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Baltasar Senner 03 - Busspredigt

Baltasar Senner 03 - Busspredigt

Titel: Baltasar Senner 03 - Busspredigt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolf Schreiner
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ist: Der Knabe ist jetzt mit dieser Marlies zusammen. Interessante Dreier-Konstellation, oder?«
    »Ich weiß nicht. Die beiden waren wohl nicht gleichzeitig mit dem Mädchen zusammen. Zumindest scheinen sie sich arrangiert zu haben, denn sie sind immer noch miteinander befreundet.«
    »Woher willst du das wissen? Bisher hast du nur mit der Marlies geredet. Und ob die dir die Wahrheit gesagt hat …«
    »Du glaubst, sie belügt einen Pfarrer?«
    »Ich denke, für die jungen Leute bist du ein alter Sack. Pfarrer oder nicht, da gelten andere Regeln. Auf der einen Seite die Jungen, auf der anderen die Alten.«
    »Jedenfalls werde ich mit diesem Jonas reden. Er ist Anton offenbar kurz vor dessen Tod angegangen. Eigentlich erstaunlich, dass die Polizei bei ihren Ermittlungen bisher nicht auf diese Gang gestoßen ist.«
    »Es ist besser, ich begleite dich, wenn du zu diesem Lippert fährst. Mein Angebot steht. Der ist unberechenbar. Ich spiele sozusagen den Bodyguard für dich.«
    »Danke. Aber das würde ihn erst recht misstrauisch machen. Ich gehe lieber allein.«
    »Dann nimm wenigstens was aus meinem Arsenal mit, ich verfüge über einige wirksame Werkzeuge zur Selbstverteidigung. Beispielsweise hätte ich einen schnuckeligen kleinen Elektroschocker, leicht zu bedienen, bei dem werden die stärksten Kerle schwach. Oder eine handliche Pistole im Kaliber 765, wenn es zum Äußersten kommt.«
    »Ich will nicht James Bond spielen. Ich vertraue auf die Kraft des Wortes – mit Gottes Hilfe natürlich.«
    »Dein Großer Außerirdischer würde dir mindestens einen Flammenwerfer mitgeben. Eines dieser Dinger, mit denen er Sodom und Gomorrha abgefackelt hat.«
    »Ich habe eine positive Grundeinstellung den Menschen gegenüber. Solltest du auch mal probieren. Es wird schon gehen, auch ohne Armee im Rücken.«
    »Wirst schon sehen, wie weit du mit deiner Starrköpfigkeit kommst!«
    23
    H allo, jemand da?«
    Baltasar rief in die Gaststube und wartete. Es war zu früh am Vormittag, die »Einkehr« hatte noch nicht offiziell geöffnet. Er ging weiter in die Küche, auch dort war kein Mensch. Durch eine Seitentür gelangte er ins Treppenhaus.
    »Hallo?«
    Von oben hörte er ein Geräusch. Er ging hinauf in den ersten Stock, blieb stehen.
    »Frau Stowasser?«
    Von dem Gang gingen in regelmäßigen Abständen Türen ab. Teppichboden dämpfte den Schritt, das Muster hatte jemand entworfen, der ein Faible für Kreise und Karos hatte.
    Aus einem der hinteren Zimmer hörte Baltasar Musik. Jemand fluchte. Er folgte der Musik, einem Reggae-Rhythmus, bis zu einer Tür mit Kunststoffoberfläche, wie sie in den Achtzigerjahren modern war.
    »Frau Stowasser?«
    Die Wirtin fuhr hoch. »Sie sind’s, Herr Senner! Ich hab Sie gar nicht gehört.« Sie schaltete das Radio aus. »Sie kommen zu einem ungünstigen Zeitpunkt, ich kann Sie jetzt gar nicht gebrauchen. Was wollen Sie denn?« Ärger lag in ihrer Stimme.
    Der Grund dafür war unübersehbar. Der Fußboden war mit Zeitungspapier ausgelegt, eine Farblache hatte sich darauf ausgebreitet. Ein Eimer war umgestürzt, er enthielt ebenfalls Farbe, wenn auch nur einen Rest.
    »Ich wollte mit Ihnen über den geplanten Flohmarkt für meine Kirche sprechen, es wäre wunderbar, wenn Sie einige Ihrer Leckereien beisteuern könnten.«
    »Mist, Mist, Mist, dass mir das passieren muss!«, fluchte die Wirtin leise.
    Victoria Stowasser trug einen alten Werkstattkittel, ihr Haar steckte unter einer Duschhaube. In der Hand hielt sie einen Farbroller.
    »Sie malern selbst?«
    »Sie malern selbst, Sie malern selbst … Was für eine Frage! Das sehen Sie doch! Glauben Sie, ich mache das freiwillig?« Jedes Wort war elektrisch geladen. »Ich hab mir die Handwerkerangebote eingeholt. Bin ich Krösus? Also, was bleibt mir anderes übrig, als die Zimmer selber zu renovieren? Ich hab genug andere Ausgaben am Hals. Und irgendwann will ich auch vermieten.«
    Der Raum war leer, an den Wänden waren die Spuren weißer Farbe deutlich erkennbar, die der Roller hinterlassen hatte. Victoria stellte den Eimer wieder auf.
    »Jetzt darf ich auch noch den Mist wegwischen, verdammt!« Die Wirtin knallte ihr Werkzeug auf den Boden. »Und diese Wand ist nikotingelb, man muss dreimal drüberstreichen, bis es deckt. Und jetzt stehen Sie hier rum und halten mich von der Arbeit ab. Verschwinden Sie!«
    »Sie haben Farbe im Gesicht.« Baltasar fand die Sprengsel auf Nase, Backen und Ohrläppchen irgendwie reizend, wie weiße Sommersprossen.

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