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Baltasar Senner 03 - Busspredigt

Baltasar Senner 03 - Busspredigt

Titel: Baltasar Senner 03 - Busspredigt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolf Schreiner
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alten Leute haben etwas Besseres verdient als griesgrämige Angehörige. Hier bei uns werden sie wieder aufleben, die gute Luft, jede Menge Natur, Wiesen, Felder … da ist auch was fürs Auge geboten.«
    »Aber Wiesen und Felder finden die Besucher überall im Bayerischen Wald, und Berge obendrein. Warum sollten sie gerade zu uns kommen?«
    »Infrastruktur, Herr Pfarrer, Infrastruktur ist das Zauberwort. Alles an einem Fleck, kurze Wege, Service. Dienstleistungen sind die Zukunft der Arbeitswelt, und Senioren sind der Megatrend des Jahrzehnts.«
    »Das heißt, jemand will hier ein Altersheim bauen.«
    »Al-ten-heim.« Der Bürgermeister dehnte die Silben, als hätte er Zahnschmerzen. »Was für ein schreckliches Wort. Die Leute sind nicht alt, sie haben nur mehr Lebenserfahrung. Das sind … wie nennt man sie doch gleich … genau, Silbersurfer oder Best Ager, wie es auf Englisch heißt. Sie haben Geld und wissen nicht, wie sie es ausgeben sollen. Man kann schließlich nicht alles an die Enkel überweisen und muss auch mal an sich selbst denken. Bei uns finden sie den Luxus im Ruhestand, gehobenes Level, kostet auch ein wenig mehr, dafür beste Dienstleistungen, optimale Versorgung.«
    »Und meine Rolle dabei?«
    »Die Leute haben selbstverständlich auch ein Bedürfnis nach spiritueller Betreuung, geistiges Leben, das ganze Programm, Sie wissen schon. Ich stelle mir eine eigene Kapelle in diesem Silberparadies vor, dazu bräuchte man natürlich einen Priester, der alles managt und Gottesdienste abhält, am besten interkonfessionell, auch wenn wir als gute Katholiken die Lutheraner links liegen lassen, aber wir wollen in diesem Fall tolerant sein, oder nicht?«
    »Wir haben doch schon eine Kirche. Ihre Kundschaft braucht bloß in die Messe zu gehen.«
    »Die Senioren sind oft nicht gut zu Fuß, bis in den Ort ist es ein Stück zu gehen. Da ist es besser, gleich alles im Haus zu haben. Außerdem wirkt es exklusiver, wenn für die Bewohner ein eigener Pfarrer zur Verfügung steht. Natürlich müssten wir den Friedhof erweitern, auch Best Ager leben nicht ewig.«
    »Warum weit zu gehen? Wo soll denn diese Anlage hinkommen?«
    »In den Planungen ist eine Bebauung am Waldrand vorgesehen.«
    »So weit weg? Ist das da draußen denn überhaupt Bauland?«
    »Die entsprechenden Anträge liegen schon beim Landratsamt. Sie brauchen sich nicht gleich zu entscheiden, Herr Senner, schlafen Sie ruhig drüber, aber denken Sie dran, die Gemeinde kann Ihnen bei der Reparatur helfen, wir haben unsere Möglichkeiten, und am Ende sind beide Seiten glücklich.« Wohlrab zog Baltasar zur Seite. »Mal ganz im Vertrauen, haben Sie von der Polizei Neues über den Mord an Ihrem Nachbarn gehört, gibt es schon Verdächtige? Sie müssen wissen, ich habe erst vor einer Woche mit Herrn Graf gesprochen, und jetzt ist er … Das erschüttert einen schon.«
    Der abrupte Themenwechsel irritierte Baltasar. Er berichtete von den Ermittlungen, aber der Bürgermeister schien nur halb zuzuhören.
    »Und Erben? Ist schon klar, wer das Vermögen von Herrn Graf erben wird?«
    »Von einem Testament weiß ich nichts. Aber es gibt offenbar einen leiblichen Sohn.«
    »Ein Sohn? Das ist interessant. Haben Sie seine Adresse?«
    14
    D er Kassensturz fiel ernüchternd aus. Exakt 421 Euro und 16 Cent waren im Klingelbeutel, nicht gezählt die tschechischen Kronen, die ein Scherzbold hineingeworfen hatte. Dazu ein Verrechnungsscheck über 1200 Euro von der Sparkasse, der Bankdirektor hatte »Bitte Spendenquittung ausstellen« darauf geschrieben und »Viel Erfolg«.
    Baltasar fühlte sich wie von einem Felsbrocken getroffen. Mit solchen Summen brauchte er an die Sanierung des Kirchturms gar nicht weiter zu denken. Er musste sich etwas anderes einfallen lassen.
    Er beschloss, einen Ausflug nach Frauenau zu machen. Schließlich mussten die Einzelheiten von Anton Grafs Beerdigung geklärt werden, und dazu wollte er mit dessen Sohn Quirin Eder sprechen.
    *
    Quirin Eders Wohnung lag am Rande des Ortes, ein schmuckloses Mehrfamilienhaus aus den Siebzigerjahren. Baltasar klingelte, nichts rührte sich. Er hätte seinen Besuch wohl besser vorher ankündigen sollen. Vielleicht war der junge Mann gerade bei Kunden.
    Baltasar läutete erneut, diesmal länger. Keine Reaktion. Eine Frau kam aus dem Gebäude heraus. Er nutzte die Gelegenheit und schlüpfte durch die Eingangstür. Zumindest wollte er Grafs Sohn eine Nachricht hinterlassen.
    Eder wohnte im Dachgeschoss. Baltasar suchte

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