BAD BLOOD - Gesamtausgabe: Die Saga vom Ende der Zeiten (über 3000 Buchseiten!) (German Edition)
Kopf zu wenden.
»Du musst den Kodex nicht brechen«, erklärte Sardon.
Nun sah Gerome doch in Richtung des Kelchjägers, ohne indes seinen Griff auch nur um eine Winzigkeit zu lockern.
Sardon wies mit dem Kinn auf den Sumpf.
»Lass ihn
ewig
sterben«, sagte er.
Gemeinsam zerrten sie Guillaume auf die Beine – und stießen ihn in die zähe Brühe, die wie ein gefräßiger Moloch augenblicklich begann, ihr Opfer zu verschlingen. Stück um Stück sank der abtrünnige Vampir hinab. Schweigend, bis der Morast seine Unterlippe erreicht hatte.
»Verflucht seid ihr!«, stieß er funkelnden Blickes hervor. »Irgendwann, Gerome, wirst du dafür büßen...«
Brauner Schlamm erstickte seine weiteren Worte. Eine Minute später schloss er sich über der Stelle, an der Guillaumes dunkler Schopf verschwunden war.
»Ruhe in ewiger Qual, du Narr«, sagte Sardon, die Hände wie ein Mensch zum Gebet gefaltet.
Dann wandte er sich um, schwang sich in den Sattel und verließ Louisiana, ohne ein weiteres Wort zu verlieren.
Eine ungleich wichtigere Aufgabe harrte seiner.
Seit 136 Jahren.
»
Doch jene, die in dieser Nacht in die Sümpfe getrieben worden waren...«, kam Zefrem allmählich zum Ende...
... waren nicht des Todes. Denn der Tod hielt sie längst in seinen Fängen. Zu sterben war ihnen nicht vergönnt, nicht auf diese Weise jedenfalls. Und so waren sie zum Leben verflucht.
Denn ihre Häscher hatten ihnen, unbewusst, in die Tiefe mitgegeben, was sie am Leben hielt.
Blut.
In reichlichem Maße floss es in den Leibern jener, die noch nicht vom Keim befallen waren. Und der Sumpf konservierte ihre Körper, ließ nicht zu, dass sie zu Staub zerfielen und mit ihnen das belebende Elixier der Untoten.
Seltsame Dinge nahmen ihren Lauf in den Tiefen.
Blut strömte auf unergründlichen Wegen hin zu jenen, die danach verlangten, obwohl sie sich dem unheiligen Trunk lieber verweigert hätten, um zwar qualvoll, aber immerhin doch endlich krepieren zu dürfen.
Doch etwas ließ nicht zu, dass es dazu kam.
Jemandes Macht.
Jemand, der seine Dienerarmee bereithielt für eine Zeit, die irgendwann kommen musste...
»... für die Zeit seiner Rückkehr«, schloss Zefrem.
Schweigen füllte die Hütte in den Sümpfen, stieg wie eine feste Substanz darin an und legte sich schwer zwischen den Alten und den Jungen.
Irgendwann, nach fast atemlosen Minuten, brach Levar die Stille.
»Woher kennst du all diese Geschichten?«, fragte er den Alten, dessen zerfurchtes Gesicht von barmherzigem Dunkel den Blicken des Knaben nahezu entzogen wurde.
Zefrems Lächeln konnte Levar nur erahnen.
»Du weißt es längst«, kam flüsternd die Antwort.
Der Junge sandte ein Lächeln zurück in das Halbdunkel.
»Agamemnons wahrer Name ist...«, sagte er, das Ende bewusst offenlassend und doch aussprechend, als stummen Gedanken.
Zefrem nickte.
»So ist es. Und seit weit über hundert Jahren sitze ich hier und halte stumme Zwiesprache mit meinem Herrn in der Tiefe. Zeit genug, um sich so manches zusammenzureimen.« Er richtete sich in seinem Stuhl auf. »Nun zahle den Preis für die Nacht der Geschichten, mein kleiner Freund.«
Levar nickte, beugte den Kopf zurück, dass sich die dunkle Haut über seiner Kehle spannte – und Zefrem seine fast fingerlangen Augzähne hineintreiben konnte.
Eine halbe Minute lang waren das Schmatzen und Schlürfen eines uralten Mannes die einzigen Geräusche. Levar hielt still, ohne einen Laut von sich zu geben. Es tat nicht weh. Nicht wirklich und vor allem – nicht
mehr
...
»Das genügt«, sagte Zefrem, als er sich wieder in die dunkelsten Schatten zurückzog. »Ich danke dir.«
Der Junge nickte nur, während er mit den Fingern über die Bissmale fuhr, die schon jetzt von verkrustetem Blut verschlossen waren.
»Du wolltest mir ebenfalls etwas erzählen«, erinnerte Zefrem seinen kleinen Besucher.
»Ach ja!«, sagte Levar. Im Bann von Zefrems Geschichten vergaß er auszuschließendes wieder die Welt und alles andere.
»Nun?«
»In der Gegend hier«, begann Levar geheimnisvoll und wichtig in einem, »wollen Petroleum- und Chemiekonzerne neue Werke bauen. Dazu werden sie...«
Er setzte eine dramaturgische Pause, lächelte unergründlich.
»... die Sümpfe trockenlegen«, beendete er den Satz schließlich.
»Wann?«, entfuhr es Zefrem.
»Sie haben schon damit begonnen«, erklärte der Junge.
Zefrem schwieg, fast eine Minute lang. Eine Minute, in der seine dunklen Augen auf eine Weise zu funkeln
Weitere Kostenlose Bücher