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Baltasar Senner 03 - Busspredigt

Baltasar Senner 03 - Busspredigt

Titel: Baltasar Senner 03 - Busspredigt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolf Schreiner
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Liste mit den bevorzugten Aufenthaltsorten der Clique hervor und beschloss, jede einzelne Station abzusuchen.
    Seine erste Anlaufstelle war der Stadtpark in Zwiesel. Baltasar fuhr die Straße daneben mehrmals langsam auf und ab, schaute auch bei der Glaspyramide, doch weder der Junge noch sein Motorrad war zu sehen.
    Das nächste Ziel war eine Tankstelle am Ortsrand. Er tankte dort auf und bemerkte mehrere junge Menschen, die, Bierdosen in den Händen haltend, zusammenstanden. Nachdem er bezahlt hatte, schlenderte er in die Richtung der Gruppe, aber es waren andere Jugendliche, er hatte sie nie zuvor gesehen.
    Der dritte Treffpunkt war der Parkplatz vor dem Supermarkt. Leute mit Einkaufswagen gingen ein und aus, Fußgänger mit Taschen oder Rucksäcken – aber keine Jugendlichen.
    Baltasar stellte seinen Wagen auf dem Parkplatz ab. Er ging hinüber zum Stadtplatz und suchte sich dort ein Gasthaus zum Abendessen. Der Schweinsbraten hatte eine wunderbare Kruste, nur den Semmelknödel fand Baltasar zu trocken, anders als bei Victoria.
    Victoria. Da hatte sie sich wieder in seine Gedanken geschlichen. Ihr letztes Zusammentreffen erschien vor seinem inneren Auge, er konnte sich an jede Einzelheit erinnern, an den Teint ihrer Haut, an die Form ihrer Wimpern. Er zwang sich, nicht daran zu denken. Die Situation war verfahren. Er war Pfarrer. Katholischer Pfarrer. Ständig stand er in der Öffentlichkeit, ein Zugereister, immer noch argwöhnisch beäugt.
    Er bestellte einen Nachtisch und ließ sich Zeit, ihn zu essen. Das Lokal verließ er erst, als es schon dunkel geworden war, die Geschäfte hatten bereits geschlossen. Er genoss die kühle Luft. Der Parkplatz lag im Dunkeln, nur die Straßenlaternen warfen Lichtflecken auf den Boden.
    Als er ins Auto einstieg, bemerkte Baltasar ein Motorrad, das an der Mauer neben dem Eingang des Supermarktes lehnte. Er sah sich die Maschine aus der Nähe an. Kein Zweifel möglich, sie gehörte Jonas Lippert. Der Sturzhelm war angekettet, kein Mensch war auf dem Platz zu sehen. Baltasar entschied sich für den Fußweg in Richtung Stadtplatz. Irgendwo musste der Junge doch stecken.
    Er kam an einer Kneipe vorbei, aus der Musik dröhnte. In dem Moment öffnete sich die Tür. Zwei Mädchen kamen heraus, ihnen folgte Jonas Lippert.
    »Moment, Herr Lippert.« Baltasar hielt den Jungen am Arm fest und sagte zu den beiden Mädchen: »Ihr beiden geht jetzt lieber heim.«
    Diese Sekunde der Unachtsamkeit nutzte Jonas. Er riss sich los und rannte die Straße hinunter. Baltasar spurtete hinterher. Der Junge verschwand in einer Passage am Stadtplatz. Diesmal war Baltasar jedoch schneller und bekam ihn am Kragen zu fassen. Jonas verlor das Gleichgewicht, stolperte und blieb am Boden liegen.
    »Endstation, mein Lieber.«
    Baltasar versuchte, wieder zu Atem zu kommen. Sie waren in einem Untergeschoss gelandet, aus dem es keinen zweiten Ausgang gab.
    Jonas versuchte mühsam, sich aufzurichten. Er stöhnte.
    »Alles in Ordnung?« Baltasar reichte ihm die Hand, um ihm aufzuhelfen. Er sah ihn an. Irgendetwas stimmte nicht mit dem Jungen.
    »Haben Sie sich verletzt?«
    Der junge Mann hielt sich den Magen. Baltasar konnte die Alkoholfahne riechen. Aber da war noch etwas: ein unregelmäßiges Flackern in den Augen. Er tippte auf Drogen.
    »Ich glaube, es ist besser, wenn ich einen Krankenwagen rufe, Herr Lippert, Sie sehen gar nicht gut aus.«
    »Nein … Nein … nicht … Bloß kein Krankenhaus, Alter … Die informieren die Polizei … das gibt nur Action … Bin gleich wieder auf dem Damm.«
    »Was für ein Zeug hast du dir denn eingeworfen?«
    »Eine Spezialmischung.«
    Baltasar dachte an seine eigenen Weihrauchmischungen und deren segensreiche Wirkungen. Aber das hier war etwas anderes.
    »Ein Arzt wäre jetzt aber das Richtige.«
    »Nicht … Bitte … Ich nehm den Stoff regelmäßig … Hab alles unter Kontrolle, nur etwas zu viel erwischt … Noch ein paar Minuten, dann geht’s wieder. Bloß keine Bullen!«
    »Also gut, wir werden sehen.«
    Baltasar half dem Jungen auf und stützte ihn ein paar Schritte weit bis zur Wand, damit er sich mit dem Rücken anlehnen konnte.
    »Aber nur unter einer Bedingung: Du erzählst mir jetzt, was ich wissen will! Einverstanden?«
    »Ich … Ich kann nicht …« Seine Stimme erstarb. Der Brustkorb hob und senkte sich unregelmäßig.
    Baltasar schüttelte ihn. »Jetzt bloß nicht ohnmächtig werden. Also, was ist, haben wir einen Deal, oder soll ich die Sanitäter

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