Band 1 - Blutspur
besoffen, die haben nicht einmal bemerkt, dass sie mit einem Menschen tanzen. Und dafür kriegen sie auch noch Tantiemen.«
»Hör endlich auf, Jenks«, sagte ich knapp. »Was hast du herausgefunden?«
Ich hörte ein leises Murren und mein Ohrring zitterte leicht.
»Kandidat Nummer eins ist ein privater Fitnesstrainer«, meckerte er. »Kandidat Nummer zwei repariert Klimaanlagen und Kandidat Nummer drei ist Reporter bei einer Zeitung.
Al es Ausflügler.«
»Und was ist mit dem Typen auf der Bühne?«, flüsterte ich und versuchte dabei nicht in die entsprechende Richtung zu sehen. »Die LS. hat mir nur eine ungefähre Beschreibung gegeben, da unsere Zielperson wahrscheinlich einen Tarnzauber benutzt.«
»Unsere Zielperson?«, meinte Jenks. Sein Flügelschlag beruhigte sich und der Zorn verschwand aus seiner Stimme.
So konnte man mit ihm umgehen. Ein bisschen Zugehörigkeitsgefühl war viel eicht al es, was er brauchte.
»Warum überprüfst du ihn nicht?«, fragte ich, anstatt zu fordern. »Der sieht so aus, als könnte er einen Dudelsack nicht von einem Banjo unterscheiden.«
Jenks lachte auf und sauste ab, jetzt entschieden besser gelaunt. Verbrüderung zwischen einem Runner und seinem Backup war zwar nicht erwünscht, aber zur Höl e - Jenks fühlte sich besser, und viel eicht war so mein Ohr noch ganz, wenn die Sonne aufging. Die Typen am Tresen stießen sich mit den El bogen an, als ich mit meinem Zeigefinger eines der verbliebenen Gläser zum Klingen brachte, während ich wartete. Ich war gelangweilt und ein kleiner Flirt ist gut für die Seele.
Das laute Geschwätz einiger Neuankömmlinge ließ mich vermuten, dass der Regen aufgehört hatte. Sie redeten aufeinander ein, während sie an das hintere Ende der Bar drängten und versuchten, durch hektische Gesten die Aufmerksamkeit des Barkeepers auf sich zu ziehen. Als ich sie flüchtig überprüfte, zog sich mein Magen leicht zusammen - unter ihnen befand sich mindestens ein toter Vampir. Da sie al e Gothic-Outfits trugen, war schwer zu sagen, wer es sein könnte.
Meiner Vermutung nach war es der zurückhaltende junge Mann im Hintergrund. Zwischen seinen tätowierten, gepiercten und ganz in Leder gekleideten Begleitern wirkte er in Jeans und Hemd erstaunlich normal. Er musste wohlhabend sein, um eine solche Schar von Menschen um sich sammeln zu können. Ihre Hälse waren vol er Narben, die Körper wirkten ausgemergelt und blutleer. Trotzdem schien es ihnen gut zu gehen in ihrer eng verknüpften, fast familienähnlichen Gruppe. Sie bemühten sich besonders um eine schöne Blondine, umsorgten sie und fütterten sie mit Erdnüssen. Als sie lächelte, sah man ihr die Erschöpfung an.
Sie hatte ihm wohl als Frühstück gedient.
Als ob meine Gedanken ihn angezogen hätten, drehte sich der attraktive Mann um. Er betrachtete mich über seine Sonnenbril e hinweg und ich verlor die Kontrol e über mein Gesicht, als sich unsere Blicke trafen. Ich holte tief Luft -
sogar aus dieser Distanz konnte ich die Regentropfen auf seinen Wimpern erkennen und mich erfül te das plötzliche Bedürfnis, sie zu berühren. Fast konnte ich die sanfte Feuchtigkeit des Regens auf meinen Fingern spüren. Seine Lippen bewegten sich, als er begann, Worte zu flüstern, die ich hören, aber nicht verstehen konnte; Worte, die sich um mich schlossen und auf ihn zu schoben.
Mit klopfendem Herzen warf ich ihm einen wissenden Blick zu und schüttelte den Kopf. Ein kaum wahrnehmbares Lächeln umspielte seine Mundwinkel, dann wandte er sich ab. Ich zwang mich, meinen Blick von ihm zu lösen, wobei ich erleichtert aufatmete. Yeah. Er war definitiv ein toter Vampir.
Ein lebender Vampir hätte mich nicht mal so ein bisschen verführen können.
Hätte er es wirklich versucht, wäre ich hilflos gewesen.
Aber dafür gab es schließlich die Gesetze. Toten Vampiren war es nur gestattet, Freiwil ige aufzunehmen, und zwar erst nachdem offiziel e Verzichtserklärungen unterzeichnet worden waren. Aber wer konnte schon sagen, ob das vor oder nach dem Tod passiert war? Hexen, Tiermenschen und andere Inderlander konnten nicht in Vampire verwandelt werden, was aber wenig half, wenn der Vampir die Kontrol e verlor und dir einfach die Kehle zerfetzte. Natürlich gab es auch dagegen Gesetze.
Immer noch beunruhigt schaute ich hoch und sah den Musiker geradewegs auf mich zukommen, ein fiebriges Flackern in den Augen. Dummer Pixie. Er hatte sich erwischen lassen.
»Bist du gekommen, um mich spielen zu
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