Baltasar Senner 03 - Busspredigt
Elisabeth Trumpisch. »Ich erinnere mich genau, weil ich ihm durchs Fenster zuwinkte und er so tat, als würde er mich nicht kennen. Er hat sich weggedreht, als wäre es ihm peinlich gewesen, ertappt worden zu sein.«
*
Nach dem Bibelkreis fuhr Baltasar zu seinem Freund Vallerot.
Philipp dirigierte ihn sofort in sein Arbeitszimmer.
»Ich habe deinen Befehl ausgeführt, Herr Major. Hier die gewünschten Unterlagen.«
Philipp Vallerot legte einen Stapel Computerausdrucke auf den Tisch.
»Das war nur ein Wunsch«, sagte Baltasar. »Aber nett, dass du dich darum gekümmert hast. Deine verkommene Seele hat doch noch Chancen auf Rettung.«
»Gib’s auf. Mir ist nicht nach einem Trip ins Paradies, wo immer das sein mag. Für mich besteht das Paradies aus einer Rockmusik-CD, einem Glas Wein und meiner Couch.«
»Wie langweilig. Ohne meine Aufträge würdest du eingehen wie eine Pflanze ohne Wasser. Rück raus, was hast du aus dem Internet gesaugt?«
»Langsam, langsam, setz dich erst mal. Also, es war eigentlich ganz einfach. Nur ein paar Verknüpfungen herstellen, ein wenig auf Online-Plattformen herumsurfen, und schwupps! – schon springen einen die Daten an. Das ist, wie wenn jemand mit heruntergelassenen Hosen herumläuft: alles zu sehen.«
Baltasar berichtete von seinem Treffen mit Marlies Angerer.
»Was hast du über sie herausgefunden?«
»Was sie dir erzählt hat, stimmt alles. Sie wohnt noch zu Hause, macht eine Ausbildung an der Glasfachschule Zwiesel, fährt einen weißen Roller, mag rot und schwarz und trägt vorzugsweise …«
Baltasar hob die Hand. »Das will ich gar nicht alles wissen. Beschränk dich bitte auf die wichtigen Details.«
»Ihre wichtigsten Freunde, abgesehen von einem Mädchen in Hamburg, stammen alle aus dem Bayerischen Wald und wohnen in Zwiesel und Umgebung.« Philipp breitete die Papiere aus. »Schaut man sich die Querverbindungen zwischen den einzelnen Freunden an und liest ihre Einträge im Internet, ergibt sich ein klares Bild über Gewohnheiten und Treffpunkte. Und die passenden Fotos gibt’s gratis dazu.« Er deutete auf ein Bild. »Das ist deine Marlies auf einer Party.«
Eine offensichtlich angetrunkene Marlies stierte in die Kamera. Ihr ärmelloses T-Shirt war halb von der Schulter gerutscht, der Lidschatten verschmiert. Ein junger Mann umarmte sie, er reckte seinen Mittelfinger dem Fotografen entgegen.
»Das könnte einer aus der Clique sein«, meinte Baltasar, »aber sicher bin ich mir nicht.«
»Kein Problem. Ich habe noch mehr.« Philipp suchte weitere Ausdrucke heraus.
»Das ist einer von ihnen!« Baltasar erkannte den Jungen. Er war ebenfalls auf dem Spielplatz gewesen.
»Der Knabe heißt Valentin Moser. Ist achtzehn Jahre alt und wohnt bei seiner Mutter. Geht in Zwiesel aufs Gymnasium, müsste kurz vor dem Abitur stehen. Er scheint ein Freund von Marlies zu sein, den Einträgen und E-Mails nach zu urteilen.«
»Der mit dem Schlagring war ein anderer. Er heißt Jonas Lippert.«
»Hier hast du deinen Kleinkriminellen. Beachte die Posen.« Philipp zog weitere Dokumente hervor. Der Jugendliche auf dem Foto war eindeutig der Angreifer vom Stadtpark. Jonas Lippert. Auf dem Bild hielt er ein seltsames Gerät hoch, zwei Stöcke, verbunden mit einer Kette. Eine andere Aufnahme zeigte ihn mit einem Maschinengewehr.
»Die Hölzer sind ein asiatisches Kampfgerät«, sagte Philipp. »Machen ordentlich Kopfweh, wenn man damit einen Schlag abbekommt. Die Knarre scheint nur eine Softairwaffe zu sein«, ergänzte er, nachdem er Baltasars Reaktion bemerkt hatte. »Du weißt schon, diese Knarren, die mit Propangas betrieben werden, eine Art Luftgewehr, mit dem sich Militärfreaks gegenseitig beschießen. Als Munition dienen Kugeln aus Plastik oder welche, die mit Farbe gefüllt sind.«
»Unser Freund scheint einen fatalen Hang zu Waffen zu haben. Ob das alles nur mit Spaß und Freizeit zu tun hat?«
»Er ist ein Fan von Chuck Norris und Bruce Lee, den Karateschauspielern, außerdem von Alkohol und verbotenen Stimulanzien«, sagte Philipp, »seine Kommentare auf Facebook lassen keinen anderen Schluss zu.«
»Wo kann ich ihn finden?«
»Er bewohnt ein Zimmer zur Untermiete in einem Kaff bei Zwiesel. Ich hab die Adresse aufgeschrieben und die Treffpunkte, wo sich dieser Jonas für gewöhnlich rumtreibt. Ansonsten ist er 17 Jahre alt, fährt ein kleines Motorrad und ist momentan arbeitslos. Er hat eine Lehre als Elektriker begonnen, aber wieder abgebrochen. Bemerkenswert
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