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Der Ruf der Wollust: Roman (German Edition)

Der Ruf der Wollust: Roman (German Edition)

Titel: Der Ruf der Wollust: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Susan Squires
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Kapitel 1
    Im Tal der Loire, Gallien, 1180
    D er Mann lag nackt auf dem dicken türkischen Teppich, der in einem komplizierten Muster aus Rot und Gold gewebt war. Er schwitzte vor Anstrengung. Sein Körper glänzte im Feuerschein. Beatrix beobachtete, wie Asharti mit den Fingern durch sein blondes Haar strich und seinen Kopf nach hinten zog. Die Darbietung seiner Kehle erregte den Gefährten in ihr. Sie zitterte vor der Macht seines Verlangens.
    Asharti sah sie an. Ihr Lachen war lüstern. »Willst du ihn ausprobieren?«, fragte sie mit ihrer tiefen, heiseren Stimme, die nach Hitze und Wüstensand klang. Ihre Nase war schmal und gerade, ihre Augen waren gefährliche, von Kajal gerahmte schwarze Seen, ihre Lippen voll, und ihr Körper wirkte geschmeidig und schimmerte golden. Jeder hätte sie schön genannt. Asharti trug ein Gewand aus schwerem rotem Samt, das sie vor der feuchten Kälte dieses abgelegenen Außenpostens schützen sollte, der von den Römern aufgegeben worden war. Aber heute Nacht vor dem flackernden Feuer hatte sie es geöffnet, um ihre schweren Brüste zu enthüllen, deren dunkle Brustwarzen sich vor Erregung aufgerichtet hatten.
    Beatrix schaute auf den muskulösen männlichen Körper herunter. Ein englischer Ritter, der ins falsche Dorf geraten war. Sein Geschlecht lag schwer auf seinem Bauch. Sein hungriger Blick war auf Asharti gerichtet, die noch immer sein Haar streichelte. Die Luft war gesättigt vom Geruch von Blut.
    Beatrix gelang es, den Kopf zu schütteln, obwohl ihre Adern vor Verlangen schmerzten.
    Asharti zuckte mit den Schultern; ein spöttisches Lächeln lag um ihre Lippen. Die einzige Frau, die Beatrix’ quälendes Verlangen verstand, ließ ihre kajalgeschminkten Augen rot aufglühen – so rot wie der Samt ihres Gewandes.
    London, März 1811
    Beatrix zitterte, ihr Puls pochte. Sex und Blut, miteinander verwoben. Es waren nur Erinnerungen. Sie durfte nicht zulassen, dass diese Bilder aus der Vergangenheit sie überwältigten. Sie schüttelte den Kopf, um wieder klar zu denken. Es war so lange her. Fast schien es, als wären jene Dinge jemand anderem widerfahren, aber gewiss nicht ihr. Wer war sie? Sie schaute sich um, als sei die Antwort auf diese Frage in ihrem luxuriös ausgestatteten Salon zu finden. Unter den Lüstern aus venezianischem Glas und Gemälden in schweren vergoldeten Rahmen rauchten Männer genussvoll ihre Zigarillos, unterhielten sich miteinander und tranken dazu einen 87er Claret aus ihrem Weinkeller. Beatrix’ Blick blieb an den runden Formen von Regnaults Venus hängen. Die Statue strahlte Ruhe aus, Sicherheit. Beatrix holte tief Luft, um ein wenig von dieser Gelassenheit in sich aufzunehmen.
    Ja, jetzt war es besser. Sie blinzelte. In diesen Tagen war ihr Name Beatrix Lisse, Gräfin von Lente, und heute hielt sie in ihrem eleganten Haus am Berkeley Square Hof, wie sie es an jedem Dienstag und Donnerstag tat. Fast jeder, der Einfluss in der Londoner Gesellschaft hatte, fand sich hier ein – jedenfalls die männliche Hälfte davon. Und nicht einer dieser Männer sagte etwas, das Beatrix nicht schon Tausende Male zuvor gehört hatte. Aber egal. Sie unterdrückte ihre Verzweiflung. Und war überrascht – es war doch Verzweiflung, oder nicht?
    Einige der jüngeren Männer starrten sie an. Sie hatten ihre Stühle dicht an das Sofa herangezogen, auf dem Beatrix ruhte. Einige der Gesichter glänzten vor Erwartung, und der Ausdruck auf ihnen grenzte an Verzückung. Dumme Kreaturen! Sie glaubten ihrem Ruf als Kurtisane. Einige andere der männlichen Gäste runzelten besorgt die Stirn. Das waren jene, die bemerkt hatten, dass Beatrix heute zerstreut wirkte. Vielleicht war es der Hunger, der sie verletzlich machte. Besser das als Wahnsinn. Um sich von diesen Gedanken abzulenken, begann Beatrix eine Unterhaltung.
    »Sie haben mir doch den berüchtigtsten Mann Englands versprochen, Melly«, tadelte sie den eleganten jungen Müßiggänger neben sich. Vielleicht würde ein legendärer, verruchter Frauenheld sie von der Dunkelheit ablenken können, die sie in sich anschwellen spürte. »Wo ist er?« Sie lehnte sich mit all der lässigen Ungezwungenheit und dem spöttischem Überdruss zurück, die man von ihr erwartete. Diese grünen Jungen hatten doch keine Ahnung, was wahre Ausschweifung war.
    Im Kreis der Bewunderer wallte Besorgnis auf. Ihre Göttin war verärgert. Gekleidet in die albernsten Auswüchse der Mode, kopierten sie Beau Brummell, waren dabei aber nicht imstande

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