Baedeker Reiseführer London
versuchte, sein Hab und Gut zu retten, es in den Fluss zu werfen oder in kleine Boote. Die Armen bleiben in ihren Häusern, bis sie das Feuer erreicht hat, dann rennen sie auf die Schiffe oder von einer Anlegebrücke zur anderen. […] Beobachtete etwa eine Stunde lang, wie das Feuer sich nach allen Richtungen ausbreitete und niemand Anstalten zum Löschen machte – alle kümmerten sich nur um ihre Habseligkeiten und überließen das Feuer sich selbst. Der starke Wind treibt das Feuer in die City, und nach der langen Trockenheit ist jetzt alles leicht entzündlich, sogar die Steine in den Kirchenmauern. […] Je dunkler es wurde, desto größer erschien das Feuer, in allen Winkeln, auf Hügeln, zwischen Häusern und Kirchen, so weit man sehen konnte, bis hinaus zur City leuchtete die schreckliche, böse, blutrote Flamme, nicht wie die Flamme eines gewöhnlichen Feuers. Wir blieben, bis man das Feuer als einen einzigen riesigen Bogen von dieser bis zur anderen Seite der Brücke sah, ein Bogen, der etwa eine Meile lang war. Der Anblick machte mich weinen.
Die brennende City vom Südufer der Themse, rechts London Bridge
BAEDEKER TIPP !
Samuel Pepys liest
Wer Samuel Pepys im englischen Original hören möchte, sollte ins Museum of London gehen: Dort wird in einer audiovisuellen Schau über das Große Feuer aus seinem Tagebuch gelesen.
4. September 1666
Heute Abend aßen Mr. und Mrs. Turner mit uns im Büro, es gab Hammelschulter, ohne Servietten, sehr traurig, aber wir waren guter Dinge. Wenn man aber in den Garten ging und den schrecklichen Feuerhimmel sah, verdüsterte sich die Stimmung wieder; es sieht aus, als stehe das ganze Firmament in Flammen. Ging nach dem Essen noch in die Tower Street, die das Feuer jetzt ganz zerstört hat, mit außerordentlicher Wildheit. Man hat damit begonnen, in der Tower Street, unmittelbar am Tower, Häuser in die Luft zu sprengen, was zuerst die Menschen in Angst und Schrecken versetzt hat, aber das Feuer stellenweise zum Stillstand gebracht hat. […] St. Paul´s ist verbrannt und die ganze Cheapside ebenfalls […]
7. September 1666
Um 5 Uhr aufgestanden. Gott sei Dank alles in Ordnung. Mit einem Boot zum Pauls-Kai. Von da zu Fuß weiter, sah, dass die ganze Stadt niedergebrannt ist. St. Paul´s bietet einen elenden Anblick, alle Dächer zerstört, der Turm auf St. Faith’s gestürzt. Die St. Paul´s School abgebrannt, ebenfalls Ludgate, Fleet Street, das Haus meines Vaters. […]
Ein aussichtsloser Kampf
HAUPTSTADT EINES WELTREICHS
1750
Westminster Bridge wird als zweite Themsebrücke eingeweiht.
1829
Gründung der Metropolitan Police
Im 18. Jh. begann Großbritannien, sich sein Weltreich zu erobern und endgültig zur ersten Seemacht aufzusteigen. Davon profitierte London erheblich, der Wohlstand zeigte sich in prächtigen Bauten, breiten gepflasterten Straßen und einem regen Theaterleben. Mit der Industriellen Revolution zogen immer mehr Menschen zu. 1801 ergab die erste offizielle Volkszählung 860 035 Einwohner, womit London die größte Stadt der Erde war. Mit der Einwohnerzahl stiegen auch die sozialen Probleme. Die Zwiespältigkeit dieser Zeit drückt Friedrich Engels (1820 – 1895) in seinem 1845 erschienenen Werk »Die Lage der arbeitenden Klassen in England« aus:
Ich kenne nichts Imposanteres als den Anblick, den die Themse darbietet, wenn man von See nach London Bridge hinauffährt. […] Das alles ist so großartig, so massenhaft, dass man gar nicht zur Besinnung kommt und dass man vor der Größe Englands staunt, noch ehe man englischen Boden betritt. […] Aber die Opfer, die das alles gekostet hat, entdeckt man erst später. […] Der größte Arbeiterbezirk liegt indes östlich vom Tower – in Whitechapel und Bethnal Green, wo die Hauptmasse der Arbeiter Londons konzentriert ist. Hören wir, was Hr. G. Alston, der Prediger von St. Philip’s, Bethnal Green, über den Zustand seiner Pfarre sagt: »Sie enthält 1400 Häuser, die von 2795 Familien oder ungefähr 12 000 Personen bewohnt werden. Der Raum, auf dem diese große Bevölkerung wohnt, ist weniger als 400 Yards (1200 Fuß) im Quadrat, und bei solch einer Zusammendrängung ist es nichts Ungewöhnliches, dass ein Mann, seine Frau, vier bis fünf Kinder und zuweilen noch Großvater und Großmutter in einem einzigen Zimmer von zehn bis zwölf Fuß im Quadrat gefunden werden, worin sie arbeiten, essen und schlafen«.
DAS VIKTORIANISCHE LONDON
1837–1901
Regierung Königin Viktoria
1851
Great
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