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Baltasar Senner 03 - Busspredigt

Baltasar Senner 03 - Busspredigt

Titel: Baltasar Senner 03 - Busspredigt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolf Schreiner
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darüber ein Leintuch als Zelt gespannt. Die Aktenordner dienten als Zaun. Er bahnte sich seinen Weg durch das Spielzeug, das auf dem Boden verstreut lag.
    Er setzte sich an seinen Schreibtisch und suchte nach dem Scheck, er war sich sicher, ihn in die oberste Schublade gelegt zu haben. Da war er jedoch nicht. Er sah in den anderen Schubläden nach – ohne Ergebnis. Er wiederholte die Suche auf der anderen Seite des Schreibtisches. Nichts. Er wurde nervös. Wo steckte der Scheck? Sollten etwa die Kinder …?
    Er kroch unter die Plane des provisorischen Wigwams. Ein paar der Bücher dienten als Hocker, und in der Mitte hatten die Jungs aus Büroklammern, Stiften und Gummiringen einen Kreis gebildet: das Lagerfeuer. Darin befanden sich Papierkugeln als Holzscheite.
    Baltasar sah sich jedes Knäuel an, doch sie bestanden alle lediglich aus altem Zeitungspapier. Auch der Boden war mit Zeitungen ausgelegt. Er schob die Seiten ein wenig auseinander, und da entdeckte er den Scheck. Zerknittert, aber noch ganz.
    Als ausstellende Bank war auf dem Dokument eine Adresse in Regensburg angegeben.
    Kurzentschlossen sagte Baltasar Teresa Bescheid, sie solle mit dem Mittagessen nicht auf ihn warten und die Gäste mit ihren Spezialitäten verwöhnen. Er selber habe außer Haus etwas zu erledigen.
    *
    Die Sonne hatte sich zwischen die Wolken gezwängt, der Wind hatte nachgelassen, es versprach, ein herrlicher Ausflug zu werden.
    Auf der Autobahn war an diesem Vormittag wenig Verkehr. Er schaltete das Radio ein und suchte einen Sender mit Rockmusik. Seine Gedanken trieben dahin, die Landschaft rauschte an ihm vorbei.
    Er nahm die Ausfahrt Regensburg Zentrum und steuerte die Tiefgarage am Bismarckplatz an.
    Zuerst spazierte er die Glockengasse entlang, bog in die Krebsgasse ein und ging bis zum Haidplatz. Er liebte die Gassen der Regensburger Altstadt, die mittelalterlichen Gemäuer, die ehemaligen Adelshäuser, die Kirchen. Vor allem liebte er es, von Schaufenster zu Schaufenster zu bummeln, die Auslagen der kleinen Geschäfte zu betrachten: Souvenirs für Touristen, Raritäten für Sammler, wunderbar nutzlose, aber manchmal auch durchaus nützliche Dinge für den Alltag.
    An der Steinernen Brücke kaufte er sich eine Semmel mit Bratwurst und Senf, am Alten Rathaus gönnte er sich zwei Pralinen als Dessert.
    Im Dom Sankt Peter legte er eine Pause ein, studierte die Glasmalereien, die Heiligenfiguren und das Taufbecken und lauschte – ein wenig neidisch – dem Glockenschlag vom Turm.
    Die auf dem Scheck angegebene Bank befand sich am Neupfarrplatz neben der gleichnamigen Kirche aus dem 16. Jahrhundert. Der Platz war gesäumt von Gebäuden aus verschiedenen Jahrhunderten, vom Barockbau bis zum Plattenbau eines Kaufhauses. Reisegruppen flanierten umher, Touristen machten die obligatorischen Fotos, Gaststätten luden zu Mittagsmenus ein.
    Baltasar betrat die Bank und stellte sich in der Schlange vor dem Schalter an. Als er an die Reihe kam, holte er den Scheck heraus und zeigte ihn der Bankangestellten.
    Die sah ihn an, als ob er ihr Falschgeld andrehen wollte.
    »Was beabsichtigen Sie mit diesem Papier?« Eine Spur Gereiztheit war aus ihrem geschäftlichen Ton herauszuhören.
    »Diesen Scheck habe ich bekommen.«
    Die Frau nahm ihm das Papier aus der Hand, hielt es zuerst gegen das Licht und strich es dann glatt.
    »Es sind Schokoladeflecken darauf. Außerdem ist das Dokument zerknittert und beschädigt. Sehen Sie da, die eingerissene Ecke?« Sie tippte auf die Stelle.
    »Und?«
    »Der Scheck sieht mir eher aus, als gehörte er zu einem Spiel. Oder wie so ein Sammelbild aus einer Packung Cornflakes.«
    Baltasar wusste nicht, ob er das als Scherz auffassen sollte.
    »Sie glauben nicht, was man heutzutage mit einem Farbkopierer alles machen kann«, fuhr sie fort. »Wenn Sie wüssten, was wir jeden Tag vorgelegt bekommen …«
    »Der Scheck ist echt!«
    »Ich glaube Ihnen gerne, mein Herr, dass Sie in bestem Wissen und Gewissen gehandelt haben. Man kennt seine Geschäftspartner nicht immer genau.« Sie sah ihn an. »Also gut. Warten Sie einen Augenblick.« Sie verschwand in einen nicht einsehbaren Bereich des Schalterraumes.
    Aus dem Augenblick wurde eine Viertelstunde. Die Angestellte kam ohne den Scheck zurück. »Wenn Sie mir bitte folgen wollen.« Sie führte ihn zu einer Tür, klopfte an und öffnete. »Wenn Sie bitte eintreten wollen.«
    Sie betraten einen engen Raum, der gerade Platz bot für einen Aktenschrank, einen Schreibtisch

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