BAD BLOOD - Gesamtausgabe: Die Saga vom Ende der Zeiten (über 3000 Buchseiten!) (German Edition)
bernsteinfarbener Schleim zu Boden, wo es sich nicht zu einer Lache sammelte, sondern vom Holz wieder aufgesogen wurde.
Heaven schauderte. Nicht nur des grotesken Anblicks wegen. Sondern weil
etwas
von dem grässlich veränderten Pfahl ausging. Wie eine Wolke, stinkend und angstbringend, und mit jedem Atemzug nahm Heaven etwas davon in sich auf. Etwas, das ihr Blut kalt werden ließ und ihr Herz mit Frost umhüllte.
Mit jedem Schritt, den sie näher an den Pfahl herangeführt wurde, wuchs dieses Gefühl. Bis ihr nur noch ein Begriff dafür einfiel.
In dem Pfahl steckte das Böse!
Und wer mit dem harzigen Holz in Berührung kam, auf den musste es unweigerlich nicht nur übergehen – er musste davon regelrecht besessen werden!
Wie die drei Vampirinnen?
Heaven zweifelte nicht daran. Ebenso wenig wie sie daran zweifelte zu wissen, was die Blutsaugerinnen mit ihr vorhatten.
»Bindet sie fest«, befahl Chelana und bestätigte damit Heavens furchtbare Ahnung.
Noch ehe Heaven etwas dagegen sagen oder geschweige denn tun konnte, wirbelten Metseeh und Pacahee sie herum und drängten sie gegen den Pfahl! Blitzschnell legten sie der Halbvampirin Fesseln an.
Heaven schrie auf – vor Schreck und weil sie spürte, wie tausend eisige Nadeln in ihren Rücken stachen. Ihre Haut klebte förmlich an der harzigen Substanz fest, und der Eindruck, etwas Eiskaltes würde in sie fließen, verstärkte sie noch –
– als sie plötzlich nackt war!
Der Symbiont – er wollte fliehen! Wie schwarzer Teer floss er an ihrem Körper hinab. Doch auch er entkam nicht.
Der Pfahl begann heftiger zu »bluten«, als würde etwas das Harz mit Hochdruck herauspressen.
Heaven spürte die klebrige Kälte über sich rinnen, und auch den Symbionten erwischte die Substanz, bannte ihn, nahm ihm erst seine Beweglichkeit und dann den Willen zur Flucht – und zu jeder anderen Regung.
Wie auch seiner Herrin...
Die Adler kehrten heim.
Die Nacht hatte den Tag beinahe vom Himmel verdrängt. Nur einen Streifen blutigen Rots ließ sie ihm noch im Westen über den Bergen, um Abschied zu nehmen.
Aus diesem »Blut« tauchten sie auf. Drei Scherenschnitten gleich zeichneten sich ihre Silhouetten ab, doch nur eine vermochte jene Majestät zu entfalten, die jeder Mensch empfand, der eines fliegenden Adlers ansichtig wurde.
Hidden Moon flog mit spürbar kraftvollen Schwingenschlägen voraus, während Makootemane und das Totemtier des Stammes wie in seinem Windschatten folgten, als müssten sie jede noch so geringe Möglichkeit ergreifen, Kräfte zu sparen. Sie rührten die Schwingen kaum, nutzten jeden Schlag bis zur Neige aus.
Als die Nacht auch jenes letzte Stück des Himmels eroberte, landeten die Adler im Dorf. Vater und Sohn streiften ihr Federkleid ab und wuchsen zu menschlicher Gestalt – seinem wahren Alter entsprechend gebrechlich der eine, kräftig und stolz der andere.
Schweigend wurden sie empfangen.
»Begleitet Makootemane in sein Tipi«, ordnete Wyando an.
Zwei Arapaho traten vor, nahmen den uralten Stammeshäuptling in ihre Mitte und geleiteten ihn aus der Dorfmitte.
Wyando wandte sich wortlos ab und ging schnellen Schrittes auf jenes Tipi zu, in dem er die Gefangene wusste.
An Händen und Füßen gefesselt fand er sie vor. Chelana, Metseeh und Pacahee saßen um sie herum, ihre Blicke starr auf Heaven gerichtet, als könnten sie sie damit bannen.
Mit einer knappen Handbewegung wies Wyando seine Schwestern aus dem Zelt. Sie gehorchten, ohne ein Wort zu verlieren. Als er mit Heaven allein war, ließ er sich ihr gegenüber in die Hocke sinken.
»Makootemane ist zurück«, sagte er ruhig. »Er wird darüber entscheiden, was mit dir geschehen soll.«
»Ich soll für etwas bestraft werden, das ich nicht getan habe«, erwiderte Heaven leise. Und dann, nach einer kurzen Pause: »Glaubst du denn, ich wäre schuld am Tode Lololmas?«
Wyando antwortete nicht, doch sein Schweigen war von jener Art, die mehr als jedes Wort zu sagen vermochte. Tief in sich war er überzeugt, dass Heaven nichts mit alledem zu tun hatte. Dennoch – es gab Dinge, denen sich ein jeder ihres Stammes unterzuordnen und Folge zu leisten hatte. Und diese Angelegenheit gehörte dazu. Davon durfte auch er sich nicht ausnehmen. Und er wollte es auch nicht. Makootemane würde ein gerechtes Urteil fällen, dessen war Wyando sich gewiss.
Er griff nach Heavens Arm.
»Komm, ich helfe dir auf«, sagte er.
»Binde mich los«, sagte Heaven. »Es ist so – unwürdig.
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