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Bad Hair Years

Bad Hair Years

Titel: Bad Hair Years Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: M Kink
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ohne einen nervösen Tick zu entwickeln. Wer wie ich allen Ernstes schon lila Haremshosen mit gleichfarbigem Lidschatten trug, dem entlocken die meisten Mode-Revivals nur mehr ein müdes Lächeln. Ich glaubte mich daher immun gegen die modische Wiederkehr der Achtzigerjahre und fiel dann trotzdem drauf rein. Na und? Man mutiert nicht gleich zum Fashion Victim, nur weil man kurz mal »hoppla, Leggings« denkt. Man wird übrigens auch nicht gleich zur Stil-Ikone, nur weil man H&M mit Vintage kombiniert. Hat man Spaß an Klamotten, dann ist es ganz normal, wenn man ob des ein oder anderen Déjà-vu kurz mal ins Trudeln gerät. Diejenige, die 1989 nicht wie ein Quarterback aussah, werfe bitte den ersten Strassohrring. Die Achtziger hatten durchaus ihr Gutes, und ich denke dabei nicht nur an die Beastie Boys. Einige der XL-Shirts aus dieser Zeit würden heute hervorragende Dienste über so manchen Hüften in Hüftjeans leisten. Ist doch wahr, sind Spiegel ausverkauft? Lange dachte ich, es sei eine Frage des Alters. Sieht man die Fünfunddreißig erst mal im Rückspiegel, wird die Sache mit dem flachen Bauch zäh, niemand versteht das besser als ich. Trotzdem gilt: fashion follows figure. Ein kurzer Check auf der Straße belehrt mich zwar eines Besseren, das ist aber noch lange kein Grund, das Ganze auch noch an die frische Luft zu lassen und mit einem breiten Gürtel zu betonen. Kann mich jemand hören?
    Vielleicht sind die Mädchen von heute selbstbewusster als wir damals. Ich wünsche es ihnen, von ganzem Herzen. Meine Generation, also die dicken unter uns, träumte zwar von Levis, hätte aber niemals den Mut aufgebracht, damit auf dem Schulhof zu erscheinen. Nie werde ich Einkaufstouren auf der Suche nach einer Jeans für mein vierzehnjähriges Ich vergessen. Ich weiß nicht, wie meine Mutter das ertragen konnte, Ärzte verbieten ihr seit jeher jeglichen Alkohol. Es kam einer Katastrophe gleich, deren Tränenmeer nur von der Tatsache übertroffen wurde, dass der Schorschi immer nur die Evi auf dem Mofa mitnahm. Stretch hätte alles wesentlich erleichtert, aber so weit dachten die Designer zu der Zeit noch nicht. Damals hätte ich für eine Stretchjeans ohne mit der Wimper zu zucken gemordet, heute lasse ich solche Exemplare mit spitzen Fingern auf den Boutiqueboden fallen. Eine Jeans muss hundert Prozent Baumwolle sein, mit jedem Tragen soll sie weiter und weicher werden, bis sie irgendwann ohne Gürtel nicht mehr hält, dann muss sie in die Waschmaschine. Selten wird sie vorher zu dreckig, man wälzt sich ja auch nur noch manchmal auf dem Spielplatz im Schlamm herum. Eine Stretchjeans tut nichts dergleichen. Sie ist zu jung und hat nie gelernt, wie man sich als ehrliche Denimhaut zu verhalten hat. Stretch schmiegt sich bei jedem Körperumfang bequem an Hüften und Hintern, ein Bananen-Schoko-Muffin geht da allerweil noch. In der Beziehung verhält sie sich wie ihr bester Kumpel, die Jogginghose. Hinterhältige Biester.
    Mich kümmerte es relativ lange nicht, wie ich aussah. Kaum zu glauben. Sehe ich heute Kinderfotos, trug ich klaglos gelbe Strickstrumpfhosen, und es schien mir egal, ob das zum Topfhaarschnitt passte. Meine erste Erinnerung an Trendbewusstsein oder eben Herdentum ist, dass ich mit Gewalt einen Scout-Schulranzen durchsetzen musste. Das war, als ich aufs Gymnasium kam und der Beginn einer langen beschwerlichen Reise auf dem Weg zum modischen Selbst. Nicht nur war ich dick, ich stamme zudem aus einem überhaupt nicht reichen Elternhaus, konnte mir meine Zugehörigkeit also nicht erkaufen, wollte aber auch bei den coolen Kindern rumstehen. So traten die Zigaretten in mein Leben. Damals war Rauchen ein Eintrittsticket, heute bin ich alt genug und muss nicht mehr cool sein, weiß aber nicht, wie ich aufhören soll. Den Einfallsreichtum, den diese Ausgangsbasis mit sich bringt, lernte ich leider erst später zu schätzen. Das Glück war mir hold. Als ich, notgedrungen ob meiner Mitschüler, anfing, mir Gedanken über Gewand zu machen, kam Madonna an die Macht. Ich konnte also alles anziehen, solange dabei irgendwo weiße oder schwarze Spitze hervorlugte und mein Taschengeld für einen Kajalstift reichte. Die Popstars meiner Pubertät meinten es gut, etwas später kamen die Bangles, und auch dieser Look ließ sich einfach und billig herstellen. Ich musste nur den Kragen vom Sweatshirt großzügig ausschneiden, Ohrringe so groß wie Hula-Hoop-Reifen tragen und dafür sorgen, dass zu jeder Zeit eine nackte

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