Ballard, James G.
Düne verschwunden.
Quilter ging an dem Tor vorbei,
führte sie durch eine Bresche in der Mauer und stelzte die Zufahrt hinauf.
Lomax' Villa lag hinter Dünen verborgen, der erste Stock war ausgebrannt. Sie
erreichten die Doppeltür, deren Glas zersplittert war. Auf dem Marmorfußboden
der riesigen Eingangshalle lagen leere Konservendosen und andere Abfälle.
Sie gingen um das Haus herum und
standen vor dem Schwimmbecken. Hier war erstmals ein Lebenszeichen zu sehen.
Das große Becken war mit langen Holzstangen abgedeckt, über denen gegerbte
Felle lagen, die am tiefen Ende zu einer Art Zeltdach drapiert waren. Aus der
Mitte des Beckens drang der bläuliche Rauch eines Holzfeuers durch die
Abdeckung. Der Sand am Rand lag voll alter Kochtöpfe, Vogelfallen und
Kühlschrankteilen, die aus den umstehenden Ruinen stammen mußten. Zehn Meter
davon entfernt standen zwei Autokarosserien ohne Räder zwischen den Dünen.
Eine Holztreppe führte auf den Boden
des Schwimmbeckens hinunter. Die Abdeckung hielt Sand und Staub ab, so daß der
Boden mit den farbigen Seepferdchen deutlich sichtbar war. Quilter führte die
beiden Besucher nach unten ans tiefere Ende des Beckens, wo eine Absperrung aus
aufgehängten Decken errichtet worden war. Quilter schob sie beiseite und ging
in den Innenraum voran.
Auf einer niedrigen Couch am Feuer
lag eine Frau, in der Ransom nur mit einiger Anstrengung Miranda Lomax
wiedererkannte. Ihr langes, weißes Haar fiel jetzt bis zu den Füßen herab und
umgab sie wie ein mottenzerfressenes Leichentuch, aber der allzu kleine Mund
und die bösartig glitzernden Augen hatten sich nicht verändert. Ransom staunte
allerdings darüber, wie fett Miranda geworden war – sie hatte unglaublich
zugenommen und erinnerte ihn an ein Walroß aus dem Zoo in Mount Royal. Ihre
kleinen Augen schienen förmlich in Fett zu schwimmen, als sie Ransom forschend
anstarrte. Dabei strich sie sich das lange Haar mit einer Hand aus dem Gesicht.
Miranda trug eigenartigerweise ein schwarzes Nachthemd, das nur den einen Zweck
zu haben schien, ihre gewaltige Korpulenz zur Schau zu stellen.
»Quilty ...«, begann sie. »Wer ist
das?« Sie sah zu Quilter hinüber, der seine Stelzen abschnallte und seiner
Mutter einen Hocker am Feuer anbot. Während Ransom am Boden Platz nahm, lehnte
Quilter sich in einen großen Rohrsessel zurück und legte seinen eigenartigen
Kopfschmuck neben sich.
Miranda bewegte sich, konnte ihre
gewaltigen Massen aber nur zwei oder drei Zentimeter über die Couch wälzen.
»Quilty, ist das nicht unser wandernder Doktor? Wie heißt er noch gleich ...?«
Sie nickte Mrs. Quilter langsam zu und wandte sich dann an Ransom. »Doktor, Sie
haben also wirklich den langen Marsch von der Küste bis hierher auf sich
genommen, um uns zu besuchen. Quilty, deine Mutter ist endlich gekommen.«
Quilter lehnte sich in seinen Sessel
zurück. Er sah zu seiner Mutter hinüber und sagte dann grinsend zu Miranda:
»Sie mag Autos.«
»Tatsächlich?« Miranda kicherte vor
sich hin. »Na, sie sieht aber auch so aus, als könnte sie bald eines brauchen.«
Dann wandte sie sich wieder strahlend an Ransom. »Wie steht es mit Ihnen,
Doktor?«
Ransom fuhr sich mit der Hand durch
den Bart. »Ich bin in den letzten Jahren auch ohne Autos ausgekommen. Ich freue
mich, Sie hier wiederzusehen, Miranda.«
»Ja, das kann ich mir vorstellen.
Haben Sie Wasser mitgebracht?«
»Wasser?« fragte Ransom erstaunt. »Leider
haben wir unseren kleinen Vorrat auf dem Marsch hierher aufgebraucht.«
Miranda seufzte und sah zu Quilter
hinüber. »Wie schade, Doktor. Wir sind selbst ziemlich knapp an Wasser, müssen
Sie wissen.«
»Aber das Reservoir ...« Ransom wies
in die Richtung, wo der See liegen mußte. »Sie sind doch mehr als reichlich
versorgt.«
Miranda schüttelte den Kopf. »Dieses
Reservoir, wie Sie es nennen, stellt unseren gesamten Vorrat dar. Habe ich
recht, Quilter?«
Quilter nickte langsam und starrte
Ransom dabei an. Ransom fragte sich, ob Quilter wirklich wußte, wer dieser
fremde Mann und die alte Frau waren, die plötzlich am See erschienen waren.
Mrs. Quilter saß mit geschlossenen Augen auf ihrem Hocker, schien halb zu
schlafen und war offensichtlich völlig erschöpft, weil nun die lange Suche
endlich zu Ende war.
Miranda lächelte Ransom zu. »Sehen
Sie, wir haben eigentlich gehofft, Sie würden etwas Wasser mitbringen. Aber
wenn nicht, dann eben nicht. Sagen Sie mir doch, Doktor, weshalb sind Sie um
Himmels willen hierher
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