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Bad Moon Rising

Bad Moon Rising

Titel: Bad Moon Rising Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Glen Duncan
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Vaseline. Geld. Einkauf. Wechselgeld. Schönen Tag noch. Ihnen auch. Alles ging einfach weiter. Natürlich tat es das. Kovatch rief zurück. Er würde »Zoë Demetriou« und ihrem halben Dutzend Falschnamen in vierundzwanzig Stunden Geburtsurkunden verschaffen und sie mit Übernachtkurier schicken. Fax geht nicht, die würden das Original sehen wollen, oder was sie dafür hielten. In zwei Tagen würden wir nach London fliegen können. Die Telefonnummer, die Cloquet von Vincent Merryn hatte, führte zu einem Anrufbeantworter bei V. M. Antiques and Fine Art in Bloomsbury, eine von einem Dutzend europäischer Niederlassungen, die Merryns Geschäftstarnung bildeten. Ich übte meine Nachricht – Mein Name sei Lauren Miller; ich hätte mehrere Objekte von größerem Wert, aber ich würde nur mit Mr Merryn persönlich verhandeln – und sprach sie aufs Band. Eine gewisse Althea Gordon rief vier Stunden später zurück. Alle potentiellen Neukunden müssten sich erst mit ihr treffen. Abhängig von ihrer Einschätzung (soll heißen, es konnte geklärt werden, dass man nicht undercover arbeitete oder ein Sonderling war), könne dann ein Treffen mit Mr Merryn arrangiert werden. Sei denn Mr Merryn in London? Ich würde nur für achtundvierzig Stunden in der Stadt sein. Ja, Mr Merryn sei in London, aber sie müsse sich wiederholen, jedes Treffen sei abhängig von ihrem usw.
    »Trink wenigstens das Wasser«, bat ich Cloquet. »Du brauchst Flüssigkeit.« Ich hatte seinen Verband gewechselt und ihm Essen aufs Zimmer bestellt (pochierter Lachs, Pommes frites, Tomatensuppe), weil er seit über vierundzwanzig Stunden nichts gegessen hatte, aber er hatte kaum etwas angerührt. Bizarrerweise bekam ich selbst Hunger. Vielleicht auch nicht bizarrerweise: Ich hatte ja nicht gefressen. Und was passierte dann? Lässt man eine Wolfsmahlzeit aus, und der menschliche Hunger kehrt nicht nach einer Woche zurück, sondern nach einem Tag? Ich versuchte ein Stück gebuttertes Brötchen vom Tablett. Nicht einfach so. Einen Augenblick nach dem Schlucken dachte ich, ich müsse mich übergeben. Auf tieferer Ebene aber sagte ich: Nein, iss weiter, wegen des Milchflusses. Ich nahm noch einen Bissen. Die Gespensterzähne des Ungeheuers beschwerten sich. Unterdrückte Wolfswut aus der anderen Dimension.
    »Wie geht es ihr?«
    »Sie schläft. Das solltest du auch tun.«
    »Sie ist besser angezogen.«
    Etwas früher war ich mit dem Baby draußen gewesen – mit Zoë; den Namen zu benutzen gab mir einen Stich übel machenden Verrats – eingewickelt in Decken und meine Jacke. Nun hatte sie Kleidung, noch mehr Windeln, eine Wiege und Bettzeug, eine Babyschale und sinnloserweise einen kleinen weichen, goldenen Teddybären. Im Kaufhaus war es heiß und grell gewesen, es hatte nach Teppichboden gerochen, und ich dachte an das Geld, das ich zur Verfügung hatte, an all die Dinge, die ich ihr geben konnte. Und ihrem Bruder. Wenn ich ihn zurückbekam. Nur dass jede einzelne meiner Körperzellen wusste, dass ich ihn nicht zurückbekommen würde. Ich erinnerte mich immer wieder an ihn – dann spürte ich, wie sich meine Kopfhaut anspannte, denn um sich zu erinnern, muss man vergessen, und wie konnte man vergessen? Wie konnte es dir nicht jede Sekunde jeder Minute jeden Tages das Herz versengen?
    »Von sich selbst völlig angewidert zu sein, ist auch eine Art Frieden«, hatte Jake geschrieben.
    Von sich selbst völlig angewidert zu sein, war möglich, eine Art Schlaf im Wachsein. Dabei störte nur die Anwesenheit des Babys im Raum.
    »Hast du die Flüge gebucht?«, krächzte Cloquet.
    »Ja.«
    »Ich wünschte, ich hätte einen Flugtraum. Als Kind habe ich andauernd davon geträumt.«
    »Ich auch.«
    »Hast du jemals geträumt, du würdest träumen?«
    »Was?«
    »Du weißt schon. Im Traum … Im Traum hast du einen Traum. Träume sind das benachbarte univers parallèle . Das Universum nebenan. Und wenn man träumt, betritt man in Wahrheit das Universum nebenan. Doch wenn man träumt, man würde träumen, dann ist das das Universum neben dem Universum nebenan …«
    Damit schlief er ein. Sein Körper wuchtete Gerüche hinaus: schaler Tabak, alter Schweiß, fettige Haare. Ein Hauch seiner körperlichen Anstrengungen umgab ihn wie ein unhörbares Summen. Ich machte mir eine Tasse löslichen Kaffee, vom ersten Schluck wurde mir ein wenig übel, und ich ging, um das Baby zu betrachten.
    Zoë schlief, das warme Gesicht nah rechts gedreht, die Hände geballt.

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