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Baltasar Senner 03 - Busspredigt

Baltasar Senner 03 - Busspredigt

Titel: Baltasar Senner 03 - Busspredigt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolf Schreiner
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mit Computer und einen Stuhl. »Nehmen Sie bitte Platz.«
    Ein Mann mittleren Alters im grauen Anzug stellte sich vor.
    »Schulz mein Name. Ich betreue die besonderen Fälle beim Kundenservice. Sie wollen diesen Scheck einlösen?«
    Der Angestellte holte eine Lupe heraus und begutachtete den Scheck, ohne ein Wort zu sagen.
    »Ich will vor allem wissen, ob damit alles in Ordnung ist«, unterbrach Baltasar das Schweigen.
    »Ich verstehe.« Der Bankangestellte setzte seine Arbeit fort, ohne aufzusehen. Dann tippte er etwas in seinen Computer. Schließlich fragte er: »Wie ist es denn zu dem Zustand des Dokuments gekommen?«
    Baltasar kam sich vor wie ein Schüler vor seinem Lehrer in der mündlichen Prüfung.
    »Sie wissen doch, wie Kinder sind.«
    »Kinder, so, so.«
    Wieder herrschte Stille.
    »Dürfte ich bitte Ihre Legitimation sehen, Herr …«
    »Senner, Baltasar Senner, Pfarrer von Beruf.«
    Er gab Herrn Schulz seinen Personalausweis.
    Eine Augenbraue des Mannes hob sich. »Sie sind Geistlicher? So sehen Sie eigentlich gar nicht aus …«
    »Wie sehen denn Priester Ihrer Meinung nach aus?« Baltasar spürte ein Kribbeln unter der Haut. »Gehen Sie regelmäßig in die Kirche? Glauben Sie an Gott? Glauben Sie überhaupt an etwas?«
    »Ich pflege die Religiosität auf meine Art. Aber deswegen sind wir nicht hier.«
    »Weswegen denn? Schließlich geht es genau um die Frage, ob Sie glauben. Einem Pfarrer glauben. Mir glauben.«
    »Was denken Sie, was ich mir für Geschichten anhören muss? Neulich war einer da, der behauptet hat, er wäre Gefäßchirurg, dabei war er Heilpraktiker.«
    »Neulich habe ich einen Bankmanager getroffen, der behauptet hat, er verstehe was von Geldanlagen.«
    »Nun, Herr … Senner. Wir sind als Geldinstitut dazu verpflichtet, alle Urkunden auf ihre Echtheit zu überprüfen. Dieser Scheck ist eine Urkunde, und er ist echt. Er wurde von unserer Bank ausgegeben.«
    »Wunderbar. Wo liegt dann das Problem?«
    »Ich würde es nicht gerade ein Problem nennen. Eher eine Auffälligkeit. Über den Zustand der Urkunde haben wir bereits gesprochen.«
    »Ja und?«
    »Sehen Sie, der Scheck wurde von Herrn Anton Graf ausgestellt. Ich habe gerade im Computer seine Unterschrift mit der bei uns hinterlegten Signatur verglichen, und dem Augenschein nach ist die Unterschrift original, vorbehaltlich weiterer Prüfungen, versteht sich.«
    »Sagte ich doch. Und ich bin der Begünstigte.«
    »Das steht auf dem Dokument, ja. Allerdings dienen solche Schecks nur zur Verrechnung. Wir könnten Ihnen das Geld nicht in bar auszahlen.«
    »Das müssen Sie auch nicht. Ich will es auch nicht jetzt haben, sondern ich wollte mich nur vergewissern, dass alles seine Ordnung hat.«
    »Auffällig ist, dass der Betrag ungewöhnlich hoch ist. Normalerweise überweist man heutzutage solche Summen direkt. Das ist bequemer und geht schneller. Der Punkt ist der: Ich möchte mich bei der Kontoinhaberin rückversichern, dass diese 15.000 Euro auch ihren Absichten entsprechen.«
    Baltasar horchte auf. »Kontoinhaberin? Ich verstehe nicht ganz. Was meinen Sie damit?«
    »Sehen Sie, Herr Senner, das Konto läuft auf den Namen einer Frau. Herr Graf hat lediglich eine Vollmacht für dieses Konto.«
    Für einen Moment blieb Baltasar die Luft weg. Sein Nachbar war gar nicht der Kontoinhaber? Und das Geld?
    »Ich denke, ich weiß, was Sie denken, Herr Senner.« Der Angestellte versuchte ein Lächeln. »Das Guthaben gehört selbstverständlich der Kontoinhaberin. Sie bestimmt allein darüber. Und sie hat verfügt, dass Herr Graf Geld abheben darf. Sie kann jedoch theoretisch ihre Verfügung widerrufen.«
    »Wie heißt diese Frau? Haben Sie eine Adresse? Dann kann ich mich mit ihr direkt in Verbindung setzen und die Sache klären.«
    Der Mann bekam einen Hustenanfall. »Wo denken Sie hin? Wir sind eine Bank. Wir dürfen nicht so einfach Auskünfte über unsere Kunden erteilen, so leid es mir tut.«
    »Das würde das Verfahren aber ungemein beschleunigen.«
    »Manchmal muss man eben gründlicher vorgehen. Wie gesagt, tut mir leid. Wie sollen wir also jetzt vorgehen?«
    »Wenn Sie mir freundlicherweise meinen Ausweis und den Scheck zurückgeben würden? Beides gehört mir. Ich werde sehen, was zu tun ist.«
    Baltasar erhob sich.
    Der Mann zögerte, dann händigte er ihm die Unterlagen aus.
    Auf halber Strecke zum Ausgang kam Baltasar eine Idee. Er machte kehrt und stellte sich erneut an, jedoch vor einem der anderen Schalter als beim ersten

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