echtem Stempel versehen und von den Behörden abgesegnet. Hat 'ne hübsche Stange gekostet, dafür ist es jetzt aber hieb- und stichfest. Wenn sie das kapieren, haben wir nichts zu befürchten. – Aber wenn
du
meinst, dass du mit der Situation nicht fertig wirst, gib den Zünder lieber mir, bevor du noch alles vermasselst!«
Yassir schnaufte gereizt, als Omar die Hand ausstreckte. »Wer sagt, dass ich nicht damit fertig werde, he? Kümmer dich um dich, mach dir um mich keine Gedanken – sag mir nur, wenn du etwas siehst, was ich nicht sehen
kann
!«
Omar lachte leise in sich hinein. Er erweckte den Anschein, als wäre dies alles ein großer Spaß für ihn. Dabei sollte es blutiger Ernst werden. Morgen früh – nicht schon heute Nacht!
Während Yassir sich weiter mit dem Teil des Geschehens begnügte, das die Straßenbeleuchtung aus der Dunkelheit riss, überblickte Omar das Geschehen mit einem Nachtsichtgerät, das er mit einer Hand gegen die Augen gepresst hielt. Beide Palästinenser wussten: Falls die Lage sie zwang, den Sprengstoff vorzeitig zu zünden, würden auch sie den Anschlag nicht überleben – ganz zu schweigen von den israelischen Soldaten, die den Lastwagen gerade misstrauisch inspizierten.
Erst vor wenigen Minuten war die fünfköpfige Patrouille aus der Yosef Davidson-Allee in die vor dem Museum verlaufende Avraham Granot-Straße eingebogen und dann schnurgerade auf den in Eingangsnähe geparkten Lkw zugestiefelt.
Yassir und Omar hatten ihn am frühen Abend dort abgestellt und sich unauffällig in ein nahegelegenes Dickicht zurückgezogen. Funkkontakt zum Hauptquartier der Untergrundzelle unterhielten sie nicht. Das Unternehmen verzichtete auf alles, was das geplante Attentat unnötig hätte gefährden können. Aber nicht alle Eventualitäten
waren
zu beeinflussen.
Diese schwerbewaffnete Streife beispielsweise nicht...
»Einer von ihnen«, spöttelte Omar, als wäre dies alles nur ein Film, in dem sie nicht wirklich ihr Leben riskierten, »kratzt sich ständig am Sack. Vielleicht hat er Läuse...
bestimmt
hat er Läuse! Diese eingebildeten Ärsche waschen sich so gut wie nie, das weiß doch jeder...«
Yassir erwiderte nichts. Er konnte noch nicht einmal über Omars Bemerkungen grinsen. Ihm war es todernst. Und er hatte Schiss, selbst draufzugehen. Den Laster hierher zu fahren und im Auge zu behalten, bis das Museum, das seinen Besuchern die Geschichte des Staates Israel in teilweise unerträglichem Pathos nahebrachte, seine Pforten wie an jedem Tag der Woche öffnete – das war eingeplant gewesen. Und damit hatte er auch fertig zu werden geglaubt.
Aber die im Wagen versteckte Tonne TNT vielleicht
vorzeitig
zur Detonation bringen zu müssen, schien ihm nun, da diese Möglichkeit Konturen gewann, ein zu hoher Preis, um
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