Bank, Banker, Bankrott. Storys aus der Welt der Abzocker
strukturierte Angebote von Top-Adressen im Finanzdienstleistungsmarkt bieten weiterhin attraktive Anlagemodelle, durchaus auch im Immobilienbereich.« Denen hat man doch ins Hirn genießt, tobte Kuster innerlich, wenn ich einem Kunden gegenüber im Moment das Wort Immobilie nur erwähne, dann schleppt der doch umgehend seine Kohle bei mir ab.
Und das hier ist der Höhepunkt, schäumte Kuster weiter: »Bei Verkaufsentscheidungen sollte bedacht werden, dass erst realisierte Verluste wirkliche Verluste sind. Dem steht die Möglichkeit gegenüber, dass sich momentan schwache Aktienperformances in der Zukunft wieder verbessern können, wobei die genaue Analyse des Zeitpunkts angesichts des aktuellen Börsenumfelds …« Blabla, bullshit, jammerte Kuster. »Nein«, bellte er dann in die Sprechanlage, »ich lerne gerade das offizielle Wording unserer Volldeppen von Corporate Communications auswendig und will nicht … wie? Oh, Wladimir, okay, den muss ich wohl nehmen.«
Kuster zupfte sich die Krawatte zurecht, setzte sich aufrecht hin, legte das für Kunden mit Anlagen über zweihundert Millionen reservierte Lächeln ins Gesicht und sagte: »Wladimir, großartig, wie geht’s? Das Barockensemble schon …« Dann hielt sich Kuster angewidert den Telefonhörer weit vom Ohr weg, keine Manieren, diese russischen Wodkasäufer, murmelte er unhörbar, dann presste er sich das Telefon wieder mannhaft ans Ohr und sagte tapfer: »Keinesfalls, Waldimir, kein Problem, habe gerade mit unserem CEO gesprochen, du weißt schon, unserem Putin, he, he, und der hat mir im Vertrauen gesagt, dass bei uns alles im grünen Bereich ist, sicher wie das Matterhorn, du weißt schon, kommt alles wieder gut. Wir füttern den Börsenkursen ein bisschen Viagra, und dann solltest du mal die Kurve sehen, wie die hochgehen. Wie? Genau, Waldimir, genau wie deine russische Bärenrute, he, he. Also, Börse nix kaputt, Nerven behalten, einen Wodka kippen. Alles klar? Großartig. Bis dann.«
Kuster lehnte sich zurück. Wenn er Wladimir gegenüber nur einmal das Wort Volatilität erwähnt hätte, dann wäre er sicherlich einen seiner besten Kunden losgeworden. Wenn Corporate Communications wüsste, welches Wording er tatsächlich benutzt hatte, dann wäre er schon alleine wegen Viagra seinen Job losgeworden. Ohne mich ginge hier doch alles den Bach runter, fasste Kuster zusammen. Apropos runter, dachte er dann, vielleicht sollte ich wirklich mal Viagra probieren, soll doch Wunder wirken.
Dreizehn
Das Annual Meeting Worldwide war der Anlass des Jahres, der das Event-Projektteam eigentlich rund um die Uhr auf Trab hielt. Locations, Kongress-Zentrum, Hotels, Transport, Special Events, Dekoration, Limousinen für alle ab Kaderstufe drei, klimatisierte Busse fürs Fußvolk, eine genügende Anzahl reservierter Karten für Museen, Ausstellungen, Musicals, Oper, welcher Golfplatz war in der Nähe, Zutritt natürlich nur für Mitglieder der Kaderstufe zwei und aufwärts, ein Lear-Jet für die GL und ein Lear-Jet für den VR, Helikoptertransport zum Hotel für GL und VR und Mitglieder der Kaderstufe eins und eins plus. Abgestufte Begrüßungsgeschenke in den Hotelzimmern, 24-Stunden-Business-Center, Sekretärinnen auf Abruf, Sondervorstellung des Cirque Soleil als Incentive-Event, eine Heerschar von externen Textern briefen, die dann die ganzen Reden mit lokalem Bezug, Intro und Pointe am Schluss schreiben mussten, Diätpläne für gesundheitlich angeschlagene Kadermitglieder (ab Kaderstufe vier). Und die Special Taskforce evaluierte bereits, wie man alle Sonderwünsche (ab Kaderstufe zwei) erfüllen könnte, Fitness-Station in der Suite, Sauna reserviert von 17.30 bis 18.30 Uhr, tägliche Hot-Stone- und Nackenmassage für den CFO, garantierter Nachschub von Cohiba Especiales für den CCO, Twillmore Single Malt Special Reserve 25 years old in der Bar für den VR-Vizepräsidenten.
Und dann erst die Aufgaben der Silent Special Taskforce, getrennte Schlafräume für den VR-Präsidenten und seine Gattin, Escort-Service für alle GL- und VR-Mitglieder, unter Berücksichtigung aller Sonderwünsche, rasiert, Natursekt, Hermaphrodit, dazu natürlich das Übliche, Domina, Folterkeller, Latex-Ladys und -boys, nur mit Gummi, nur ohne Gummi; dann der neue Kopfzerbrecher, dass sich immer mehr leitende Manager Doubles von berühmten Stars wünschten, von mehreren angesagten Hollywood-Stars hätte man jeweils drei Doubles gebraucht, unglaublich, und ein Irrer hatte sich sogar eine
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