Bank, Banker, Bankrott. Storys aus der Welt der Abzocker
Gelegenheit geben, the big picture, nicht wahr, erst realisierte negative Gewinnentwicklungen sind ja … Aber ja, Herr Kladde, natürlich, die Zahlen.«
Das läuft irgendwie falsch, dachte Kuster, vielleicht sollte ich Kladde vorschlagen, sein Kennwort auf Stalingrad 43 zu ändern, das entspräche dem Zustand seines Depots eher. »Nun, Herr Kladde, oh, ich sehe gerade, da kommt das neuste Update rein, das dauert nun allerdings ein Momentchen, bis die Zahlen aktualisiert sind, dann haben wir sie aber auf dem neusten Stand, und das möchten Sie ja. Hätten Sie vielleicht zehn Minuten Zeit? Nein? Okay, wissen Sie was, ich rufe Sie dann sofort zurück, sobald das Update vollständig, ja, natürlich, auf Ihr Handy, kein Problem, Herr Kladde, dann bis gleich.«
Kuster legte auf, drückte auf den Direktwahlknopf und bellte ins Telefon: »Müller, das haben Sie eingebrockt, das müssen Sie jetzt auch auslöffeln. Rufen Sie in einer Viertelstunde den Kladde an, ja, genau den, den Sie mir gerade durchgestellt haben, sagen Sie ihm, dass Kuster gerade in einer wichtigen Besprechung mit der GL ist. Und dann sagen Sie ihm, dass sein Depot im Moment die Overperformance des letzten Jahres egalisiert hat und unter Berücksichtigung der Vermeidung von dreiunddreißig Prozent Quellensteuer fast fünfzig Prozent im Plus liegt, in absoluten Zahlen ohne den potenziellen Zukunftswert bei etwas über einundvierzig Millionen. Wie? Nein, Müller, sagen Sie ihm, das sei kein Verlust, sondern eine Delle in einer mehrjährigen positiven Entwicklung, die angesichts der richtigen strategischen Positionierung bereits in kurzer Zeit blabla. Okay? Nein, in den nächsten Tagen bin ich für Kladde nicht zu sprechen, und wehe, der kündigt sein Depot, das würde sich in Ihrem Jahresgespräch nicht gut machen, alles klar?«
Fünfzehn
Eigentlich war das Projekt-Team »New Image Campaign«, interne Abkürzung NIC, guter Dinge. Nach einem mörderischen Kampf war eine externe Werbeagentur im Pitch als Sieger erkoren worden. Ihr siegreiches Konzept war dann zwar im Lauf eines knappen Jahres geschreddert, geschnetzelt, gequirlt, neu aufgegleist und völlig verändert worden, aber da alle Honorarnoten der Werbeagentur natürlich klaglos bezahlt worden waren, hatte sie weitergemacht und immer wieder neue Konzepte, Pappen und Präsentationen hingestellt.
Aber nun war NIC wirklich in Champagnerlaune, die neue Kampagne stand, Key Messages, Sujets, Farbgebung, Größe des Logos von Elmore, Little and Willis, alles war ausgefeilt, perfektioniert, einfach prächtig. Eigentlich sollte an diesem letzten Meeting nur noch der Terminplan besprochen werden, Shootings wann, wo, Mediaplanung, ein paar Details halt noch. Als man schon zu einem allgemeinen »Na prima, super« übergehen und der Senior Consultant der Werbeagentur sich schon aus dem Stuhl erheben wollte, der AD der Werbeagentur sich ein kleines Stäubchen von seinem schwarzen Anzug schnipste, da ging die Türe des Meetingraums auf, und CCO Werner Meier betrat den Raum.
»Hallo«, sagte der Leiter des Projekt-Teams munter, »wir sind hier eigentlich durch, die Shootings beginnen nächste Woche, das wird der Hammer, die neue Image-Kampagne.«
Chief Communication Officer Meier ignorierte ihn völlig, genauso wie den Senior Consultant und den AD, setzte sich vor die letzte Pappe, die noch auf dem Tisch stand, und betrachtete sie nachdenklich.
»Also ich weiß nicht«, sagte Meier leise, »ist dieser Hintergrund nicht eine Spur zu wild, entspricht das eigentlich unserem Standing als traditionell verwurzelter Finanzdienstleister?«
Der Senior Consultant der Werbeagentur war sich offenbar nicht bewusst, dass hier plötzlich ein Riesenproblem am Entstehen war, außerdem hatte er Meier noch nie gesehen, also sagte er launig: »Das ist ja nur ein Symbolbild, ein Visual, ein Platzhalter, das muss man gar nicht genauer auseinandernehmen. Dafür haben wir in den letzten Monaten ein Booklet ausgearbeitet, das die Guidelines für die visuelle Gestaltung bis ins letzte Detail festlegt.«
Meier hatte sich währenddessen intensiv mit seinem Blackberry beschäftigt, und niemandem im Raum war es klar, ob Meier überhaupt zur Kenntnis genommen hatte, dass da einer sprach.
In die quälende Stille hinein sagte Meier dann endlich: »Ich glaube, dieser Hintergrund ist zu wild, und ist diese Headline eigentlich auch nur ein Platzhalter?«
Alle im Raum rangen nach Fassung, als Erster erholte sich der Projektleiter: »Aber diese
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