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Baltasar Senner 03 - Busspredigt

Baltasar Senner 03 - Busspredigt

Titel: Baltasar Senner 03 - Busspredigt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolf Schreiner
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nach einem Stift, als er laute Geräusche aus Eders Wohnung hörte, es klang wie ein Presslufthammer, doch nach genauerem Hinhören erwies der Lärm sich als Musik. War doch jemand zu Hause? Baltasar überlegte, was er tun sollte, dann klopfte er laut an die Tür.
    »Herr Eder?«
    Die Musik dröhnte weiter. Baltasar hämmerte mit der Faust gegen das Holz der Wohnungstür.
    »Hallo!«
    Nach einer Ewigkeit hörte er ein Rumpeln im Inneren, als ob jemand über einen Stuhl gestolpert wäre. Die Tür öffnete sich. Vor ihm stand Quirin Eder, in Boxershorts und T-Shirt. Er hatte einen entrückten Blick und brauchte einige Zeit, Baltasar zu fokussieren. Ein süßlicher Geruch drang aus der Wohnung, wie verbranntes Gras.
    Quirin formte seinen Mund zu einem Wort, Baltasar registrierte, wie sich die Lippen bewegten, aber er konnte nichts verstehen, die laute Musik verhinderte jeden Ansatz einer Unterhaltung. Er gab Eder ein Zeichen, den Ton leiser zu stellen. Der verschwand wieder in seiner Wohnung, und Baltasar folgte ihm.
    Zwei Dachfenster spendeten nur Dämmerlicht. In der Mitte des Zimmers stand eine Ledercouch, deren Design an die Siebzigerjahre erinnerte, daneben ein Umzugskarton, der mit einer Glasplatte zu einem Tisch umfunktioniert worden war. Aus einem Aschenbecher verrauchte der Rest einer selbst gedrehten Zigarette. Mehrere Fichtenbretter waren zwischen Ziegelsteine geklemmt worden und dienten als Regal. Mannshohe Lautsprecherboxen rahmten einen Turm aus verschiedenen Stereogeräten, Lichter blinkten und signalisierten ihre Einsatzkraft.
    Quirin schaltete den Ton ab und öffnete die Fenster. Frischluft strömte in den Raum.
    »’tschuldigung, Hochwürden, ich habe keinen Besuch erwartet. Muss ein wenig eingedöst sein.« Er räumte eine Decke und ein Kissen beiseite. »Nehmen Sie Platz.«
    »Müssen Sie nicht arbeiten?«
    Vorsichtig ließ sich Baltasar auf der Couch nieder, aus Angst, sie womöglich durchzubrechen, aber das Polster hielt.
    »Ich bin Versicherungsberater und selbstständig, verstehen Sie? Dieser Job hat den Vorteil, dass man sich seine Arbeitszeit selber einteilen kann. Und ich hab mir heute eine kleine Pause gegönnt, Heimarbeitsplatz sozusagen.«
    »Kann man davon leben?«
    »Vom Versicherungen verkaufen? Kommt drauf an. Die Leute brauchen eigentlich Versicherungsschutz, aber keiner kümmert sich aktiv darum. Deshalb muss man nachhelfen und den Menschen klarmachen, warum das wichtig für sie ist. Je überzeugender man auftritt, desto mehr Policen schließt man ab. Anders formuliert: kein Abschluss, keine Provision, kein Gehalt. Eben Marktwirtschaft pur.«
    »Klingt nicht nach einer Arbeit, die man bis zur Rente macht.«
    »Kommt drauf an. Derzeit läuft’s einigermaßen, ich will mich nicht beklagen.«
    »War das Ihr Wunschberuf?«
    »Ursprünglich habe ich Schreiner gelernt. Hab sogar den Abschluss als Geselle. Aber wegen Holzstaub konnte ich nicht weiterarbeiten, hab ständig gehustet, es war wie Asthma, verstehen Sie? Deshalb hab ich’s mit Versicherungen probiert. Aber ich bin unhöflich, Hochwürden, kann ich Ihnen irgendetwas anbieten?«
    »Eigentlich bin ich wegen der Beisetzungsformalitäten Ihres Vaters gekommen. Vermutlich haben Sie als nächster Verwandter zu entscheiden, wie und wo Herr Graf beigesetzt werden soll.«
    »Hat das nicht noch Zeit?«
    »Die Polizei wird die Leiche bald freigeben. Dann sollte Anton ein christliches Begräbnis erhalten.«
    »Können wir nicht warten bis nach der Testamentseröffnung?«
    Baltasar richtete sich auf. »Wie … Ich verstehe nicht. Warum warten?«
    »Es wird doch der letzte Wille meines Vaters verkündet werden, oder nicht?«
    »Das weiß ich nicht. Wenn Sie meinen, ob Anton ein Testament aufgesetzt hat, bin ich überfragt. Mir hat er nie Derartiges erzählt. Ansonsten wird der Nachlass wohl nach der gesetzlichen Erbfolge geregelt werden.«
    »Kein Testament? Das kann ich mir gar nicht vorstellen. Mein Vater war doch ein vermögender Mann, allein schon die Immobilie neben dem Pfarrhaus ist einiges wert.«
    »Ich verstehe nicht ganz. Was hat das denn mit der Beerdigung zu tun?«
    Quirin Eder schnitt eine Grimasse. »Die Summe für die Beisetzung kann ich derzeit nicht vorstrecken. Meine Barmittel sind begrenzt, ich erwarte noch einige Provisionszahlungen, aber das dauert.«
    »Das kriegen wir schon irgendwie hin. Genug Erbe ist da, wie Sie richtig bemerkt haben. Da wird auch etwas für die Beerdigung übrig sein.«
    »Wenn Sie das sagen,

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