BAD BLOOD - Gesamtausgabe: Die Saga vom Ende der Zeiten (über 3000 Buchseiten!) (German Edition)
empor.
Ekel. Weniger vor dem, was Sardon mit sich getan hatte, sondern vielmehr vor sich selbst.
Nun, da sie sich ihr Begehren selbst eingestanden hatte, zerbrach auch ihr Stolz. Sardon hatte sie gezähmt wie eine Katze, ihren Willen gebrochen und sie ihrer Freiheit beraubt.
Konnte es eine größere Demütigung für sie geben?
Vampire.
Ihnen galt Raphael Baldaccis fürchterlichster Hass. Allein der Gedanke an sie erweckte schon Kräfte in ihm, die ihn allem überlegen machen mussten, was sich ihm nur in den Weg stellte. Und den Vampiren zu begegnen entfesselte diese Kraft, deren Quelle Hass war. Ein Hass, der jeden anderen Menschen an den Rand des Wahnsinns und womöglich darüber hinweg treiben musste.
Jeden
anderen
Menschen...
Raphael lachte bitter auf.
Jeden
normalen
Menschen – das traf es wohl eher.
Vielleicht – nein, bestimmt sogar aus diesem Grund hatte Salvat dafür gesorgt, dass er sich an nichts erinnerte, was geschehen war, bevor er ihn in den Orden geholt hatte. Um zu verhindern, dass Raphael selbst Opfer dieses Hasses wurde. Dass er sich in ihm verlor, bis es kein Entrinnen mehr gab. Salvat und die anderen hatten ihn gelehrt, jene Kraft in andere Bahnen zu lenken, anders zu nutzen, sinnvoller.
Sinnvoller...
Wieder lächelte der junge Mann, nicht bitter diesmal, sondern traurig; und ein kleines bisschen wütend.
In
ihrem
Sinne. Im Sinne der Illuminati.
Sie, Salvat und die anderen, hatten ihm als Gegenleistung dafür nichts anderes genommen als sein Leben. Sein früheres Leben. Die Erinnerung daran und alles, was ihm wert und lieb gewesen war.
Aber – wäre sein Weg ein anderer gewesen, wenn sich an jenem Punkt, in jener Nacht nicht alles geändert hätte? Wäre er nicht früher oder später darauf gestoßen, wenn auch auf andere und vielleicht nicht einmal weniger grauenvolle Weise? Wäre ihm sein Weg nicht
vorbestimmt
gewesen, von Geburt wegen? War es nicht seine Pflicht, in die Spuren jenes Mannes zu treten, der sich ihm in jener Nacht als sein Vater zu erkennen gegeben hatte? Fragen über Fragen, und Raphael fand nicht eine einzige Antwort.
Weil sie ohnehin nicht von Interesse waren. Nicht mehr.
Die Welt war eine andere geworden. Eine, in der sein Hass am rechten Platz war. Auch wenn er mit all seiner Kraft nicht wirklich etwas unternehmen konnte gegen das, was geschehen war.
Gegen die Herrschaft der Vampire.
Sie regierten die Welt, hatten die Menschheit vollends unterjocht. Hätte Salvat es ihm nicht verwehrt, hätte er Raphael seinen Hass auf die Blutsauger ausleben lassen – vielleicht wäre alles anders gekommen. Vielleicht hätte er sein Leben dabei verloren, doch was zählte seines, wenn es die Menschheit gerettet hätte?
Eine weitere Frage, auf die Raphael sich die Antwort schuldig blieb. Er war sich nur ziemlich sicher, dass sie nichts damit zu tun hatte, dass Salvat seinen Sohn nicht ins Verderben laufen lassen wollte. Denn die Bande der Illuminati waren gewiss stärker als jede Blutsverwandtschaft.
Raphael Baldacci schritt durch Schwärze. Der Boden zu seinen Füßen war schwarz, und alles ringsum ihn her war schwarz.
Vieles davon rührte von den Feuern her, mit denen die Menschen sich gegen die Vampire gewehrt hatten. Doch ein Teil der Schwärze mochte etwas anderes sein – war es sogar ganz bestimmt: das getrocknete Blut, das geflossen war im Krieg um die Welt. In einer
Schlacht
, die wie keine zuvor diese Bezeichnung verdient hatte...
Der Gesandte wusste nicht, woher er all dieses Wissen bezog. Es war in ihm, weil es Teil der Geschichte dieser Welt war, durch die er ging. Und er wusste es mit derselben Gewissheit, die ihm verriet, dass er kein Gesandter mehr war. Er war einer der letzten freien Menschen, der letzte der Illuminati vielleicht. Und er war der einzige, in dem genug Kraft war, sich den Vampiren mit Erfolg entgegenzustellen.
Es waren kleine Erfolge, die seinen Weg durch diese Welt säumten. Aber sie summierten sich. Und vielleicht krönte er sie heute Nacht durch einen großen Sieg.
Baldacci blieb stehen, als er sein Ziel am Horizont gewahrte. Dunkle Buckel erhoben sich dort, flackernde Helligkeit tanzte dazwischen.
Und über allem thronte die Silhouette einer gewaltigen Fledermaus.
Der junge Mann lief weiter, der Stadt der Vampire zu. Um den Mächtigsten der Alten Rasse zu stürzen.
Und zu töten.
Raphael Baldacci wurde zu einem Schatten unter Kreaturen, die keine Schatten warfen.
Ein Phänomen, das kaum auffiel, wenn man einem
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