Bad Monkeys
noch rauszustarren . Aber Ogilvy bot uns keine Drogen an, bloß bequeme Sessel und Tee. Dann kam er zum Geschäftlichen: »Ich nehme an, Sie sind an einem unserer Lebensverlängerungs-Programme interessiert.«
Ich muss so ausgesehen haben, als würde ich gleich einen Witz reißen, denn Wise legte mir die Hand auf den Arm, bevor er »Ja« antwortete.
»Und soll es für Sie beide sein oder …?«
»Weder noch«, sagte Wise.
»Weder noch.« Ogilvys Augenbrauen hoben und senkten sich ein paarmal. »Ist es dann also ein Geschenk? Wir haben durchaus Geschenkpakete, es kommt tatsächlich recht häufig vor, oder, na ja, nicht direkt häufig, aber … Für den Freund, der schon alles hat, oder einen geschätzten Mitarbeiter, der kurz vor der Pensionierung steht …«
»Es ist für unseren Sohn.«
»Oh! Ah, ich verstehe. Ihr Sohn …?«
»Philip.«
»Ich verstehe. Und wie alt ist Philip?«
»Er ist zehn.«
»Und ist er … krank?«
»Er hatte einen Unfall. Er spielte draußen, und seine Schwester hätte eigentlich auf ihn aufpassen sollen, aber … Na ja, Sie wissen, wie Kinder sind. Sie wurde abgelenkt.«
»Ach, wie schrecklich.«
»Man kann ihr eigentlich keinen Vorwurf machen. Man hätte ihr die Verantwortung nicht übertragen dürfen. Wenn jemand schuld ist, dann meine Frau und ich.«
»O nein«, sagte Ogilvy. »Nein, das dürfen Sie nicht sagen! Solche Dinge passieren eben manchmal.«
»Wie auch immer, Phil liegt jetzt im Krankenhaus, auf der Intensivstation, und wir beten darum, dass er durchkommt, aber falls nicht … wollen wir gerüstet sein.«
»Natürlich. Natürlich.«
»Deswegen«, schloss Wise, »möchten wir uns hier in Ihrer Einrichtung umsehen und vielleicht mit einigen Mitarbeitern reden …«
»Natürlich! Es wird mir ein Vergnügen sein, Sie sofort herumzuführen! Lassen Sie uns –« Das Telefon klingelte, und Dr. Ogilvy zuckte zusammen. »Herrje! Es tut mir leid …« Er sah sich das blinkende Licht, das das Klingeln begleitete, jetzt genauer an. »Hm, Leitung drei, es tut mir leid, aber da sollte ich wirklich abnehmen … Hätten Sie etwas dagegen, wenn –«
»Kein Problem«, sagte ich und stand auf. »Wir warten draußen.«
Ich schleifte Wise praktisch aus dem Zimmer. Kaum war die Tür hinter uns zu, legte ich los: »Was zum Teufel sollte das eben?«
»Was sollte was eben?«
»Unser Sohn Phil? Der einen Unfall hatte? Während seine Schwester auf ihn aufpasste?«
Wise machte ein verständnisloses Gesicht. »Ich hab keine Ahnung, was Ihnen über die Leber gelaufen ist. Alles, was ich da drin gesagt habe, war Teil eines Skripts. Ich halte mich lediglich daran.«
»Was für ein Skript?«
»Das, was Kosten-Nutzen mir für diese Operation gegeben hat. Glauben Sie, ich denk mir so was aus dem Stegreif aus?«
» Wer bei Kosten-Nutzen –«
»So!«, sagte Dr. Ogilvy. »Alles bereit für die Besichtigung?«
Während wir den Korridor entlanggingen, fuhr ich fort, Wise mit Blicken zu ermorden. Ogilvy seinerseits – entweder weil er eine gewisse Spannung zwischen uns spürte oder weil es Teil seines üblichen Verkaufsgesprächs war – startete eine langatmige Erklärung des Firmennamens: »Er stammt aus Percy Shelleys Gedicht.«
» Ozymandias , der Könige König«, sagte Wise. »Schaut auf mein Werk, ihr Mächtigen, und verzagt!«
»Ja! Genau das. Und natürlich ist ›mein Werk‹ ironisch gemeint, denn, wie es im Gedicht weiter heißt, ist von diesem ›Werk‹, oder diesen Werken, nichts mehr übrig als die Inschrift, die sie rühmt. Was in Anbetracht dessen, was wir hier tun, wie eine recht zweifelhafte Anspielung erscheinen könnte. Aber sehen Sie, in Wirklichkeit liegt hier eine doppelte Ironie vor, denn wie sich zeigte, hatte sich Shelley den falschen König ausgesucht. Zu der Zeit, als er das Sonett schrieb, 1817, glaube ich, steckte die Ägyptologie noch in den Kinderschuhen, und dementsprechend war ein Pharao so unbekannt wie der andere. Heutzutage sieht die Sache allerdings ganz anders aus. Ozymandias – besser bekannt als Ramses der Große – ist nicht nur einer der berühmtesten Herrscher der Menschheitsgeschichte, wir wissen darüber hinaus auch, dass im Widerspruch zu dem, was Shelley schrieb, ein großer Teil seiner Werke durchaus überlebt hat.«
»Was ist also die Pointe?«, unterbrach ich ihn, da ich nicht einschlafen wollte, ehe ich die Chance gehabt hätte, Wise zu Ende auszuquetschen. »Nicht vorschnell urteilen?«
»Genau!«, sagte Dr. Ogilvy. »Genau.
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