Baedeker Reiseführer London
Mayall, Ray Davies holten sich hier die Inspiration zur Gründung solch legendärer Gruppen wie The Bluesbreakers und The Kinks. Nachdem die Decca 1962 die Beatles als »zu unkommerziell« abgelehnt hatte, griff sie 1963 bei den Rolling Stones doch zu. Flugs nahmen die Plattenkonzerne ab 1964 fast jede Gruppe unter Vertrag, wenn sie nur längere Haare und E-Gitarren hatte.
Pilgerorte
Einer der berühmtesten Beatschuppen der Welt war in Soho The Marquee , 90 Wardour St. (jetzt Leicester Square). Hier hatten die Stones 1962 ihren ersten bezahlten Auftritt, hier zerlegten The Who ihr Equipment zu »My Generation« und hier musste bis weit in die 1970er-Jahre hinein jede Band von Rang schon aus Prestige mindestens einmal im Jahr gastieren. Wem die Schlange vor dem Marquee zu lang war, konnte Ecke Brewer St. im Roundhouse etwa Manfred Mann und die Hoochie Coochie Men begutachten, bei denen sich ein gewisser Rod Stewart das Mikrofon mit Long John Baldry teilte; der Flamingo Club in Nr. 33 Wardour St. buchte regelmäßig Bands wie die Graham Bond Organization mit Jack Bruce, Ginger Baker und John McLaughlin oder Rod Stewarts Steampacket mit Brian Auger und Julie Driscoll . Nicht weit war es zum 100 Club in der Oxford St., dem Hauptquartier der Pretty Things , ins Studio 51 in der Great Newport St. oder zum The Scene im Ham Yard, wo die Animals mit Eric Burdon ihr London-Debüt gaben. Fast so berühmt wie The Marquee war der Crawdaddy Club , wo die Yardbirds entdeckt wurden.
Revolution: Mary Quant (rechts) erfand den Minirock.
Pop Aristocracy
Swinging London war 1965 das Mekka der selbst ernannten »Pop Aristocracy«. Trendsetter waren nun die Mods . Sie trugen Schlips und Anzug und hörten Small Faces und The Who statt Beatles und Rolling Stones. Die bislang nur Insidern bekannten Boutiquen von Mary Quant in der Carnaby Street und John Stephen in der King’s Road fanden so viele Nachahmer, dass man Pete Townshends Union-Jack-Sakko bald an jeder Straßenecke kaufen konnte. Op Art, Pop Art und ausgeflippte Mode wurden zum festen Bestandteil der Popkultur, die die Magersucht derspindeldürren Twiggy in unerhört knappen Minikleidern aus Mary Quants »Bazaar« zum Schönheitsideal erhoben.
Waterloo Sunset
Die Hauptstadt wurde zum El Dorado für Provinztalente. So konnte man in den Klubs neue Sensationen bewundern: die Hollies aus Manchester, die Spencer Davis Group aus Birmingham, die Troggs aus Andover oder Van Morrisons Them aus Belfast. Viele Londoner Musiker reagierten darauf mit Lokalkolorit, allen voran Ray Davies , der Kopf der Kinks. Er verewigte v.a. den »Waterloo Sunset« und seinen Stadtteil Muswell Hills mit dem Bekenntnis »I’m a Muswell Hillbilly Boy«. Und obwohl die Kinks selbst berüchtigte London Swingers waren, nahmen sie sich und den Moderummel in »Dedicated Follower of Fashion« kräftig auf die Schippe. Mick Jagger schilderte in »Play with Fire« hämisch den sozialen Abstieg einer neureichen Lady, die sich ihre Lover jetzt in Stepney und nicht mehr in Knightsbridge besorgen muss. Am charmantesten demonstrierten ihren Lokalpatriotismus jedoch die Small Faces, vier waschechte Cockneys, die in »Lazy Sunday« zur Beschreibung der kleinen Freuden des Eastenders den dort üblichen Slang ausgiebig einsetzten.
Tea und Acid
Von 1967 an änderte sich die Szene allmählich. Flower Power und Rüschenhemden verdrängten Op Art und Courèges, statt Whisky-Cola und Guinness gab es »Tea und Acid«. Zu den berühmtesten Tempeln der Bewusstseinserweiterung wurden das UFO in der Tottenham Court Rd., das Speakeasy in der Margaret St. und das neue Roundhouse in Camden. Pink Floyd, Cream, The Nice, Soft Machine und viele andere widmeten sich langen Instrumentalimprovisationen und standen doch im Schatten eines neuen Sterns am Firmament: Jimi Hendrix , seit 1967 in London, war nun das Maß aller Dinge.
Gegen Ende des Jahrzehnts eignete sich der nun angesagte Hard Rock immer weniger für kleine Klubs. Als aber zu teure Mieten und zu hohe Gagen das Ende vieler Klubs einläuteten, traten junge Talente wie Dr. Feelgood oder Elvis Costello in Kneipen auf. Dieser Pub Rock ebnete den Weg für Bands wie The Clash oder die Sex Pistols , die ab 1976 für eine zeitweilige Renaissance der Klubszene sorgten.
Was bleibt
Wer gepfefferte Preise nicht scheut, hat angesichts der enormen Dichte an Superstar-Events in London immer noch die Qual der Wahl. Weitaus spannender sind aber auch heute noch die zahllosen Klubs und Pubs in
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