Baltasar Senner 03 - Busspredigt
Hochwürden. Dann möchte ich, dass mein Vater verbrannt wird und er auf Ihrem Friedhof die letzte Ruhe findet, Herr Senner, ganz in der Nähe des Ortes, wo er zuletzt gelebt hat. Das war seine Heimat, die hat er sich selbst gewählt.«
»Gut, dann müssten Sie der Kriminalpolizei Bescheid sagen. Ich kümmere mich um alles Weitere.«
»Diesem Herrn Dix und seinem hochnäsigen Kollegen? Wenn’s denn sein muss.«
»Sie scheinen keine gute Meinung von den beiden Beamten zu haben. War das Gespräch denn so schlimm?«
»Gespräch? Das war ein Verhör! Und ich kam mir vor wie ein Verbrecher, die haben mich wie einen Verdächtigen behandelt! Als ob ich meinen Vater umbringen könnte!«
»Was wollten sie wissen?«
Quirin erzählte von der Befragung und wie Dix und Mirwald auf dem Thema Alibi herumgeritten waren.
»Aber ich war zur Tatzeit nach einem Termin gerade wieder in meiner Wohnung, bin von dort dann losgefahren zum nächsten Kunden. Der kann bezeugen, von wann bis wann ich bei ihm war.«
»Und haben Sie dem ersten Kunden eine Versicherung verkauft?«
»Ging nicht, der Herr war zu der vereinbarten Zeit nicht zu Hause. Das war ärgerlich, ich hab ein paar Minuten gewartet und bin dann wieder abgerauscht.«
»Was hat die Kripo dazu gesagt?«
»Sie hielten mir vor, ich würde mir die Wahrheit zurechtlegen, denn sie hätten mit dem fraglichen Kunden gesprochen, und der könne sich nicht an eine Verabredung mit mir erinnern.« Quirin tippte sich an die Stirn. »Dieser zugedröhnte Schafszipfel! Da telefoniere ich extra mit ihm, weil er etwas zu einer Unfallversicherung wissen will, fahre hin, und dieser Dätschenkopf hat einen Filmriss und ist nicht anzutreffen. Und mir wird das so ausgelegt, als fantasiere ich mir ein Alibi zusammen.«
»Konnten Sie das mit dem Einbruch aus der Welt schaffen?«
»Die hat nur interessiert, was ich in dem Haus wollte. Denen konnte ich nur dasselbe herbeten, was ich Ihnen schon gesagt habe, Hochwürden.« Er zeigte seine Hände. »Sehen Sie her, sogar meine Fingerabdrücke wollten sie, und eine Speichelprobe, angeblich wegen der Spurensicherung und um Missverständnisse auszuschließen. So ein Gschmarr! Hat grad noch gefehlt, dass ich wie auf einem Verbrecherfoto posieren musste. Dabei wollte ich doch nur helfen. Aber so kommt’s, wenn man sich mit der Polizei einlässt!«
»Was sagt denn Ihre Mutter dazu? Haben Sie schon mit ihr gesprochen?« Baltasar veränderte seine Sitzposition.
»Charlotte, meiner Mutter, hab ich natürlich längst Bescheid gesagt.«
»Und wie hat sie es aufgenommen?«
»Wegen Anton Graf, dass er tot ist, meinen Sie? Wie sollte sie schon groß darauf reagieren? Hat von dem Mann über 15 Jahre nichts mehr gehört, davor gab’s nur Streit um Unterhalt und das alles, sie redet nicht gern darüber, wissen Sie, sie hat damit abgeschlossen.«
»Ist Ihre Mutter berufstätig?«
»Zurzeit ist sie auf Jobsuche. Aber Sie wissen selbst, wie schwer es heute für eine ältere Frau ist, etwas zu finden, was wenigstens einigermaßen bezahlt wird. Sie hat bisher als Sekretärin gearbeitet. Bei der Gelegenheit hatte sie damals in irgendeinem Büro Anton kennengelernt.«
»Mal ganz persönlich gefragt, Herr Eder, wie waren denn Ihre Gefühle Ihrem Vater gegenüber?«
Quirin lehnte sich zurück und schwieg eine Weile.
»Anton Graf war mein Vater, ja, das ist eine Tatsache, die sich nicht leugnen lässt. Er war wie ein Wesen aus einer anderen Welt für mich, einer, von dem man gehört hat, den man nur aus der Ferne kennt oder aus Erzählungen.« Sein Blick schweifte zur Decke. »Jeder wünscht sich einen Vater, der für einen da ist, der einen manchmal in den Arm nimmt, mit dem man quatschen kann. Sie wissen schon, was ich meine.« Quirin sah Baltasar an. »Für mich war Anton Graf ein unsichtbarer Mensch, und ich frage Sie, Herr Senner: Kann man so jemanden überhaupt hassen oder lieben?«
15
I m Haus roch es nach Vergorenem. Baltasar konnte nicht ausmachen, woher der Geruch kam. Er schnupperte auf der Toilette, in der Abstellkammer, sogar im Arbeitszimmer. Erst als er sich der Küche näherte, identifizierte er die Quelle. Geräusche von Tellern und Töpfen bestätigten seinen Verdacht: Teresa kochte Abendessen.
Er wollte sich gerade aus dem Haus schleichen, als er hinter sich eine Stimme hörte.
»Herr Senner, ich auf Sie gewartet. Es geben heute etwas Besonderes, Sie werden staunen. Kommen Sie, setzen Sie sich, bevor alles kalt wird!«
Baltasar wusste, dass
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