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Bädersterben: Kriminalroman

Bädersterben: Kriminalroman

Titel: Bädersterben: Kriminalroman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kurt Geisler
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sein Naturell sprach er Stuhr auf seine Art Hochachtung aus. »Lobende Erwähnung für dich, Stuhr. Das hätte auch schiefgehen können.«
    Anstelle eines Dankes drehte Stuhr jetzt auf. Sein Tonfall war ein anderer als sonst, aber Dreesen kannte ihn. Das Wahrheitssyndrom hatte Stuhr wieder befallen. »Hätte, könnte, sollte, das Leben ist kein Konjunktiv, Dreesen. Das Leben stellt uns alle vor Aufgaben, die wir irgendwie lösen müssen. Der Pilot hat seinen Job gut gemacht, richtig. Und du? Was steht denn auf deiner Liste hinter Michael Reinicke als Berufsbezeichnung?«
    Reinicke. Bingo. Stuhrs Frage stach Dreesen mitten ins Herz, aber irgendwie hatte er immer schon geahnt, dass er wegen diesem Reinicke irgendwann noch einmal Ärger bekommen würde. Nein, anlügen würde er Stuhr nicht, dafür gab es auch keinen Grund. Der wusste doch am besten, wie das in einer Landesregierung lief. Dennoch musste Dreesen kurz Luft holen, um zu überlegen, was er von dem preisgeben sollte, was seinerzeit abgelaufen war. »Zunächst einmal, richtig, Stuhr, ein Michael Reinicke steht auch auf der Liste. Unter Umständen gehört der vielleicht dort nicht hin. Das ist jedoch sekundär, denn er ist ein hochrangiger Mitarbeiter irgendeiner biologischen Anstalt auf Helgoland, und er soll für das Wirtschafts- und das Wissenschaftsministerium bereits viele Studien erstellt haben. Nicht nur diese viel gepriesenen Meeresökogeschichten, sondern auch Windradkram bis hin zu Verträglichkeitsberechnungen für Großprojekte wie die Fehmarnbeltquerung nach Dänemark, die Elbvertiefung, und natürlich auch für diese geplante Aufschüttung in Helgoland, von der in der Zeitung zu lesen war. Ob das Gefälligkeitsgeschichten waren oder nicht, das kann ich von meiner Warte aus nicht beurteilen. Du weißt das doch eigentlich besser als ich.«
    »Du hast das einfach so mit deinen Beziehungen genehmigen lassen, richtig?«
    Dreesen hielt dagegen. »Einfach so nicht, aber natürlich habe ich das gemacht. Du weißt doch am besten, wie das bei uns im Gewerbe läuft, wenn die Wissenschaftsministerin mit dem Wirtschaftsminister telefoniert. Dann klingelt hinterher bei mir in der Staatskanzlei das Telefon, weil alle meine guten Beziehungen kennen. Können Sie nicht einmal, lieber Herr Oberamtsrat Dreesen? Springen Sie doch einmal über Ihren Verwaltungsschatten. Wir brauchen frischen Wind und keinen Verwaltungspoker. Na ja, und dann macht man das schon einmal, denn ob ein Verdienter der Landesregierung oder ein Besoffener mehr über das Watt rast, das ist für das ökologische Gleichgewicht des Nationalparks Wattenmeer ohne Belang. Mensch Stuhr, ich bin doch kein Verbrecher!«

     
    Die folgende Stille im Telefon empfand Dreesen als viel zu lange. Traute ihm sein ehemaliger Referatsleiter etwa nicht mehr? Es war deutlich zu merken, dass Stuhr mit sich kämpfte.
    »He, Dreesen. Mir ist zugeflüstert worden, dass du diesem Reinicke öfter Gefälligkeiten erwiesen haben sollst. Du dienst doch dem Land und nicht Helgoland, oder?«

    Da war sie wieder, diese theatralische Ader von Stuhr. Deswegen war Dreesens Antwort bestimmt. »Mensch, Stuhr, wo ist denn das Problem? Ich setze in der Regel lieber auf steigende Raketen als auf verglühende Himmelskörper in der Landesverwaltung. Herunter kommen beide sowieso irgendwann, aber die hochstürmenden Kollegen können wenigstens eine Weile hilfreich für einen sein. Ich habe nur den entsprechenden Mitarbeiter im Umweltministerium angerufen und den Druck von oben weitergereicht, so kam der Reinicke schneller als auf dem üblichen Dienstweg zu seiner Bescheinigung, die er sowieso als Institutsmitarbeiter einer öffentlich geförderten Anstalt nach langwieriger Prüfung erhalten hätte. Natürlich habe ich fachfremd keine Ahnung, wofür er die gebraucht hat. Aber wenn man ein wenig weiter von der Sache entfernt ist, trifft man oft die besten Entscheidungen.«
    Stuhr ließ jedoch nicht locker. »Warum aber hast du ihm immer wieder geholfen? Und wofür überhaupt?«
    Frühpensionär müsste man sein, sagte sich Dreesen. »Ach, Stuhr, das weißt du doch am besten. Wo die Arbeit einmal gut erledigt wird, da kommt sie immer wieder hin. Warum regst du dich wegen dieser kleinen Gefälligkeiten eigentlich so auf? Die sind mir schließlich von oben auferlegt worden, und das hat doch bis jetzt noch niemandem geschadet.«
    Stuhr schien zu stutzen, denn es entstand eine kurze Pause, bevor Stuhr antwortete. »Doch, dieses Mal schon, denn

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