Banalverkehr - Roman
Du sagst es, Bruder! Lasst uns »Halleluja« schreien und einen Fisch auf den Kofferraumdeckel kleben! Ausgelatschte Wege verlassen und »Krapfen statt Sushi« essen, am besten noch ein paar Kinder machen, damit wir neben den Fisch auch ein kleines Baby an Bord aufs Auto kleben können.
»Bist du dir da ganz sicher, dass du das willst?«, frage ich.
»Es gibt nichts, was ich mehr will.«
Und dieser Satz sitzt. Und er hallt nach in das lange Schweigen, das darauf folgt. Es ist, als hätte man den Pause-Knopf gedrückt und spult ein Stück zurück, weil man beim ersten Hören nicht verstanden hat, worum es hier geht. Lene ist verliebt und schwanger. Lene ist verliebt und schwanger. Lene ist verliebt und schwanger. Auch als Endlosschleife bleibt es irgendwie unverständlich.
»Was haben sie nur mit dir gemacht?«, frage ich schließlich, obwohl ich genau weiß, was sie mit ihr gemacht haben, diese australischen Schweinezüchter. Sie haben sie gedrillt, sie haben sie getötet. Meine Lene. Jetzt ist sie ganz klein und bereit für Gemütlichkeit . Ich will sie verführen, ich will, dass sie sofort herkommt und mit mir säuft, bis ihr schlecht wird und sie den ganzen Scheiß rauskotzt: Familie, Kind, Pater John-Jeff-Bob.
»Wer ist Pater John-Jeff-Bob?«
»Der Wanderprediger, der dir das alles eingeredet hat!«, schreie ich verzweifelt durchs Telefon. Natürlich gab es nie einen Pater John-Jeff-Bob. Nur eine Reise nach Australien und das blöde Schicksal, das sie neben diesen blöden Typen gesetzt hat.
»Bitte, Lene«, flehe ich. »Komm her, lass uns ausgehen!«
»Puppe, ich bin schwanger!«, sagt sie vorwurfsvoll, dabei bin ich ja wohl die Letzte, die dafür was kann!?
»Na und? Du musst ja nicht unbedingt was trinken!«
»Ich werde auf keinen Fall was trinken! Ich bin schwanger!« Wie wir alle der aktuellen Presse entnommen haben, oder was? »Geh alleine und hab deinen Spaß. Ich bleibe zu Hause und mach’s mir mit Andy gemütlich.« Gemütlich ! »Er kocht gerade was, und dann essen wir und gucken eine DVD. «
»Aber ich kann! Nicht! Alleine! Gehen!«, rufe ich und stampfe mit dem Fuß auf.
Ich habe es ein einziges Mal gemacht. Ich saß fünf Minuten in diesem Club, alleine und dermaßen gelangweilt, dass ich gleich mit dem ersten Typen mitgegangen bin, und der war so gewöhnlich, dass ich mich danach echt schwergetan habe, ihm einen Namen zu geben. Aber alles war in diesem Moment besser, als alleine da herumzusitzen. Wirklich, das war so peinlich. Als hätte ich keine Freunde. Also, nicht dass ich jetzt besonders viele hätte außer Lene, aber wovon ich eine Menge habe, ist Stolz. Also, meistens jedenfalls. Egal.
»Ich will nicht alleine weg!« Genau. Ich muss hier gar nichts begründen! Lene kann mir ja auch keinen Grund nennen, warum sie nicht mitwill.
»Ich. Bin. Schwanger.« Also gut, ja-ha, es gibt einen Grund. Einen Grund, nicht zu trinken und meinetwegen auch, sich nicht unbedingt abschleppen zu lassen. Hab ich verstanden. Ich bin ja nicht dumm. Aber eben auch nicht gerne alleine, und deswegen finde ich, könnte Lene wenigstens mitgehen und mir Gesellschaft leisten, während ich was trinke und mir in Ruhe jemanden aussuche, von dem ich mich dann vielleicht abschleppen lasse.
»Du bist voll die Ego-Sau«, sage ich, aber Lene hält das merkwürdigerweise für absolut unangebracht.
»Du benimmst dich wie ein kleines Kind!«
»Nein, du benimmst dich wie ein kleines Kind!«, maule ich und beiße mir sofort auf die Unterlippe.
»Genau das meine ich, Puppe. Aber für deine Trotzausbrüche hab ich jetzt echt keinen Nerv. Ich sag’s dir so, wie es ist: Entweder du gewöhnst dich an den Gedanken, dass es ab sofort ein bisschen anders läuft, oder wir müssen ernsthaft überlegen, ob wir noch befreundet sein können.«
Stille. Furchtbare. Absolute. Nicht mal ein vertrauter, dramatischer Nachhall. Einfach nur Stille.
Ich weiß nicht, ob es der Ernst der Lage ist, den ich wittere, oder pure Angst, auf jeden Fall weiß ich sofort, was ich zu tun habe, wenn ich Lene nicht verlieren will: Ich muss meine Pflicht als ihre beste Freundin erfüllen, und das bedeutet, dass ich schnell zurückrudere und ihr in den Arsch krieche. Ganz rein. Bis nur noch meine Füße zappelnd hinten rausgucken.
»Bitte entschuldige, Lene. Ich verspreche dir: Auf mich kannst du dich verlassen.«
Und dann ist kurz die Patenschaft für ihr Kind im Gespräch, und ich sage, dass ich Hanuta erst mal fragen muss, ob er (oder war es eine
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