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Ball der Versuchung

Ball der Versuchung

Titel: Ball der Versuchung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rachel Caine
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hatte mit vielen Dingen recht gehabt, und das war eines davon. So sanft, nett und freundlich Myrnin auch sein konnte, wenn er sich verwandelte, verwandelte er sich gründlich.
    Claire erreichte das Ende der Gasse, einen wackligen Schuppen, der kaum groß genug war, um als ein Zimmer durchzugehen. Die Tür war mit einem neuen, schimmernden Vorhängeschloss gesichert. Sie kramte in ihrer Tasche und fand ihre Schlüssel.
    Innen war der Schuppen auch nicht besser - nur ein quadratisches Stück Fußboden mit Stufen, die nach unten führten. Das wenige Licht fiel durch schmutzige Fenster herein. Claire schnappte sich eine Taschenlampe aus einer Ecke – sie bewahrte dort immer eine auf - und knipste sie an, als sie die Stufen zu Myrnins Labor hinunterging.
    Halb hatte sie erwartet, Amelie dort vorzufinden oder Oliver oder jemand anderes - aber es war noch so, wie sie es verlassen hatte. Öde und still, nur ein paar schwache elektrische Lichter brannten. Claire schob den Bücherschrank zur Seite, der rechts an der Wand stand - er war so angelegt, dass er leicht bewegt werden konnte -, und dahinter befand sich eine Tür. Sie war ebenfalls abgeschlossen und sie nahm die Schlüssel aus einer Schublade unter den Zeitschriftenregalen.
    Als sie gerade aufschloss, hätte sie schwören können, dass sie im Schatten etwas rascheln hörte. Claire wandte sich um und verspürte den dummen Impuls zu fragen, wer da sei; alles, was sie davon abhielt, war die reine Scham und die Entschlossenheit, nicht so dumm zu sein wie die Mädchen in Horrorfilmen. Da war keiner. Nicht einmal Oliver.
    Stattdessen streifte sie das Schloss von der Tür, holte tief Luft und konzentrierte sich..
    Sie wusste noch immer nicht, wie Myrnins spezielle Türen funktionierten, auch wenn sie glaubte, so langsam dahinterzukommen, welchen Durchbruch er in der Quantenmechanik geschafft hatte... Natürlich betrachtete er das nicht wissenschaftlich; für ihn war es Magie oder zumindest Alchemie. Man muss nicht wissen, wie etwas funktioniert, um es zu benutzen, rief sich Claire ins Gedächtnis. Es irritierte sie, aber sie gewöhnte sich gerade an die Tatsache, dass manche Dinge schwerer zu durchschauen waren, und alles, was mit Myrnin zu tun hatte, fiel definitiv in diese Kategorie. Sie schwang die Tür auf, die zum Gefängnis auf der anderen Seite der Stadt führte. Sie hatte auf Karten danach gesucht und die Entfernung zwischen Myrnins verborgenem Labor und dem verlassenen Komplex gemessen. Es war nicht möglich, dass es zwischen ihnen eine Tür gab, es sei denn, man verdrehte gründlich die Gesetze der Physik, so wie sie sie verstand, aber dennoch war es so.
    Sie trat ein und schloss die Tür hinter sich. Auch auf dieser Seite der Tür befand sich ein Schnappschloss; sie schloss es ab für den Fall, dass ihre Fantasie nicht mit ihr durchgegangen war und doch jemand im Labor war, der sie beobachtete. Es wäre höllisch schwer, hier durchzukommen, und so wie Myrnins Türen beschaffen waren, würde derjenige wahrscheinlich nicht hier landen, wenn er überhaupt irgendwo herauskäme.
    »Hi«, sagte Claire zu den Zellen, als sie an ihnen vorüberging; sie glaubte nicht, dass einer der Vampire sie tatsächlich verstand, aber sie versuchte immer, freundlich zu sein. Sie konnten nichts für das, was sie waren - was immer sie waren. Geistesgestört, sicherlich. Manche von ihnen weniger als andere, und diese machten sie traurig - die, die zu verstehen schienen, wo sie waren und warum.
    So wie Myrnin.
    Claire hielt am Kühlraum an und nahm einen Vorrat an Blutpackungen mir, die sie aus sicherer Entfernung in die Zellen schleuderte. Zwei davon hielt sie für Myrnin zurück, dessen Zelle sich am Ende des Flurs befand.
    Er saß auf dem Bett, die Brille auf der Nasenspitze. Er las in einer ramponierten Voltaire-Ausgabe.
    »Claire«, sagte er und klemmte ein verschlissenes Seidenband zwischen die Seiten, um die Stelle zu markieren. Er blickte auf, jung und gut aussehend und (heute zumindest) nicht vollkommen verrückt. »Etwas ganz Seltsames ist passiert.«
    Sie zog ihren Stuhl heran und setzte sich. »Und zwar?«
    »Ich glaube, ich bin auf dem Weg der Besserung.«
    »Das glaube ich nicht«, sagte sie. »Ich wünschte, es wäre wahr, aber... „
    Er schob einen Tupperbehälter zu den Gitterstäben der Zelle hin. »Hier.«
    Claire erstarrte und schaute den Behälter zweifelnd an. »Ähm... was ist das?«
    »Hirngewebe.«
    »Was?«
    Myrnin rückte seine Brille zurecht und schaute Claire

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