BAD BLOOD - Gesamtausgabe: Die Saga vom Ende der Zeiten (über 3000 Buchseiten!) (German Edition)
des Kelchs.
Leere?
Etwas war da noch... kam im selben Moment, da er selbst sich in das Unheiligtum vertiefte.
Ein Zufall? Vielleicht.
In jedem Fall erkannte Sardon –
– dass es noch nicht vorbei war!
Denn etwas geschah. Etwas, das ein neuer Anfang sein mochte.
In...
... Italien, Rom
Der Palazzo Gianicolo hatte sich geleert. Die Gäste hatten das Fest verlassen, weil sie sich plötzlich müde gefühlt hatten, sehr müde. Als hätte ihnen etwas Kraft entzogen. Nicht viel; nur gerade genug, um sich zutiefst erschöpft zu fühlen.
Gabriel hatte sich beherrscht. Der Tod so vieler Menschen hätte zum einen Aufsehen erregt. Und dazu war es noch zu früh. Zum anderen reichte seine Koordination noch nicht aus, um aus so vielen Quellen zugleich zu schöpfen. Deshalb hatte er sich auf die eine konzentriert, derentwegen er die Stadt am Tiber aufgesucht hatte.
Stumm standen sie einander gegenüber, der Vampir und das Kind.
»Nun gut«, sagte Tinto schließlich. Nicht, weil er das mit Blicken geführte Duell verloren hatte, sondern weil er die Situation als lächerlich empfand. Wer war das verdammte Balg, das sich anmaßte, seine Kreise zu stören? Aber er wollte noch wissen, wie der Knabe auf die selbstmörderische Idee verfallen war – bevor er ihn zur Rechenschaft zog...
»Wer bist du?«, fragte der Vampir.
Gabriel lächelte.
»Dein Tod?«, erwiderte er dann, leichthin und in einem Ton, als spräche er übers Wetter.
Tinto lachte – oder vielmehr: er
wollte
es tun. Doch die Bewegung seiner Lippen gefror zur Grimasse; das Lachen selbst mutierte zu einem stacheligen Kloß, der sich schmerzhaft in seiner Kehle verhakte. Etwas in der Stimme des Jungen – etwas, das nicht wirklich zu hören war, aber unleugbar da war – rührte eine Saite tief in Tinto an. Etwas, das er längst vergessen hatte – die Fähigkeit, Angst zu empfinden.
Oh, er wusste durchaus, wie es war, Furcht zu haben. Oder hatte es zumindest einmal gewusst. Denn in Rom war die Angst lange Zeit ein steter Begleiter der Alten Rasse gewesen. Schließlich hatte die hiesige Sippe in unmittelbarer Nachbarschaft zu den höchsten irdischen Vertretern der verhassten Macht gelebt. Und die giftige Aura des Petersdoms hatte ihnen lange Zeit das unheilige Leben erschwert.
Bis sie sich mit jenen Statthaltern des christlichen Glaubens arrangiert hatten. Schließlich waren sie allem Statusgehabe zum Trotz letztlich doch nur Menschen... Die stille Übereinkunft, einander zu dulden, hatte bislang noch jeden Wechsel an der Spitze des Vatikans überdauert. Wenn der weiße Rauch neben dem Petersdom aus dem unscheinbaren Kamin aufgestiegen war und von der Wahl eines neuen Papstes gekündet hatte, hatte meist ein kurzer Besuch genügt, um das »Bündnis« zu festigen...
»Was hat das zu bedeuten?«, fragte der Vampir endlich, nachdem er den Kloß im Hals mühsam hinab gewürgt hatte.
»Wie ich es sage«, antwortete der Junge mit stillem Lächeln. »Ich bin gekommen, um dich zu töten. Doch fürchte dich nicht – du stirbst nicht umsonst.«
»Das reicht!«, Tinto fuhr auf, ehe das Etwas aus ihm zurückkehren und ihn in seinem Handeln beeinträchtigen konnte. Zornfunkelnden Blickes und schnaubend wollte er sich auf das vermessene Bürschlein stürzen.
Bevor seine Hände ihn packen konnten, hob der Junge die Hand. Und was nicht sein konnte, geschah.
Die Bewegung gebot dem Vampir Einhalt, ließ ihn innehalten, als wäre er gegen eine unsichtbare Wand angerannt.
»Was...?«, entfuhr es ihm.
Der Knabe lächelte ungerührt. »Bitte.« Er wies die marmorne Treppe hinauf und ging.
Tinto folgte ihm nach wie ein Schatten.
Das Kind lag auf dem breiten Bett, von dem die Tote längst fortgeschafft worden war.
Neben ihm ruhte Tinto. Mit geschlossenen Augen, schlafend und träumend. Doch er war nicht allein in seinen Träumen. Ein widderköpfiges Wesen war bei ihm.
Genussvoll beobachtete Gabriel, wie die Züge des Vampirs zusehends verfielen. Die Linien in seinem Gesicht wurden zu Falten und schließlich zu Furchen, die wie mit dem Messer in die pergamenten werdende Haut hinein geritzt aussahen. Das Zucken der Augäpfel hinter den geschlossenen Lidern wurde schwächer, schließlich sanken die dünnen Häute ein, als der Ausdörrungsprozess auch auf die Augen übergriff.
Der Junge spürte, wie die Energie aus dem Körper an seiner Seite rann und in seinen eigenen floss.
Und vielfach schneller, als menschliche Kraft es tat, rührte sie »Dinge« in ihm
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